Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2011
Arbeitnehmer sollen zur Sicherung ihres Existenzminimums einengesetzlichen Mindestlohnerhalten. Dies fordern die Linksfraktion in ihrem Antrag (17/4038), die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Gesetzentwurf (17/4435) und die SPD-Fraktion in ihrem Antrag (17/1408) mit Blick auf die Einführung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU am 1. Mai. Alle drei Fraktionen schlagen außerdem die Gründung eines Gremiums zur Festlegung einer Lohnuntergrenze vor. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat bislang die Ablehnung der SPD-Antrags empfohlen (17/5101). Über die Anträge wird der Bundestag amDonnerstag, 14. April 2011, ab 13.10 Uhr 75 Minuten lang abschließend beraten und abstimmen.
In ihrem Antrag spricht sich die Linksfraktion (17/4038) für einen Mindestlohn von zehn Euro brutto pro Stunde bis zum 1. Mai 2013 aus. Die Einführungsphase für die Lohnuntergrenze soll nach Willen der Parlamentarier am 1. Mai 2011 beginnen. Der Mindestlohn müsse in jedem Fall gewährleisten, dass eine alleinstehende Person durch eine Vollzeitbeschäftigung ein über dem Existenzminimum liegendes Arbeitsentgelt erhält, heißt es weiter.
Die Modalitäten der Einführung und der Anpassung der Lohnuntergrenze soll die Bundesregierung in Abstimmung mit den Tarifparteien und wissenschaftlichen Experten bestimmen, fordert die Fraktion und schlägt dazu einen nationalen Mindestlohnrat vor. In Einzelfällen soll es wirtschaftliche Hilfen für Unternehmen in der Einführungsphase geben, heißt es in dem Antrag.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Gesetzentwurf (17/4435) bis zum 1. Mai dieses Jahres die flächendeckende Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von mindestens 7,50 Euro pro Stunde. Um bis dahin einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und darüber hinausgehende Branchen-Mindestlöhne einzuführen, will die Grünen-Fraktion das Mindestarbeitsbedingungsgesetz und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz ändern. Über eine Mindestlohnkommission soll eine Lohnuntergrenze festgelegt werden, die bei mindestens 7,50 Euro pro Stunde liegen soll.
Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz werde für alle Branchen geöffnet, auch um Branchen-Mindestlöhne deutlich oberhalb der gesetzlichen Lohnuntergrenze zu ermöglichen, heißt es in dem Gesetzentwurf. Mit dem Start der Arbeitnehmerfreizügigkeit werde Lohndumping in Deutschland weiter zunehmen, wenn dies nicht über die Einführung flächendeckender Mindestlöhne verhindert werde, begründen die Parlamentarier ihren Vorstoß.
Einen gesetzlichen Mindestlohn von ”zum Beispiel 8,50 Euro“ pro Stunde fordert die SPD-Fraktion in ihrem Antrag (17/1408). Der Betrag solle vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern ein existenzsicherndes Einkommen gewährleisten, schreiben die Parlamentarier.
Die exakte Höhe der Lohnuntergrenze müsse von einer ”unabhängigen Kommission“ vorgeschlagen werden, heißt es weiter, die zu je einem Drittel aus Arbeitnehmern, Arbeitgebern und unabhängigen Wissenschaftsvertretern zusammengesetzt sein soll. Arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Vereinbarungen wären danach ungültig, wenn sie unterhalb des Mindestlohns liegen.
Zudem solle das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf sämtliche Branchen ausgedehnt werden, damit höhere tarifliche Branchenmindestlöhne für die jeweilige Branche für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Das Ausmaß der Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland habe seit Mitte der 1990er Jahre deutlich zugenommen und liege mittlerweile deutlich über dem in den europäischen Nachbarländern, begründet die SPD-Fraktion ihre Initiative.
Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn sei notwendig, um das Lohnspektrum insgesamt nach unten zu begrenzen. Dies sei insbesondere wichtig für Bereiche, in denen die Tarifvertragsparteien nicht präsent oder zu schwach seien, um angemessene Löhne zu vereinbaren. (jmb)