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EU-Kommissar Günter Oettinger setzt sich für einen stärkeren Austausch zwischen Berlin und Brüssel ein. In der Sitzung des Europaausschusses des Bundestages am Donnerstag, 24. Juni 2010, in Brüssel forderte der deutsche Kommissar die Bundestagsabgeordneten auf, in Zukunft häufiger in Europas Hauptstadt zu kommen. "Lassen Sie uns Pfadfinder sein, wie wir Berlin und Brüssel verbinden.“ Zentrales Thema in einem verstärkten Dialog müsse die Kompetenzordnung sein. "Brüssel muss nicht jeden Tag Vorschläge zu allem machen“, sagte Oettinger, "aber es gibt Themen, bei denen ich nationale Grenzen nicht akzeptieren kann“. Konkret nannte er die Sicherheit in der Luftfahrt.
Justizkommissarin Viviane Reding betonte gegenüber den Bundestagsabgeordneten, dass die nationalen Parlamente die Rechte, die ihnen der Vertrag von Lissabon erstmals zugesteht, nicht missbrauchen sollten. Die Subsidiaritätsprüfung gibt den nationalen Parlamenten die Möglichkeit einzuschreiten, wenn sie eine europäische Gesetzgebung in bestimmten Bereichen nicht für notwendig halten.
"Ich würde davor warnen, in den Startlöchern zu sitzen, um endlich die rote Karte zu ziehen“, sagte die Luxemburgerin. Stattdessen forderte sie die Abgeordneten des Europaausschusses auf, sich in die Debatte zu EU-Themen einzubringen, auch wenn dies möglicherweise wenig Aufmerksamkeit bringe. "Ich bin lange genug dabei um zu wissen, dass es öffentlichkeitswirksamer ist, die rote Karte zu ziehen, als konstruktiv mitzuarbeiten.“
Oettinger, Reding und die weiteren Gäste des Ausschusses, Binnenmarktkommissar Michel Barnier und Erweiterungskommissar Stefan Füle, gaben den Abegordneten einen Überblick über Gesetzesprojekte der EU. Energiekommissar Oettinger betonte, dass der Anteil der erneuerbaren Energien nur steigen könne, wenn in Europa die Transportinfrastruktur verbessert werde. Der Abgeordnete Manuel Sarrazin (Bündnis 90/Die Grünen) regte an, für Kroatien, dem Land mit den meisten Sonnenstunden in Europa, noch vor dem Beitritt zur EU eine Solarstrategie auszuarbeiten.
Kommissarin Reding kündigte Initiativen zur Stärkung der Rechte von Beschuldigten in Strafverfahren sowie zum Erbrecht an. Außerdem will sie dafür sorgen, dass grenzüberschreitenden Schulden leichter eingefordert werden können. Mittelfristig arbeitet sie an einem europäischen Vertragsrecht, das eine Alternative zur Vollharmonisierung bieten soll. Unternehmen hätten dann die Wahl zwischen nationalem und dem europäischen Vertragsrecht.
Auf die Anfrage von Dr. Eva Högl (SPD) zum Stand bei der Antidiskriminierungsrichtlinie erläuterte Reding, dass sie die ablehnende Haltung der Bundesregierung zur Kenntnis nehme, von Deutschland nun aber gerne informiert werden möchte, welche Mehrkosten durch den Vorschlag der EU-Kommission entstehen würden.
Mit Blick auf das geheim ausgehandelte Antipiraterie-Abkommen Acta forderte der Europaabgeordnete Michael Theurer (FDP), das Europaparlament in solche Verhandlungen einzubeziehen. "Europaparlament und Bundestag sollten überlegen, wie die Bürgerinteressen dabei vertreten werden können.“ Reding versicherte, dass sie mit ihrem für Handel zuständigen Kollegen Karel de Gucht zu diesem Thema im Kontakt stehe.
Thomas Nord (Die Linke) bezweifelte, ob Europol die geeignete Instanz sei, um sich mit dem Thema Swift zu befassen. Das Swift-Abkommen über die Weitergabe von Bankdaten an die USA war vom Europaparlament abgelehnt worden. Kommissarin Reding wies darauf hin, dass es sich bei Swift um eine Antiterrormaßnahme handele.
Binnenmarktkommissar Barnier kündigte an, die im Rahmen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) vereinbarte Finanzregulierung bis zum Frühjahr 2011 zu verwirklichen. "Wir haben nicht das Recht, aus der Krise keine Lehren zu ziehen“, sagte Barnier.
Die Abgeordneten forderten ein höheres Tempo ein. "Ich ärgere mich, dass wir so lange brauchen“, sagte Michael Stübgen (CDU/CSU). Vor allem die Ratingagenturen sollten möglichst schnell reguliert werden.