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Die in Deutschland herrschende Entgeltungleichheit zwischen Männern und Frauen ist nicht hinnehmbar. In dieser Einschätzung waren sich die Redner aller Fraktionen während der Debatte am Donnerstag, 7. April 2011, einig. Unterschiedlich jedoch sind die Ansätze, mit denen dieser Zustand beseitigt werden soll. Während die Oppositionsfraktionen sich für eine gesetzliche Regelung aussprachen, wie sie auch ein der Debatte zugrunde liegender Antrag der SPD-Fraktion (17/5038) fordert, plädierten die Koalitionsfraktionen für Selbstverpflichtungen der Unternehmen und verwiesen auf die Verantwortung der Gewerkschaften für die Lohnabschlüsse.
Obwohl die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Deutschland geltendes Recht sei, würden Frauen noch immer 23 Prozent weniger verdienen als Männer, sagte der SPD-Abgeordnete Caren Marks. Damit liege Deutschland noch über dem EU-Durchschnitt von 18 Prozent.
Um dies zu ändern, fordere ihre Fraktion von der Bundesregierung, gesetzliche Regelungen zu erlassen, sagte sie. Die Erfahrung habe gezeigt, dass die Verantwortlichen aus eigenem Antrieb eben nicht tätig würden. "Ein Gesetz muss die Arbeitgeber zwingen, Entgeltgleichheit herzustellen“, sagte sie.
Benötigt werde Transparenz über die Entlohnung in den Betrieben. Die "Geheimniskrämerei“ über die Einkünfte begünstige Lohndiskriminierung, befand Marks. Werde durch staatliche Stellen Lohndiskriminierung festgestellt, müsse ein Prozess eingeleitet werden, an dessen Ende bei einer Weigerung der Arbeitgeber auch eine Klagemöglichkeit stehen müsse, forderte sie.
Marks bedauerte, dass Familienministerin Dr. Kristina Schröder (CDU) der Debatte nicht folgte und kündigte die Vorlage eines eigenen Gesetzes an: "Wo sich Schwarz-Gelb vor der Wirtschaft wegduckt, werden wir handeln und die Lohndiskriminierung von Frauen endlich wirksam gesetzlich bekämpfen."
Bei diesem "sehr komplexen Thema“ müsse man sich die Ursachen anschauen, forderte die Unionsabgeordnete Nadine Schön. So gebe es bei allen Angleichungstendenzen noch immer Unterschiede in der Qualifikation, die "selbstverständlich zu niedrigeren Löhnen führen“.
Ein weiterer Grund sei die Berufswahl. Noch zu selten würden Frauen technische und mathematisch-naturwissenschaftliche Ausbildungsgänge und Studienfächer wählen. Auch die Lebensläufe von Frauen, die öfter durch Erwerbsunterbrechungen gekennzeichnet seien, und die hohe Teilzeitquote gehörten zu den "harten Fakten“, die zur Entgeltungleichheit führten.
Würde man diese jedoch "herausrechnen“, bleibe immer noch ein Unterschied von sechs bis zehn Prozent, sagte Schön. Dass sei zum einen den eher zurückhaltenden Gehaltsverhandlungen von Frauen geschuldet, zum anderen aber auch eine klare Diskriminierung. Jetzt jedoch nach der "Allzweckwaffe der staatlichen Regulierung“ zu rufen, sei zu staatsgläubig und zudem unwirksam, befand die CDU-Abgeordnete.
Wichtiger sei es, "an die Wurzel des Übels zu gehen“. So müsse es beispielsweise nicht immer so sein, dass klassische Frauenberufe schlechter bezahlt werden. Dies zu ändern, sei jedoch Aufgabe der Tarifparteien. "Hier darf nicht immer nach der Politik geschrien werden, sondern muss auch die eigene Verantwortung wahrgenommen werden“, forderte sie.
