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Missbräuche in der Zeitarbeit müssen verhindert werden. In dieser Forderung herrschte Einigkeit unter den Rednern aller Fraktionen während der Debatte am Freitag, 17. Dezember 2010, zu einem von der SPD-Fraktion eingebrachten Antrag (17/4189). Unterschiedlich bewertet wurde jedoch die Frage, was nötig sei, um gegen den Missbrauch vorzugehen. Der von Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) vorgelegte Gesetzentwurf sei keineswegs ausreichend, befand die SPD-Abgeordnete Andrea Nahles. Anfang des Jahres habe die Ministerin öffentlich ihre Empörung über das Vorgehen der Drogeriekette Schlecker ausgedrückt, die Mitarbeiter erst gekündigt und dann zu deutlich schlechteren Konditionen über eine Zeitarbeitsfirma wieder beschäftigt habe.
Nun lege sie einen Gesetzentwurf vor, der als "Lex Schlecker“ daherkomme und sich ausschließlich um die Verhinderung dieses "Drehtüreffektes“ kümmere. Angesichts der "verkommenen Praxis in der Leiharbeit“ sei es jedoch vonnöten, für eine gleiche Bezahlung von Stammbelegschaft und Leiharbeitnehmern zu sorgen. Gleichzeitig müssten Leiharbeitseinsätze nach einem Jahr beendet werden, da dann klar sein müsse, ob es einen Bedarf gebe oder nicht, forderte sie.
Es sei die rot-grüne Bundesregierung gewesen, die durch Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz für eine Verlotterung der Sitten bei der Leiharbeit gesorgt habe, sagte der Unionsabgeordnete Peter Weiß. Nahles schiebe die eigene Verantwortung "locker weg“, kritisierte er. Im alten Gesetz habe gestanden, dass nach zwei Jahren dem Leiharbeiter der gleiche Lohn gezahlt werden müss, wie der Stammbelegschaft.
"Rot-Grün hat diesen Satz gestrichen“, sagte der CDU-Abgeordnete. Das sei die Ursache für die Situation, die heute beklagt werde. Während Rot-Grün das Dilemma angerichtet habe und sich nun davon reinwaschen wolle, sei Arbeitsministerin von der Leyen "die erste Arbeitsministerin seit zwölf Jahren, die handelt“. Mit dem im Kabinett verabschiedeten Gesetzentwurf werde der "unanständige Drehtüreffekt für alle Zeiten unterbunden“, betonte Weiß.
Mit der Agenda 2010 hätten SPD und Grüne im Jahre 2003 für den Ausbau der Leiharbeit und der befristeten Beschäftigungen gesorgt, sagte der Vorsitzende der Linksfraktion, Dr. Gregor Gysi. Das habe schließlich auch zu einer "dramatischen Lohnsenkung in Deutschland“ geführt. "Deutschland ist Weltmeister bei der Lohnsenkung“, sagte Gysi und verwies auf eine Studie, wonach es hierzulande in den vergangenen zehn Jahren eine Lohnsenkung von 4,5 Prozent gegeben habe, während in anderen Industrieländern eine teils zweistellige Steigerung zu verzeichnen gewesen sei.
Die Folge davon sei, dass durch billige deutsche Produkte ein Exportüberschuss erzielt worden sei, der zu einem makroökonomischen Ungleichgewicht geführt habe. Daher müsse nun die Binnennachfrage gestärkt werden. "2011 muss das Jahr von massiven Lohn- und Rentensteigerungen und der Erhöhung von Sozialleistungen werden“, forderte Gysi.
Zeitarbeit müsse weiterhin möglich sein, aber auf ihren Kern zurückgeführt werden, verlangte der FDP-Abgeordnete Dr. Heinrich L. Kolb. Weder dürften die Stammbelegschaftskräfte durch Zeitarbeiter ersetzt werden, noch dürfe es zu einer "Lohndifferenzierung nach unten“ kommen. Seine Fraktion thematisiere auch den "Equal Pay“. Schon heute sei die Gleichbezahlung der Regelfall, Abweichungen durch Tarifverträge seien eher die Ausnahme.
Die Frage sei nun, inwieweit diese Ausnahmen "nachjustiert werden müssen, um zu angemessenen Ergebnisse zu kommen“, sagte er. Zeitarbeit, so Kolb, sei auch die "Kehrseite eines relativ starren Kündigungsschutzes in Deutschland“. Unternehmen würden mit Zeitarbeit reagieren, um sich "Flexibilität zu kaufen“. Daher sei es auch nicht verwunderlich, dass Unternehmen am Ende der Krise angesichts "unsicherer Auftragsreichweiten“ verstärkt auf das Instrument der Zeitarbeit zurückgriffen.
Ebenso wie in dem SPD-Antrag gefordert, sei gleicher Lohn für gleiche Arbeit auch aus Sicht der Grünen wichtig, sagte Beate Müller Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen). Die Koalition habe nun nach einem Jahr Streit untereinander einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der weder eine Lohnunterkante noch eine Gleichbezahlung vorsehe. Laut IG Metall erhebe sich die Quote der Leiharbeit in dieser Schlüsselbranche auf sehr hohes Niveau.
Dieser "Trend zur Zwei-Klassen-Gesellschaft auf dem Arbeitsmarkt“ müsse gestoppt werden, forderte die Grüne-Abgeordnete. Zugleich zeigte sie sich selbstkritisch. Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unter Rot-Grün sei ein Fehler gewesen, der korrigiert werden müsse. "Die Verantwortung, dies zu tun, liegt nun leider nicht bei uns, sondern bei Ihnen“, sagte Müller Gemmeke an die Koalition gewandt und forderte Union und FDP dazu auf, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Der Antrag der SPD wird nun in den Ausschüssen weiterberaten. (hau)