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Künftig soll es einen eigenständigen Straftatbestand gegen Zwangsheirat im Strafgesetzbuch geben. Das sieht der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften (17/4401) vor, der am Donnerstag, 17. März 2011, ab 15.15 Uhr in 45-minütiger Debatte abschließend beraten wird.
Der Innenausschuss gab am 16. März grünes Licht für die geplanten Änderungen. Gegen die Stimmen der Oppositionn billigte der Ausschuss den Gesetzentwurf in modifizierter Fassung. Zuvor hatte das Gremium mit Koalitionsmehrheit einen Änderungsantrag der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion angenommen.
Der Regierungsentwurf sieht die Schaffung eines eigenständigen Wiederkehrrechts für ausländische Opfer von Zwangsverheiratungen vor, die von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten werden. Ebenfalls vorgesehen ist die Schaffung eines eigenständigen Straftatbestandes gegen Zwangsheirat im Strafgesetzbuch.
Darüber hinaus soll unter anderem die Antragsfrist zur Aufhebung der Ehe im Bürgerlichen Gesetzbuch von einem auf drei Jahre verlängert werden. Um den Anreiz zur Eingehung einer Scheinehe zu vermindern, soll ferner die Mindestbestandszeit, die für den Fall des Scheiterns der Ehe ein eigenständiges Aufenthaltsrecht begründet, von zwei auf drei Jahre erhöht werden.
Nach dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen soll zudem geduldeten und gut integrierten ausländischen Jugendlichen und Heranwachsenden "eine eigene Aufenthaltsperspektive eröffnet“ werden. Unter bestimmten Voraussetzungen sollen der Vorlage zufolge auch Eltern und Geschwister dieser Jugendlichen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können.
Ferner soll die Aufenthaltserlaubnis eines Ausländers, der zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet ist, jeweils auf höchstens ein Jahr befristet werden, bis der Kurs erfolgreich abgeschlossen ist oder der Nachweis erbracht wurde, dass die Integration anderweitig erfolgt ist.
Die CDU/CSU-Fraktion wies im Ausschuss Kritik an den Neuregelungen zurück und verwies darauf, dass man bei der Bleiberechtsregelung weg von einer Stichtagsregelung komme. Mit dem Gesetz mache man im Interesse der betroffenen Jugendlichen einen "sehr weiten Schritt nach vorne“.
Die FDP-Fraktion betonte, die Koalition betreibe eine "aktive Integrationspolitik“. Entscheidend für die Fraktion sei, das Kindeswohl in den Vordergrund zu stellen.
Die SPD-Fraktion begrüßte, dass es zu einer stichtagsunabhängigen Regelung kommen solle. Zugleich kritisierte sie, bei der Regelung für Jugendliche habe die Koalition zu enge Kriterien angelegt.
Die Linksfraktion sah bei der Ausgestaltung der Bleiberechtsregelung "große Defizite“. Sie verwies darauf, dass wesentliche Bestandteile des Regierungsentwurfs in einer Sachverständigen-Anhörung bei fünf von sieben Experten auf Kritik gestoßen seien.
Wie die anderen Oppositionsfraktionen kritisierte die Grünen-Fraktion unter anderem die vorgesehene Verlängerung der Mindestehebestandszeit. Sie nannte es zudem problematisch, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis von Bildungsniveau und Lernfähigkeit der Betroffenen abhängig zu machen.
Neben dem Regierungsentwurf stehen im Plenum auch zwei Gesetzesvorhaben der SPD-Fraktion und ein Entwurf der Linksfraktion zur Abstimmung, die im Ausschuss keine Mehrheit fanden.
Die Sozialdemokraten fordern ebenfalls ein erweitertes Rückkehrrecht im Aufenthaltsgesetz (17/4197) für ausländische Personen, die zur Zwangsehe genötigt wurden und zuvor rechtmäßig in Deutschland gelebt haben.
Ein weiterer Entwurf der Fraktion (17/207) hat eine wirksamere Eindämmung der Praxis von Kettenduldungen zum Ziel. Dazu solle eine Regelung geschaffen werden, "die auf einen festen Stichtag verzichtet und die Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung dahingehend absenkt, dass auch das ernsthafte Bemühen um Arbeit als ausreichend erachtet wird“, wie es in dem Entwurf heißt.
Kettenduldungen verhindern will auch der Gesetzentwurf der Linksfraktion (17/1557). Danach solle eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit mindestens 18 Monaten aus objektiven Gründen ausgesetzt ist.
Darüber hinaus lehnte der Ausschuss eine Reihe weiterer Initiativen der Opposition auf Empfehlung des Innenausschusses ab.
Dabei handelt es sich um Anträge der Linksfraktion (17/2325, 1774681) sowie von Bündnis 90/Die Grünen (17/1571, 17/2491, 17/3065), die sich vor allem mit Zwangsheirat-Opfern und der Bleiberechtsregelung auseinandersetzen. Der Innenausschuss hat zu allen Vorlagen eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/5093). (hau/sto)