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Die aktuelle Lage in der arabischen Welt war am Mittwoch 16. März 2011, Thema einer Regierungs- erklärung im Bundestag. Ein besonderes Augenmerk richtete sich angesichts des anhaltenden Vormarsches der Regierungstruppen von Staatschef Muammar Gaddafi auf Libyen. Eine Flugverbotszone über Libyen lehnte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) für die Bundesregierung weiterhin ab. Diese „vermeintlich einfache Lösung“ werfe mehr Fragen auf als sie zu lösen verspreche – beispielsweise die, ob eine militärische Intervention überhaupt wirkungsvoll sein könne: „Unser Handeln darf nicht zu mehr Gewalt statt zu mehr Freiheit führen.“ Wer ein Flugverbot durchsetzen wolle, fügte er hinzu, müsse zunächst die libysche Flugabwehr ausschalten – und in einem nächsten Schritt unter Umständen Gaddafis Panzer aus der Luft bekämpfen und Bodentruppen schicken. Westerwelle: „Wir wollen und dürfen nicht Kriegspartei in einem Bürgerkrieg in Nordafrika werden.“
Der Außenminister sicherte in seiner Regierungserklärung ferner zu, sich in der Europäischen Union wie in den Vereinten Nationen für „maßgeschneiderte politische Antworten“ einzusetzen. Dazu gehöre die Forderung nach „noch umfassenderen Wirtschafts- und Finanzsanktionen“ gegen Gaddafi, aber auch die Frage nach mehr wirtschaftlicher Perspektive für Länder wie Ägypten und Tunesien.
Westerwelle kündigte an, sich für eine Öffnung der Märkte für Produkte aus dem Nahen Osten auszusprechen. Zudem habe das Kabinett am Mittwochvormittag beschlossen, den demokratischen Aufbruch in der Arabischen Welt mit 100 Millionen Euro für Bildungsprogramme, unter anderem für Stipendien und Patenschaften, zu unterstützen.
Für die SPD-Fraktion forderte Rolf Mützenich die Bundesregierung auf, sämtliche Mittel der Charta der Vereinten Nationen „offen abzuwägen“ – auch eine Flugverbotszone. Was eine Öffnung der Märkte für Agrarprodukte aus der arabischen Welt angehe, sei nicht nur die Reaktion der Europäischen Union offen: „Da kommt es auch zum Schwur des Kabinetts.“
Andreas Schockenhoff (CDU) machte beim Umgang mit der Krise in Libyen auf die widersprüchliche Haltung der Arabischen Liga aufmerksam. Auf der einen Seite eine Flugverbotszone zu fordern und auf der anderen die territoriale Integrität zu betonen sei ein „Widerspruch in sich“: „Wenn die Arabische Liga wirklich will, dass wir eingreifen, muss sie das auch ohne Einschränkungen sagen.“
Schockenhoff schloss auch eine weitergehende Unterstützung der libyschen Opposition nicht aus: Nicht nur angesichts der Bilder von „reihenweise abgeschlachteten Freiheitskämpfern“ dürften auch Waffenlieferungen an selbige nicht ausgeschlossen werden.
„Krieg und Militär ist das Gegenteil von Hilfe,“ konstatierte demgegenüber für die Fraktion Die Linke Wolfgang Gehrcke. Statt auf Intervention solle der Fokus auf zivile Unterstützung gesetzt werden: „Wer in einem Bürgerkrieg Menschen retten wil, muss sich für Vermittlung einsetzen.“
Ein Entschließungsantrag der Linksfraktion (175040) fand keine Mehrheit. Nur Die Linke selbst stimmte ihrer Initiative zu, in der sie die Bundesregierung aufgefordert hatte, im UN-Sicherheitsrat dafür einzutreten, dass der Weg für eine friedliche, gewaltfreie Lösung des Libyen-Konfliktes geöffnet wird, und in der Nato darauf hinzuwirken, dass es nicht zu einer internationalen militärischen Auseinandersetzung kommt. Die Linke hatte zudem gefordert, Rüstungsexporte in die gesamte Region ebenso einzustellen wie den Kauf von libyschem Erdöl.
Die Grünen mahnten die Bundesregierung zu Selbstkritik. Auch bei den demokratischen Aufbrüchen in Tunesien und Ägypten sei deren Reaktion von „Zaudern und Zögern“ geprägt, erklärte der Abgeordnete Frithjof Schmidt. Zudem sei ihm völlig unverständlich, dass die libysche Opposition noch nicht in Berlin empfangen worden sei: „Was haben Sie getan, um sie zu stärken?“
Für die FDP mahnte Rainer Stinner, die übrigen Krisenschauplätze in der arabischen Welt nicht aus den Augen zu verlieren. Die größten Sorgen, so Stinner, bereitete ihm die Lage in Bahrain. „Dort erleben wir, dass mit Saudi-Arabien erstmals ein Staat in einen befreundeten Nachbarstaat einmarschiert.“ Zudem drohe dort ein immer offenerer Konflikt zwischen sunnitischen und schiitischen Muslimen. Zu befürchten sei, dass sich auch der Iran bald einmische, um die schiitischen Gruppen zu unterstützen. (jgo)