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Mehrere Sachverständige haben in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch, 23. Februar 2011, die von der Bundesregierung geplanten neuen Informationspflichten für Fonds-Unternehmen gegenüber Anlegern als überzogen abgelehnt. So erklärte der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) in der Anhörung zum Entwurf des sogenannten OGAW-IV-Umsetzungsgesetzes (17/4510, 17/4811), die geplante Information der Anleger per "dauerhaften Datenträger“ bei jeglicher Änderung der Vertragsbedingungen eines Fonds sollte allein schon deshalb entfallen, weil eine solche Information in der EU-Richtlinie, die mit dem Gesetz umgesetzt werden soll, nicht enthalten sei. Die jährlichen Bürokratiekosten für die deutsche Fondsbranche könnten rund 18 Millionen Euro betragen.
Neben den erweiterten Informationspflichten sieht der Gesetzentwurf außerdem die Möglichkeit von grenzüberschreitenden Fondsverschmelzungen vor. Neuregelungen sind auch für nicht richtlinienkonforme Fonds wie offene Immobilienfonds vorgesehen. In diesem Bereich soll eine Änderung der Anlagegrundsätze eines Fonds nur noch dann erlaubt sein, wenn Anlegern ein Umtauschrecht in einen ähnlichen Fonds einer Gesellschaft angeboten wird.
"Dies hätte zur Folge, das eine Änderung der Anlagegrundsätze bei diesen Fonds praktisch ausgeschlossen wäre, weil in der Regel kein ähnlicher Fonds vorhanden ist“, heißt es in der BVI-Stellungnahme. Insgesamt bewertete der BVI den Entwurf jedoch als weiteren und richtigen Schritt zu einem europäischen Fondsmarkt.
Prof. Dr. Andreas Engert (Universität Mannheim) kritisierte die Informationspflichten. Änderungen an den Vertragsbedingungen würden vergleichsweise häufig auftreten: "Nicht selten beschränken sie sich auf technische Fragen und sind für die Anleger von geringem Interesse.“ Um zu viele Informationen für nichtprofessionelle Anleger ("information overload“) zu verhindern, sollten die individuellen Informationen auf erhebliche Änderungen reduziert werden.
Auch der Zentrale Kreditausschuss, der Zusammenschluss der deutschen Bankenverbände, bewertete die neuen Informationspflichten kritisch. Der Verband der Auslandsbanken schrieb: "Der angestrebte Anlegerschutz steht in keinem Verhältnis zu den entstehenden Bürokratiekosten.“
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warf der Bundesregierung vor, den Gesetzentwurf zu einer "deutlichen Deregulierung“ in Bereichen, die von der Richtlinie gar nicht erfasst würden, zu nutzen. So würden grenzüberschreitende Verschmelzungen hoch riskanter Hedgefonds möglich, ohne dass diese national oder europäisch reguliert würden.
"Das Ergebnis wird sein, dass hoch riskante Fonds noch intransparenter agieren können - mit allen unerfreulichen Folgen“, warnte Susanne Uhl vom DGB. Auch Prof. Dr. Udo Reifner (Institut für Finanzdienstleistungen) warnte vor einer Verringerung der deutschen Aufsicht durch den Gesetzentwurf. Portfolioverwaltungen könnten in Drittländer verlagert werden, die an einer effektiven Aufsicht kein Interesse hätten. (hle)