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Öffentliche Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch, 7. Juli 2010 © picture alliance/Bildagentur-online
Die gesetzlichen Krankenkassen fordern höhere Zuweisungen aus Steuermitteln für Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II). "Eine Orientierung an den tatsächlichen Ausgaben könnte zu einer jährlichen Einnahmeverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von vier bis fünf Milliarden Euro führen“, sagte Uwe Thiemann vom GKV-Spitzenverband am Mittwoch, 7. Juli 2010, in einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses auf Nachfragen der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion.
Er verwies darauf, dass rund drei Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung Arbeitslosengeld II bezögen. Bislang erhielten die Kassen für jedes dieser Mitglieder eine Zuweisung von 126,05 Euro. "Kostendeckend wäre ein Betrag von etwa 260 Euro“, sagte Thiemann. Der Deutsche Gewerkschaftsbund unterstützte die Forderung des GKV-Spitzenverbandes.
In der Anhörung ging es um die Entlastung von Geringverdienern in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung. Der Sitzung lagen vier Anträge und ein Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen zugrunde. Der Direktor des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV), Volker Leienbach, unterstützte einen Antrag der Fraktion Die Linke (17/780). Dieser sieht vor, privat kranken- und pflegeversicherte Alg-II-Bezieher sollten als Zuschuss genau den Betrag aus Steuermitteln bekommen, den sie den Versicherungsunternehmen im Basistarif tatsächlich zahlen müssen.
Dagegen lehnte er den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/548) ab, in dem vorgesehen ist, den monatlichen Beitrag der Alg-II-Empfänger auf die Höhe des Zuschusses für hilfebedürftige Versicherte in der GKV abzusenken. "Das Problem der Deckungslücke lässt sich nicht dadurch lösen, dass die Gemeinschaft der Privatversicherten diese Lücke auffüllt“, sagte Leienbach. Dies sei vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auch die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) lehnte eine „zusätzliche Belastung des Versichertenkollektivs in der privaten Krankenversicherung“ ab.
Im Basistarif der PKV müssen Hilfebedürftige mindestens 295,01 Euro zahlen, was der Hälfte des Höchstbeitrages im Basistarif in Höhe von 590,03 Euro entspricht. Bei einem Zuschuss von 126,05 Euro durch die Bundesagentur für Arbeit oder den Sozialhilfeträger muss ein Alg-II-Bezieher einen Betrag von 168,97 Euro zahlen. Hinzu kommt eine Deckungslücke bei der Pflegeversicherung in Höhe von 18,04 Euro.
In einem weiteren Antrag (17/777) setzt sich Die Linke dafür ein, die Beitragsbelastung von so genannten Solo-Selbstständigen in der GKV zu mindern. Die Mindestbeitragsbemessungsgrenze für Selbstständige solle auf das Niveau der allgemeinen Mindestbeitragsbemessungsgrenze gesenkt werden, schreiben die Abgeordneten. Damit würden die monatlichen Mindestbeiträge für diese Personengruppe von knapp 200 auf etwa 127 Euro gesenkt.
Als Solo-Selbstständige werden jene Menschen bezeichnet, die ohne eigene Angestellte selbstständig arbeiten, vor allem in Branchen wie Medien und Kultur, aber auch Dienstleistungen. Die BDA lehnte diesen Antrag strikt ab, dagegen unterstützte der DGB eine Senkung der Mindestbemessungsgrenze für Beiträge hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätiger.
Die Grünen fordern in einem weiteren Antrag (17/674) den Bund auf, die Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung von Langzeitarbeitslosen zu übernehmen. Bislang können Kassen einen Zusatzbeitrag von acht Euro ohne Einkommensprüfung erheben. Ansonsten darf der Zusatzbeitrag ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens von derzeit bis zu 3.750 Euro im Monat nicht überschreiten.
Schließlich will die SPD-Fraktion zur paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanzierten gesetzlichen Krankenversicherung zurückkehren. Die Abgeordneten haben einen Antrag (17/879) vorgelegt, in dem gefordert wird, die Möglichkeit der Krankenkassen zur Erhebung von Zusatzbeiträgen ersatzlos zu streichen, was in der Anhörung den Beifall der Sozialverbände fand.