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Am 4. und 5. März 2010 hat der Bundestag eine Reihe von Beschlüssen - zum Teil ohne vorangegangene Aussprache - gefasst.
Gleichstellung: Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag am Donnerstag, 4. März 2010, einem Antrag von CDU/CSU und FDP zum Internationalen Frauentag am 8. März mit dem Titel „Gleichstellung national und international durchsetzen“ (17/901) zugestimmt. Darin werden 24 Forderungen an die Bundesregierung erhoben. Vor allem soll sich die Regierung verstärkt für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen einsetzen und Benachteiligungen in Wirtschaft und Arbeitswelt, Politik und Gesellschaft beseitigen.
Verlängerung des Arbeitslosengeldes I: Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen hat der Bundestag am Donnerstag, 4. März., einen Antrag der Linksfraktion abgelehnt, die Folgen der Krise für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abzumildern und die Zahlung von Arbeitslosengeld I befristet bis 2012 auf 24 Monate zu verlängern (17/22). Er schloss sich dabei einer Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (17/269) an. Die Linke wollte auch die 2006 abgeschaffte Haftung des Bundes für das Defizit der Bundesagentur für Arbeit wieder einführen.
Petitionen: Der Bundestag hat zehn Sammelübersichten des Petitionsausschusses zu einzelnen Petitionen mit den entsprechenden Empfehlungen des Ausschusses für das weitere Verfahren zugestimmt (17/801, 17/802, 17/803, 17/804, 17/805, 17/806, 17/807, 17/808, 17/809, 17/810).
Direktzahlungen-Verpflichtungsgesetz: Einstimmig hat der Bundestag am Donnerstag, 4. März, ohne Aussprache einer Änderung des Direktzahlungen-Verpflichtungsgesetzes (17/758) zugestimmt. Er folgte dabei einer Empfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (17/924). Das Gesetz sieht vor, dass die Empfänger von Direktzahlungen oder anderen Agrarsubventionen aus Brüssel bestimmte Verpflichtungen zum Erhalt landwirtschaftlicher Flächen nachkommen müssen. Mit der Gesetzesänderung wird klargestellt, dass Zahlungen gekürzt werden können, wenn der Landwirt diese Verpflichtungen nicht einhält. Aufgenommen wurde ferner eine Regelung, dass der Anteil von Dauergrünland an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche nicht abnehmen darf.
Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft": Der Bundestag hat am Donnerstag, 4. März, einstimmig eine Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft eingesetzt, die aus 17 Abgeordneten und 17 externen Sachverständigen bestehen wird. CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen hatten dazu einen gemeinsamen Antrag (17/950) eingebracht. Ein Änderungsantrag der Linksfraktion (17/951), den Auftrag der Kommission zu erweitern, fand keine Mehrheit.
Arbeitslosengeld I: Abgelehnt hat der Bundestag am Donnerstag, 4. März, einen Antrag der Linksfraktion (17/22), die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I befristet bis 2012 generell auf 24 Monate zu verlängern. Derzeit wird das Arbeitslosengeld mindestens zwölf Monate, für über 50-jährige Arbeitnehmer unter Umständen auch länger gezahlt.
Bologna-Prozess: Der Bundestag hat die Bundesregierung am Donnerstag, 4. März, aufgefordert, weiter engagiert für die Vollendung des gemeinsamen europäischen Hochschulraumes einzutreten. Einen entsprechenden Antrag von CDU/CSU und FDP zum so genannten Bologna-Prozess in der EU (17/905) nahm er mit der Koalitionsmehrheit an. Dabei sollten die deutschen Erfahrungen auf EU-Ebene eingebracht werden. Ziel müsse es unter anderem sein, die Mobilität von Studierenden und Wissenschaftlern durch Austausch-, Studien- und Forschungsprogramme zu fördern.
Wattenmeer-Konferenz: Der Bundestag hat am Donnerstag, 4. März, die Fortschritte bei der Zusammenarbeit mit Dänemark und den Niederlanden zum Schutz des Wattenmeeres begrüßt, als er einen Antrag von CDU/CSU (17/903) annahm. Die drei Anrainerstaaten des Wattenmeeres treffen sich seit 1978 regelmäßig bei Regierungskonferenzen, von denen die nächste vom 17. Bis 19. März unter deutschem Vorsitz auf Sylt stattfindet. Kein anderes Gebiet der Erde kann eine größere zusammenhängende Fläche von Schlick und Sandwatt aufweisen als das Wattenmeer. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, das Wattenmeer in das Welterbeprogramm des Bundesverkehrsministeriums aufzunehmen, um die Chancen, die sich durch die Anerkennung als Unesco-„Weltnaturerbe“ seit 2009 bieten, optimal zu nutzen und Investitionen in Besucherinformationszentren zu fördern.
