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Auf Initiative der SPD-Fraktion hat der Bundestag am Donnerstag, 2. Dezember 2010, in einer Aktuellen Stunde über "fehlende Aktivitäten der Bundesregierung hinsichtlich der Zukunftsängste des wissenschaftlichen Nachwuchses" debattiert. "Wir machen uns Sorgen", sagte Swen Schulz (SPD) mit Blick auf die Anfang der Woche veröffentliche Studie des Instituts für Hochschulforschung. Etwa 90 Prozent der wissenschaftlichen Stellen an den Hochschulen in Deutschland seien befristet. Familie und Beruf ließen sich nicht miteinander vereinbaren, weil das Leben als Wissenschaftler unkalkulierbar geworden sei. Deutschland drohe die Kompetenz vieler Nachwuchskräfte an das Ausland zu verlieren, weil es immer unattraktiver werde, an deutschen Hochschulen zu arbeiten. "Da müssen wir gegensteuern. Aber was tut die Bundesregierung?", fragte Schulz.
Es sei eine Evaluation des Wissenschaftszeitvertrags-Gesetzes versprochen worden, auf die die Opposition jedoch noch warte. Weiter fragte Schulz, warum das seiner Ansicht nach erfolgreiche Programm für Juniorprofessuren nicht fortgeführt werde. Die Debatte versteht er als Auftakt, denn das Problem würde das Parlament auch in Zukunft weiter beschäftigen.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesbildungsministerium, Dr. Helge Braun (CDU), wies den Vorwurf der Untätigkeit der Regierung zurück: "Der Titel, der von der SPD beantragten aktuellen Stunde, ist polemisch." Die Evaluation werde Anfang des nächsten Jahres vorgelegt - sogar umfassender als geplant. "Es war Bundesforschungsministerin Anette Schavan, die 2008 den ersten Bericht zur Situation der Nachwuchswissenschaftler vorgelegt hatte", erinnerte Braun.
Die Möglichkeiten für Akademiker seien vielfältig und sie hätten auch in der Wirtschaft beste Chancen auf dem freien Arbeitsmarkt unterzukommen, so Braun weiter. Mit der Exzellenzinitiative habe die Regierung bereits 3.800 neue Jobs für Wissenschaftler geschaffen und werde in einer zweiten Runde weitere 5.400 bereitstellen.
Die Fraktion Die Linke sieht als Grund der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen die Finanzierung der Wissenschaft durch Drittmittel. "Es dominiert die befristete Beschäftigung und es gibt keine Verlässlichkeit", sagte Dr. Petra Sitte (Die Linke). Der sogenannte wissenschaftliche Mittelbau werde zur "Verschiebemasse". Mehr als die Hälfte der Verträge würden für weniger als 24 Monate geschlossen. Manche sogar nur für wenige Monate.
Was bisher in der Hochschulpolitik geleistet worden sei, sei das Ergebnis der Vorgängerregierungen. Wenn die Regierung jetzt was tun wolle, sollte sie das "Ausufern des Drittmittelsystems" begrenzen.
Defizite gebe es, aber auch Erfolge, gestand Dr. Martin Neumann (FDP) ein, stellte aber gleichzeitig heraus, dass "Deutschland mit 14 Prozent eine der höchsten Doktorranden-Quoten habe". Nach Meinung der FDP-Fraktion müssen die Hochschulen mehr Möglichkeiten bekommen, die Probleme selbst zu regeln. Den Vorwurf der Untätigkeit sieht Neumann entkräftet, weil die Regierung rund zwei Milliarden Euro für Stellen in der Wissenschaft bereitgestellt habe: "Das bringt Planbarkeit." Sein Fraktionskollege Patrick Meinhardt (FDP) wollte sich die erzielten Erfolge "nicht kaputtreden lassen". Trotz aller Hürden sei der Beruf des Wissenschaftlers sehr attraktiv und werde in Deutschland Jahr für Jahr attraktiver.
Klaus Barthel (SPD) bezweifelte jedoch, dass eine erfolgreiche Wissenschaft nur aus dem Idealismus junger Nachwuchskräfte entstehen könne: "Lehrkräfte, die nicht einmal vergütet werden, darf es nicht geben." Die besten Köpfe werden nicht im Wettlauf um die miserabelsten Arbeitsbedingungen gewonnen", sagte der SPD-Politiker.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sieht durch die schlechte Situation für den wissenschaftlichen Nachwuchs hingegen die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik gefährdet. "Der wissenschaftliche Nachwuchs läuft heute Gefahr, noch im fünften Lebensjahrzehnt als Nachwuchs zu gelten", monierte Krista Sager (Bündnis 90/Die Grünen) angesichts knapper, unbefristeter Stellen an den Universitäten. "Wir brauchen eine Pakt für den Nachwuchs", forderte Sager.
Als demagogisch bezeichnete Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) den Versuch der Opposition, das Thema mit der Zukunftsangst junger Nachwuchskräfte zu besetzen. "Es darf keine Verengung der Jobperspektive auf die Hochschule stattfinden", sagte er. Die Wirtschaft, die Verwaltung, der Mittelstand und die forschenden Unternehmen bedürfen ausgebildeter Fachkräfte. Feist zitierte ein Studie, wonach 86 Prozent aller Studierenden von einer Beschäftigung nach ihrem Studium ausgehen würden. "Zukunftsangst ist unbegründet", sagte Feist.
Tankred Schipanski (CDU/CSU) sah die Verantwortung bei den Ländern, die auch sozialdemokratisch geführt seien. "Und die reagieren nur noch und agieren nicht", kritisierte er angesichts von Sparrunden. (eis)