Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2010
Es geht um Geld, um viel Geld sogar. 307,4 Milliarden Euro soll der Bund im Jahr 2011 ausgeben können. So sieht es das von der Bundesregierung vorgelegte und in der Woche vom 14. bis 17. September in erster Lesung beratene Haushaltsgesetz 2011 mit seinen 22 Einzelplänen vor. Bis zur endgültigen Verabschiedung des Haushalts Ende November berät nun der Haushaltsausschuss wer, wie viel und wofür in den einzelnen Etats ausgeben darf. "Da liegt eine große Verantwortung auf uns", stellt die Vorsitzende des Ausschusses, Petra Merkel (SPD), zutreffend fest.
Bevor sich aber der gesamte Haushaltsausschuss jeweils mittwochs und donnerstags in den Sitzungswochen mit den Einzelplänen beschäftigte, wurde schon in den so genannten Berichterstattergesprächen ein Großteil der Vorarbeit geleistet. "In diesen Runden sitzen fünf Abgeordnete - von jeder Fraktion einer", sagt die Ausschussvorsitzende Merkel.
Schon am Anfang der Legislaturperiode wird von den Fraktionen festgelegt, wer sich um welchen Haushaltsplan kümmert. Bei 22 Einzelplänen bedeutet das gerade für die Mitglieder der kleineren Fraktionen wie der FDP (sechs Mitglieder), Linksfraktion (fünf) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (vier) eine Mehrfachbelastung.
Die deutliche Mehrheit im Ausschuss stellen die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion (16), gefolgt von der SPD-Fraktion mit zehn Abgeordneten. Mit seinen insgesamt 41 Mitgliedern ist der Haushaltsausschuss der zahlenmäßig stärkste, was seine hervorgehobene Rolle als "Kontrollorgan gegenüber der Bundesregierung und Hüter des Budgetrechts des Parlaments" betont.
Dem parlamentarischen Brauch entsprechend wird der Haushaltsausschuss von einem Mitglied der stärksten Oppositionsfraktion geführt, was seit Beginn dieser Legislaturperiode die SPD-Fraktion ist.
An den erwähnten Berichterstattergesprächen nehmen auch Vertreter der jeweiligen Ministerien sowie des Finanzministeriums und des Bundesrechnungshofs teil, führt Petra Merkel aus. Sie selbst ist Berichterstatterin der SPD-Fraktion für den Etat des Bundeskanzleramtes, zu dem auch der Kulturetat und das Bundespresseamt gehört. "Es war mir wichtig, dass ich neben der Funktion als Ausschussvorsitzende diesen Einzelplan als Abgeordnete weiterhin betreuen kann", sagt sie.
Wenn Merkel und ihre vier Mitstreiter in dem Berichterstattergespräch "von Seite eins an jeden einzelnen Titel in jedem einzelnen Kapitel des Haushaltsplans durchgehen", werden auch schon Entscheidungen getroffen, die dann in den Beratungen im Ausschuss nicht mehr diskutiert werden. Dabei gilt ein eiserner Grundsatz: "Wenn ich mehr Geld für einen bestimmten Titel fordere, muss ich auch sagen, wo ich es hernehmen will", sagt Merkel.
Alle, was in diesen Berichterstattergesprächen strittig bleibt, wird in den Ausschussberatungen nochmals thematisiert. Dort fließen natürlich auch die Wünsche der jeweiligen Fraktionsfacharbeitsgruppen ein, die dann in Form von Änderungsanträgen vorgelegt werden, was zu "riesigen Papierbergen führt", berichtet die SPD-Politikerin.
Auch bei den Beratungen des Einzelplans im Haushaltsausschuss sind in der Regel die zuständigen Fachministerinnen und Fachminister zugegen und stellen ihren Etat dem gesamten Haushaltsausschuss vor. Am Ende der Beratung, bei denen nicht nur die zuständigen Berichterstatter, sondern alle Ausschussmitglieder den Etat diskutieren, wird der Haushalt des jeweiligen Ressorts "abgestimmt und zugeschnürt".
Und doch gibt es noch eine allerletzte Möglichkeit für den Ausschuss, die Zahlen zu verändern. Bei der Bereinigungssitzung, die in diesem Jahr am Donnerstag, 11. November, stattfindet, kommen noch einmal "unglaublich viele Anträge auf den Tisch", sagt Petra Merkel.