Menschenrechte: Abgelehnt hat der Bundestag am Donnerstag, 4. März, einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (12/157), wonach die Bundesregierung eine „gemeinsame menschenrechtliche Positionierung der EU gegenüber den Ländern Lateinamerikas und der Karibik einfordern“ solle. Er schloss sich dabei einer Empfehlung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe an (17/925).
Sozialversicherungs-Stabilisierungsgesetz: Mit der Mehrheit von CDU/CSU und FDP hat der Bundestag am Freitag, 5. März, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stabilisierung der Finanzlage der Sozialversicherungssysteme und zur Einführung eines Sonderprogramms mit Maßnahmen für Milchviehhalter sowie zur Änderung anderer Gesetze (17/507, 17/814) angenommen. Zugleich lehnte das Parlament einen Antrag der Linksfraktion (17/495) ab, die Versicherten in der Krise zu schützen und die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit zu entschärfen. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses (17/928) vor. Damit wird der Bund in diesem Jahr 3,9 Milliarden als Zuschuss an den Gesundheitsfonds zahlen. Das bisher vorgesehene Darlehen an die Bundesagentur für Arbeit wird in einen Zuschuss umgewandelt, um den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung stabil zu halten. Für Langzeitarbeitslose wird das so genannte Schonvermögen für die Altersvorsorge erhöht. Aus einem Grünlandmilchprogramm erhalten 2010 und 2011 deutsche Milchbauern Grünland- und Kuhprämien ausgezahlt.
Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben: Auf Empfehlung des Finanzausschusses (17/923, 17/929) hat der Bundestag am Freitag, 5. März, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (17/506) in geänderter Fassung zugestimmt. Zuvor hatte die Bundesregierung auf eine Stellungnahme des Bundestages zu dem Gesetzesvorhaben reagiert (17/813). Damit bleibt künftig nur noch die flächendeckende Grundversorgung der Bevölkerung mit postalischen Dienstleistungen, so genannten Universaldienstleistungen, von der Umsatzsteuer befreit. Das Recht, eine staatliche Zulage zur Altersvorsorge (Riester-Rente) zu erhalten, wird daran gekoppelt, dass eine Pflichtversicherung in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bezug einer inländischen Besoldung existiert. Die Möglichkeit, die degressive Abschreibung auf Gebäude in Anspruch zu nehmen, wird auf das EU-Ausland und den Europäischen Wirtschaftsraum ausgeweitet. Die Steuerfreiheit von Vermögensbeteiligungen von Unternehmensmitarbeitern wird auf so genannte Entgeltumwandlungen ausgedehnt. Spenden an gemeinnützige Einrichtungen im EU-Ausland oder im Europäischen Wirtschaftsraum werden künftig steuerlich anerkannt. Allerdings beschloss der Bundestag dazu eine Einschränkung: Bei noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen für Zeiträume vor 2007 sollen die Abzugshöchstbeträge nicht erhöht werden. Auf die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsaufwendungen von Finanzdienstleistern, deren Umsätze zu mindestens der Hälfte auf Finanzdienstleistungen entfallen, wurde verzichtet. Auf Umsätze aus dem Kohlendioxid-Emissionshandel wurde das so genannte Reverse-Charge-Verfahren eingeführt. Die steuerlichen Regelungen zur Verlagerung betrieblicher Funktionen ins Ausland wurden schließlich weiter geöffnet, so dass Verrechnungspreise auf der Grundlage einzelner Bestandteile des Verlagerungspakets bestimmt werden können, wenn der Steuerschuldner zumindest ein darin enthaltenes „wesentliches immaterielles Wirtschaftsgut“ genau bezeichnet.
Rückschiebungen nach Griechenland: Gegen die Stimmen der drei Oppositionsfraktionen hat der Bundestag am Freitag, 5. März 2010, einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/449), abgelehnt, Rückschiebungen von Asylbewerbern nach Griechenland sofort auszusetzen. Das Plenum schloss sich dabei einer Empfehlung des Innenausschusses (17/822) an. Die Grünen wollten erreichen, dass die Regierung eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts „in der Hauptsache“ abwartet, nachdem Karlsruhe die Abschiebung eines Asylsuchenden nach Griechenland im Rahmen des „Verteilungssystems“ in der EU (so genannte Dublin-II-Verordnung) ausgesetzt hatte. Das Gericht hatte seine Eilentscheidung nach Angaben der Fraktion vor allem darauf gestützt, dass die ordnungsgemäße Registrierung als Asylsuchender in Griechenland unmöglich sein könnte.