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Die deutsche Sprache soll ins Grundgesetz aufgenommen werden. Für diese Forderung haben der Verein für Deutsche Sprache (VDS) und der Verein für deutsche Kultur- beziehungen im Ausland (VDA) rund 46.000 Unterschriften gesammelt und am Dienstag, 9. November 2010, an Bundestags- präsident Norbert Lammert (CDU) übergeben. Ziel der beiden Vereine ist, dass sich der Bundestag mit diesem Anliegen befasst und die deutsche Sprache in Artikel 22 des Grundgesetzes eingebunden wird. Dieser regelt die Farbe der deutschen Flagge und schreibt Berlin als Bundeshauptstadt fest.
Die Organisatoren repräsentieren ihrer Meinung nach die Mehrheit der Wählerschaft: "Glaubt man Umfragen, so stehen diese 46 000 Unterschriften für die ungefähr 40 Millionen Deutschen, die ihre Muttersprache gern im Grundgesetzt verankert sehen würden“, sagte Walter Krämer, Vorsitzender des VDS.
Hartmut Koschyk, Vorsitzender des VDA und parlamentarischer Staatssekretär beim Finanzministerium, ergänzente Zahlen aus Europa: "In 18 der 27 EU-Mitgliedsländer hat die eigene Sprache Verfassungsrang.“ Ein solcher Schritt auch in Deutschland wäre ein Signal, sorgsamer mit der Sprache umzugehen. Koschyk plädierte für einen entsprechenden überparteilichen Vorstoß aus der Mitte des Parlaments.
Bundestagspräsident Lammert, der die Unterschriften persönlich in Empfang nahm, steht dem Vorhaben positiv gegenüber: „Ich bin mit diesem Thema schon mindestens so lang befasst und verbunden wie die Organisationen, die sich mit diesem Thema in einer, ich möchte schon sagen, pentranten Sturheit, befassen. Das verträgt das Thema aber allemal.“
Angesprochen auf die mögliche Grundgesetzänderung, entgegnete Lammert, dass diese nicht "zwingend notwendig ist". Allerdings gelte dies für die allermeisten Grundgesetzänderungen seit 1949. Es gibt aber eine ganz Reihe von guten Gründen warum diese Änderung nicht nur wünschenswert, sondern auch nötig ist“.
So nehme die deutsche Sprache etwa einen großen Stellenwert in der Integrationsdebatte ein. Eine Aufnahme in die Verfassung hätte nach seiner Ansicht deshalb ganz praktische Auswirkungen und nicht nur "deklaratorischen Charakter". Lammert verwies außerdem darauf, dass in den Verfassungen der anderen deutschsprachigen Länder die deutsche Sprache als Landessprache bereits enthalten sei.
Dass Deutschland sich nach seiner Sprache benenne, "gleichwohl aber auf diesen Zusammenhang in der Verfassung verzichtet, ist eher eine Kuriosität als eine stringente Begründung für diese Verfassungslücke", so Lammert.
Ein erster Versuch, Deutsch im Grundgesetz zu verankern, war nach Angaben Lammerts bei den Beratungen der ersten Föderalismuskommission von Bund und Ländern knapp gescheitert. (rov)