Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2011
Öffentliche Anhörung des Unterausschusses Neue Medien zum Thema Existenzgründungen in der IT-Branche
Deutschen IT-Gründern steht nicht genug Kapital zur Verfügung. "Es fehlt der Sprit im Tank", sagte Christian Schwarzkopf, Sachverständiger vom Center für Innovation und Entrepreneurship am Karlsruher Institut für Technologie am Montag, 9. Mai 2011, in einer öffentlichen Anhörung des Unterausschusses "Neue Medien" des Ausschusses für Kultur und Medien. Die Sitzung unter Vorsitz von Sebastian Blumenthal (FDP) widmete sich dem Thema "Existenzgründungen in der IT-Branche".
Die Fachpolitiker hätten bewusst das Gespräch mit IT-Unternehmern gesucht, denn: "Die IT-Branche hat die Wirtschaftskrise weitgehend unbeschadet überstanden und Arbeitsplätze nicht nur gesichert, sondern auch geschaffen", so der Ausschussvorsitzende.
Trotz dieser befriedigenden Erkenntnis stehe jedoch die deutsche Internetwirtschaft im internationalen Vergleich zu oft hinten an. "Wären große IT-Unternehmen wie in den USA auch in Deutschland möglich - ich denke nicht", sagte Nils-Holger Henning von der Bigpoint GmbH aus Hamburg.
Niemand hätte seiner Ansicht nach in Deutschland die Geduld und das Geld aufgebracht, ein Unternehmen wie Facebook aufzubauen. Lange habe die Firma rote Zahlen geschrieben, bevor sie ein weltweiter Erfolg wurde.
Dr. Carsten Rudolph, Geschäftsführer Münchner Business Plan Wettbewerb, merkte an, dass es nicht gelinge, aus guten Unternehmen in Deutschland größere zu machen. "Die Gründer planen zu konservativ", stellte er fest.
Oft blieben sie hinter ihren Möglichkeiten zurück. "Die Unternehmer müssen mutiger rangehen." Aber auch die Finanziers würden sich nicht trauen, in nennenswerten Höhen Kapital zur Verfügung zu stellen.
Christian Schwarzkopf sieht dennoch viel Potenzial im deutschen Markt, der groß und attraktiv sei: "Die vorhandenen Förderprogramme sind gut, müssen aber flexibler werden." Neues könne nicht durch zu enge Richtlinien entstehen, die Innovationen nicht vorhersehen. Statt sich zu sehr auf Forscher zu fokussieren, sollten in Zukunft "Gründer" mehr in die Programme einbezogen werden. Es gelte jedoch, dass der Staat nicht mehr zu fördern brauche als bisher.
Ziel der Politik solle dagegen sein, Rahmenbedingungen für einen Risikokapitalmarkt zu schaffen, der Anreize für Investoren schafft und Wettbewerb begünstigt, "sodass sich Investoren selbst Gründer suchen müssen".
Ein Nachteil für die Internetindustrie sieht Stephan Uhrenbacher von der Upspring Holding GmbH, in der dezentral ausgerichteten Bildungs- und Forschungslandschaft in Deutschland: "Wir kriegen die Talente nicht an den richtige Orten zusammen." Zu lange würden Betriebswirtschaftler, Techniker, Ingenieure und Informatiker aneinander vorbei studieren.
Nach dem Studium würden viele promovieren oder in den Universitäten arbeiten, bevor sie erwägen, sich selbstständig zu machen, unterstrich auch Christian Schwarzkopf diesen Eindruck.
Uhrenbacher stellte weiter fest, dass der deutsche Markt auch für ausländische Fachkräfte attraktiver werden müsse. Visaprobleme und Sprachbarrieren müssten überwunden, dafür familienfreundliche Perspektiven geboten werden. (eis)