Schon vor mehr als hundert Jahren habe Clara Zetkin erkannt, dass die Gleichstellung der Frauen mit den Männern nur über eine ökonomische Gleichstellung erfolgen könne, wagte Sabine Zimmermann (Die Linke) einen Blick in die Geschichte. "Die Forderung ist heute so aktuell wie damals“, urteilte sie.
Die Entgeltunterschiede seien in den vergangenen Jahren eher noch gewachsen. Zudem seien 70 Prozent der Beschäftigten im Niedriglohnsektor Frauen. Das habe jedoch nichts mit vermehrter Teilzeitarbeit zu tun. "Jede dritte Frau arbeitet Vollzeit und befindet sich dennoch im Niedriglohnbereich“, sagte Zimmermann.
Daher sei klar: "Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn, wie er in vielen Ländern Europas seit Langem bekannt ist.“ Es sei ein Skandal, dass die Koalition sich dem verwehre. Die Abgeordnete der Linksfraktion sagte weiter, es sei die Arbeitsmarktpolitik der vergangenen Jahre gewesen, die etwa durch die "Hartz-Gesetze“ zum Ausbau des Niedriglohnsektors geführt hätten.
Daher habe der Antrag der SPD auch eine "Leerstelle“. Ihre Fraktion fordere die Schaffung eines wahren Entgeltgleichheitsgesetzes, welches das Problem der prekären, niedrig entlohnten und unfreiwilligen Teilzeitarbeit angeht.
Die Lohnlücke in Deutschland sei höher als bei den EU-Nachbarstaaten, obwohl das Grundgesetz eine solche Lücke verbiete, stellte Sibylle Laurischk (FDP) fest. Im Koalitionsvertrag hätten sich Union und FDP daher zu Maßnahmen für Entgeltgleichheit verpflichtet, sagte sie. Die Umsetzung sei "auf einem guten Weg“, so Laurisch
Die FDP-Abgeordnete sprach sich klar gegen eine gesetzliche Regelung aus. "Besser und nachhaltiger“ sei das Instrument der Selbstverpflichtung. "Die bürokratischen Vorschläge der SPD verursachen nur Kosten und belasten die Unternehmen“, urteilte Laurischk.
Ebenso wie ihre Koalitionskollegin Schön forderte sie von den Gewerkschaften, "etwas zu tun, damit typische Frauenberufe nicht schlechter vergütet werden“. Sie verwies zudem auf ein "deutliches Gefälle zwischen Ost und West“.
Grund für die geringeren Unterschiede zwischen dem Einkommen von Männern und Frauen im Osten, so Laurischk, sei unter anderem die bessere Infrastruktur bei Kinderbetreuungseinrichtungen.
Aus Sicht von Monika Lazar (Bündnis 90/Die Grünen) sind für den Ost-West Unterschied eher die geringeren Einkommen der "Ostmänner“ verantwortlich. Ebenfalls anders als ihre Vorrednerin beurteilte sie die Forderungen nach gesetzlichen Regelungen. Da es derzeit keine Anzeichen für eine Senkung der Entgeltlücke von 23 Prozent gebe, sei der Staat verpflichtet, Rahmenbedingungen zu setzen. "Es reicht nicht aus, nur auf Freiwilligkeit zu setzen“, sagte Lazar.
Die Grüne-Abgeordnete kritisierte auch Familienministerin Schröder, die den Frauen eine eigene Schuld gebe, da diese eben den falschen Beruf gewählt hätten. "So einfach kann man es sich nicht machen“, sagte Lazar.
Angesichts der Abwesenheit der Frauenministerin stellte der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, einen Geschäftsordnungsantrag.
Wegen der Diskussion einer "zentralen Frage der Frauenpolitik“ müsse die Ministerin "herbeizitiert“ werden, forderte Beck. Bei der im Hammelsprung-Verfahren durchgeführten Abstimmung fand der Antrag jedoch mit 230 Nein-Stimmen bei 173 Ja-Stimmen keine Zustimmung. (hau)