Dazu gehören Vorschläge, die die Opposition einbringt und mit denen sie politische Schwerpunkte setzen möchte, aber auch kurzfristige Änderungswünsche der Koalitionsfraktionen. "Die Berichterstatter sehen sich das an und entscheiden, ob sie es mittragen wollen oder nicht. Dann wird erneut im Beisein der Minister oder Staatssekretäre diskutiert und schließlich abgestimmt", sagt sie.
Klingt aufwendig und ist es auch. Die Bereinigungssitzung, die am Vormittag beginnt, dauert nicht selten bis in die frühen Morgenstunden des folgenden Tages. Und auch hier, so Merkel, gilt der Grundsatz: "Wer Geld haben möchte, muss sagen, wo es herkommen soll."
Findet nun bei den Haushaltsberatungen eine Art Frontenbildung statt zwischen den parlamentarischen Haushältern auf der einen Seite und den Ministerien auf der anderen? Nein, ganz so sei es nicht, sagt die Ausschussvorsitzende. Die Koalitionsfraktionen würden schon darauf achten, ihre Minister "nicht zu sehr im Regen stehen zu lassen".
Und dennoch werden die Sichtweisen der Ministerien nicht immer geteilt. "Es gibt da schon Überraschungen und Entscheidungen, die sich das Parlament vorbehält - auch durch die Regierungsfraktionen", betont Merkel. Auch ihre Fraktion habe zu Zeiten einer SPD-Regierungsbeteiligung durchaus mal Etatvorstellungen und Wünsche der eigenen Ministerinnen und Minister abgelehnt. "Die waren darüber natürlich nicht erfreut", erinnert sie sich.
Wenn am 26. November der Haushalt 2011 vom Parlament dann endgültig verabschiedet wird, ist die Arbeit des Haushaltsausschusses aber nicht beendet. "Wir tagen dann nicht mehr zweimal wöchentlich, sondern wie jeder Ausschuss einmal in Sitzungswochen, haben aber dennoch gut zu tun", sagt Petra Merkel.
Da ist zum einem die Freigabe gesperrter Mittel. Das sind Gelder, die zwar im Haushalt eingestellt sind, den Ministerien aber erst dann zur Verfügung gestellt werden, wenn diese eine Konzeption vorgelegt haben, die nach Ansicht der Ausschussmehrheit schlüssig ist.
Außerdem gilt es zu überprüfen, wie die Ministerien die ihnen bewilligten Mittel ausgeben. "Wir kontrollieren den laufenden Prozess", sagt Merkel. Dazu gehört es auch, die Auswirkungen neu vorgelegter Gesetzentwürfe auf den Bundeshaushalt zu überprüfen.
Krisenbedingt gab es in dieser Legislaturperiode bereits einige Gesetzentwürfe, die zu Ausgabensteigerungen führten, die über das geplante Maß hinausgingen, so die Griechenlandhilfe und die Eurostabilisierung. "Bei beiden Maßnahmen waren wir der federführende Ausschuss und haben das ganze Verfahren begleitet", sagt Merkel. Und dies "schnell, aber intensiv". Auch öffentliche Expertenanhörungen gehören dazu: "Wir haben die Risiken und die Konsequenzen der Regierungsvorhaben für den Steuerzahler geprüft."
Bei der Eurostabilisierung beispielsweise, erinnert sie sich, hätten verschiedene Fraktionen - auch die Koalitionsfraktionen - Aufträge an die Regierung erteilt. "Meine Fraktion wollte zustimmen, aber unter Bedingungen, die Verursacher der Krise auch an den Kosten der Bewältigung zu beteiligen, so durch Einführung einer Finanzmarkttransaktionsteuer."
Das sei zwar nicht durchgegangen, aber auch die Unions- und FDP-Fraktion hätten angemahnt zu prüfen, wie man in Europa eine Möglichkeit findet, Steuern für den Anlagebereich zu erheben. "Auch so etwas ist Aufgabe von Haushältern. Denn wir haben nicht nur die Ausgaben im Blick, sondern auch die Steuereinnahmen", sagt die Ausschussvorsitzende. (hau)