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Mehr Geld für Forschung und Innovation: Erstmals investierten Staat und Wirtschaft im Jahr 2008 rund 2,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Forschung und Entwicklung "- so viel wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Diese Zahl geht aus dem Bundesbericht für Forschung und Innovation 2010 hervor, den die Bundesregierung Mitte Mai vorgelegt hat und der Bundestag nun am Donnerstag, 10. Juni 2010, voraussichtlich ab 13.05 Uhr eine Stunde lang beraten wird. Die SPD fordert zudem in einem Antrag, die Innovations- und Validierungsforschung stärker zu fördern (17/1958).
Laut Bundesbericht Forschung und Innovation 2010 (17/1880) stiegen in den Jahren von 2005 bis 2008 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung um 21 Prozent. Das entspricht 1,9 Milliarden Euro. Auch die Wirtschaft hat die Investitionen in diesem Zeitraum erhöht "- um rund 19 Prozent. In absoluten Zahlen sind dies 7,4 Milliarden Euro mehr.
Die gesamten Aufwendungen von Staat, Wirtschaft und Privaten wuchsen zwischen 2005 und 2007 von 55,7 auf 61,5 Milliarden Euro. Für 2008 rechnet die Bundesregierung mit einer weiteren Steigerung auf 65 Milliarden.
Nach Auffassung von Dr. Annette Schavan (CDU/CSU), Bundesministerin für Bildung und Forschung, sind dies Investitionen, die sich bereits auszahlen: "Der Anteil forschungsintensiver Produkte und Dienstleistungen an der Wertschöpfung ist heute mit mehr als 45 Prozent in Deutschland so hoch wie in keinem anderen Industrieland."
Das belege auch die wachsende Zahl von Publikationen und Patenten. Beide seien seit dem Jahr 2000 um 20 Prozent gestiegen, so Schavan bei der erstmaligen Vorstellung des Berichts im Mai.
Doch auch wenn die Forschungsinvestitionen klettern, im internationalen Vergleich nimmt Deutschland noch immer nur einen mittleren Platz ein: Ein wenig vorgerückt nähert es sich zwar dem Niveau der USA an, hinkt aber noch immer Ländern wie Finnland, Japan und auch Südkorea hinterher.
Den Spitzenplatz in Europa hält Schweden. Weltweit ungeschlagen ist Israel mit fast fünf Prozent.
Damit sich Deutschland international aber weiterhin behauptet, will die Bundesregierung die mit Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und dem Pakt für Forschung und Innovation eingeleiteten Reformen im Wissenschaftssystem weiterführen.
Ministerin Schavan kündigte an, bis 2015 sollten auch die gemeinsamen Ausgaben von Bund, Ländern und Unternehmen für Bildung und Forschung insgesamt auf zehn Prozent des BIP steigen. Bis 2013 wolle die schwarz-gelbe Koalition zusätzlich zwölf Milliarden Euro in Bildung und Forschung investieren.
Die trotz Krise im Haushalt 2010 eingeplanten weiteren Bildungs- und Forschungsausgaben von 750 Millionen Euro bezeichnete die CDU-Politikerin als einen ersten Schritt zu diesem Ziel. "Die Botschaft ist klar, jetzt heißt es Kurs halten", so Schavan.
Bestätigt sieht sie die Politik der Bundesregierung auch durch das aktuelle Gutachten der unabhängigen Expertenkommission Forschung und Innovation, das dem Bundestag ebenfalls zur Beratung vorliegt (17/990). Die Wissenschaftler des von der Regierung eingesetzten Gremiums hatten in ihrer Studie "zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands" die wachsenden Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen gelobt "- allerdings auch weitere Anstrengungen der Politik angemahnt.
Deutschland müsse eine "noch stärkere Innovationsdynamik" entwickeln als zuvor, schreiben die Experten in ihrem Gutachten. Es bestehe noch immer ein hoher Aufholbedarf bei den Spitzentechnologien und den wissensintensiven Dienstleistungen.
Gleichzeitig regte die Kommission an, staatliche Forschungsförderung noch stärker auf solche Felder zu konzentrieren, die ein "großes Zukunftspotenzial" aufwiesen und "besonders große volkswirtschaftliche Hebelwirkungen" entfalteten. Ein Vorschlag, den Ministerin Schavan begrüßt hat: Die Bundesregierung werde die Hightech-Strategie weiterentwickeln und auf die Handlungsfelder Klima/Energie, Gesundheit, Mobilität, Kommunikation und Sicherheit fokussieren, versprach die Politikerin.
Weiter forderten die Experten bessere Bedingungen für Unternehmen, ihr Eigenkapital zu erhöhen. Auch eine steuerliche Förderung von Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen und noch mehr Geld für Bildung hielt die Kommission für sinnvoll. Vor allem empfiehlt sie der Bundesregierung, eine "höhere soziale Chancengerechtigkeit beim Zugang zu Bildung mit mehr Nachdruck zu verfolgen".
Kritisch beurteilen die Wissenschaftler auch den Stand der Bologna-Reformen. Viele der Ziele seien bisher "weitgehend unerreicht" geblieben, heißt es in der aktuelle Studie. So seien etwa die Lerninhalte kaum verändert worden, Studierende litten unter dem erhöhten Lehraufwand, und die daraus resultierende Überbelastung der Lehrenden gehe auf Kosten der Forschung und Lehre.
Ministerin Schavan sah Deutschland dennoch auf einem guten Weg: "Wir haben den Korrekturbedarf erkannt und werden gemeinsam mit den Ländern daran arbeiten, ihn umzusetzen." Daneben kündigte sie weitere Modernisierungen des Hochschul- und Wissenschaftssystems an: Neben dem Bologna-Prozess gehe es vor allem um eine Stärkung der außeruniversitären Forschung durch mehr Autonomie und größere Gestaltungsspielräume.
Auch die Opposition sieht in der Forschungspolitik noch dringenden Handlungsbedarf: So fordert die SPD die Bundesregierung in einem Antrag auf, "zügig ein tragfähiges Konzept zur Stärkung der Innovations- und Validierungsforschung vorzulegen".
Der Bundesbericht Forschung und Innovation 2010 ist der zweite Bericht dieser Art, den die Bundesregierung vorgelegt hat. Er informiert alle zwei Jahre über die Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik der Bundesregierung, der Länder und der Europäischen Union.
Das Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands legt die Expertenkommission dagegen einmal im Jahr vor. Vergleichbar mit dem Jahresgutachten der so genannten Wirtschaftsweisen gibt es seit zwei Jahren regelmäßig eine Politikberatung für die Forschungs- und Innovationspolitik der Bundesregierung.