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Eine ganze Reihe von Zielkonflikten, der hohe Forschungsbedarf wegen äußerst komplexer Zusammenhänge und eine sorgfältige Abwägung möglicher Maßnahmen im Hinblick auf ihre Folgen in anderen Bereichen - diese Aspekte standen im Mittelpunkt der öffentlichen Anhörung zum Thema "Landwirtschaft und Klimaschutz". Eingeladen hatten dazu am Montag, 22. Februar 2010, die beiden Ausschüsse für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unter Vorsitz von Eva Bulling-Schröter (Die Linke) sowie Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unter Vorsitz von Hans-Michael Goldmann (FDP). Acht Sachverständige, die Gutachten eingereicht hatten, antworteten sowohl auf die Frage, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Landwirtschaft hat und welche Anpassungsstrategien geeignet sind, als auch auf Fragen zur Rolle der Landwirtschaft als Emittent.
Der Sachverständige Thomas Dosch vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) betonte, dass in der Landwirtschaft noch erhebliche Anstrengungen notwendig seien, wenn auch in diesem Bereich das 40-Prozent-Reduktionsziel, das sich Deutschland bis 2020 gegenüber 1990 gesetzt habe, erreicht werden solle. Insgesamt trage die Landwirtschaft 13 bis 16 Prozent an den Gesamtemissionen in Deutschland bei.
Prof. Dr. Gerhard Flachowsky, der bis April 2009 Leiter des Instituts für Tierernährung des Friedrich-Loeffler-Instituts in Braunschweig war und dort noch als Gastwissenschaftler tätig war, betonte, dass insbesondere bei der Züchtung von Tieren und Pflanzen hohe Forschungsausgaben notwendig seien, die die Privatwirtschaft nicht alleine stemmen könne.
Als "Schlüsseltechnologie für die Zukunft" bezeichnete auch Prof. Dr. Hans-Joachim Weigel vom Johann Heinrich von Thünen-Institut die Züchtung. Prof. Dr. Alois Heißenhuber von der Technischen Universität München mahnte an, dass die Politik bei allen Maßnahmen auf die Kosten achten müsse: "Letztendlich sind es volkswirtschaftliche Kosten, die entstehen." Es sei ein gewaltiger Unterschied, ob bei 160 Millionen Tonnen, die man einsparen wolle, zehn Euro pro Tonne oder 100 Euro pro Tonne anfielen.
Prof. Dr. Folkhard Isermeyer vom Johann Heinrich von Thünen-Institut warnte davor, etwa bei Wiederkäuern als Hauptquellen für Methanausstoß eine Besteuerung einzuführen, die die Produzenten zahlen müssten. "Das bringt aus ökonomischer Sicht nichts, solange der Konsum gleich bleibt", sagte er, "die Emittenten finden sich dann jenseits der Grenze wieder." Vielmehr sollte man überlegen, ob man steuerlich beim Verbrauch ansetze.
Florian Schöne vom Bund für Naturschutz (Nabu) forderte ein Aktionsprogramm Klima-Landwirtschaft, bei dem die Politik sich auf die Bereiche konzentrieren solle, die hohe Synergien mit anderen Bereichen erreichen und zugleich hohe Treibhausgasreduktionen versprechen. Prof. Dr. Ernst-Dieter Schulze vom Max Planck Institut für Biogeochemie forderte, die Kosten der Treibhausgasemissionen möglichst zu internalisieren. Sie müssten bei den Betrieben anfallen, die dann auch Gewinne erzielten, wenn sie Gase reduzierten. "Und der Wald als einziger Treibhausgassenker müsste dafür vergütet werden", sagte der Wissenschaftler.
In der anschließenden Fragerunde quer durch alle Fraktionen ging es um zahlreiche Einzelthemen und unterschiedliche Meinungen. Die Unionsfraktion wies darauf hin, dass aus ihrer Sicht die Landwirtschaft lediglich an sieben Prozent der deutschen Emissionen beteiligt sei. Die Abgeordneten wollten von den Sachverständigen wissen, was die Politik tun solle, um Effizienzsteigerungen zu erreichen, da dies "das Mittel der Wahl" sei, um Emissionen zu verhindern.
Die SPD griff das von den Experten mehrfach angesprochene Thema Düngeverordnung auf und wollte wissen, wie sich diese auf Treibhausgasreduktionziele auswirke. Darüber hinaus interessierten sich die Abgeordneten für die Frage, ob die Landwirtschaft in den Emissionshandel einbezogen werden sollte. Die FDP-Fraktion betonte die Zielkonflikte der Thematik.
"Wer Grünland erhalten will, hat auch Rinderviehhaltung. Und Milchprodukte sind ein wichtiger Teil der gesunden Ernährung", hieß es aus den Reihen der Liberalen, die zudem wissen wollten, ob die deutschen Wälder auf eine stärkere Nutzung als nachwachsende Rohstoffe vorbereitet seien. Die Linksfraktion betonte die Komplexität des Themas. "Wer an einer Schraube dreht, dreht gleich zehn mit", hieß es dort. Die Abgeordneten wollten wissen, in welchen Bereichen mehr Forschung vonnöten sei und ob die Welthandelsorganisation WTO den richtigen Rahmen für internationale Abkommen zum Thema Landwirtschaft und Klimaschutz biete.
Bündnis 90/Die Grünen wiesen darauf hin, dass internationale Experten eine Stickstoffabgabe nur für sinnvoll erachteten, wenn sie auf internationaler Ebene erhoben würde. Sie wollten wissen, ob dieses Instrument nicht auch national sinnvoll wäre. Prof. Dr. Isermeyer sah im Hinblick auf Effizienzsteigerungen nicht nur die reine Produktion als wichtig an, sondern meinte, auch in der Politik sei eine "intelligente Steuerung" notwendig. Er warnte zugleich vor zu einfachen Lösungen. "Sie können ganz schnell die Emissionen in Deutschland halbieren, das heißt dann Aufforstung und weg mit den Tieren", sagte er. "Das nutzt dann aber dem Weltklima nichts."
Die WTO hielt der Sachverständige nicht für den richtigen Rahmen bei den angesprochenen Fragen, dafür seien gesonderte multinationale Runden nötig. Großen Forschungsbedarf sah Isermeyer im Hinblick auf das Zusammenspiel von Politik, internationalem Recht und Ökonomie. Eine nationale Stickstoffabgabe hielt er für wenig sinnvoll. Eine solche müsste mindestens europäisch geregelt werden.
Prof. Dr. Flachowsky mahnte eine intensivere Forschung im Bereich Lachgas an. Florian Schöne riet davon ab, die Landwirtschaft in den Emissionhandel einzubeziehen. Dies wäre ineffizient, zu komplex und bürokratisch. Prof. Dr. Heißenhuber regte eine Evaluation der Düngeverordnung an. Erst wenn verlässliche Zahlen vorlägen, könne man Konsequenzen ziehen.