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Alle Fraktionen des Deutschen Bundestags wollen die Renten in Ost und West angleichen - sind aber uneins darüber, wie und in welchem Tempo dies geschehen soll. Dies wurde in der Debatte am Donnerstag, 26. Mai 2011, deutlich. Die Abgeordneten bekräftigten zwar, dass die Angleichung ein wichtiges Ziel sei, lehnten aber auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales entsprechende Anträge von Bündnis 90/Die Grünen (17/5207, 17/5961) und der Linksfraktion (17/4192, 17/5962) ab. Der Antrag der Linken "für eine gerechte Angleichung der Renten in Ostdeutschland" wurde mit 503 Nein-Stimmen bei 63 Ja-Stimmen in namentlicher Abstimmung abgelehnt.
Für die Unionsfraktion sagte der Berichterstatter für die Rentenversicherung, Frank Heinrich, der Koalitionsvertrag bekenne sich klar zu dem Ziel einheitlicher Renten. Es handele sich dabei aber um eine "komplexe, äußerst sensible Materie“, bei deren Behandlung man konsensorientiert vorgehen müsse. Während sich der Durchschnittslohn Ost in den vergangenen Jahren auf 85 Prozent des Durchschnittslohns West erhöht habe, betrage der Rentenwert Ost schon 89 Prozent des Rentenwerts West.
Heinrich dankte den Ggrünen für ihren Antrag, der wichtige Vorschläge enthalte. Die Vorschläge der Linken hingegen würden zu neuen "Gerechtigkeitsverwerfungen“ führen. Er kündigte an, die Koalition werde bis Mitte der Legislatur, also diesen September, ein eigenes Konzept vorlegen, das ausgewogen und "finanziell durchdacht“ sein werde.
Pascal Kober, Obmann der FDP-Fraktion für Arbeit und Soziales, sagte, er sei froh, dass das Ziel eines einheitlichen Rentenrechts Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hab. Es bestehe "Handlungsbedarf“ und es sei an der Zeit, die "deutsche Einheit auch im Rentenrecht“ zu vollenden.
Der Vorschlag der Grünen liege zwar "sehr nah“ an dem, was auch die Koalition wolle, Mit der FDP sei aber etwa die geforderte Garantierente nicht zu machen, denn diese würde das geltende Äquivalenzprinzip verletzen. Er verstehe, dass sich in der derzeitigen Situation sowohl Rentner in Ost- als auch Rentner Westdeutschland ungerecht behandelt fühlten.
Silvia Schmidt, in der SPD-Fraktion verantwortlich für die Rentner in Ostdeutschland, betonte, es gehe bei der Angleichung der Rentenwerte um die "Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse“: Unterschiedliche Rentenwerte seien heute "nicht mehr vermittelbar".
Ihre Fraktion fordere vor allem, dass Pflege- und Kindererziehungszeiten in Ost und West gleich angerechnet würden; es gebe keinen Grund dafür, gleiche Tätigkeiten bei der Versicherungszeit unterschiedlich zu bewerten. Die SPD werde noch vor der Sommerpause einen Vorschlag für einen Härtefallfonds einbringen.
Für die Fraktion Die Linke warf der Sozialexperte Matthias W. Birkwald den Grünen vor, zwar das Richtige zu wollen, aber mit ihren Vorschlägen das "Zwei-Klassen-System“ im Rentenrecht zu zementieren und letztlich dafür zu sorgen, dass die Ostrenten "um keinen Cent“ steigen würden. Dies sei nicht gerecht.
Gleiche Renten in Ost und West seien ein "zentrales einheitspolitisches Versprechen“ gewesen, dass "jetzt endlich eingelöst" werden müsse.
Für die Grünen warf der rentenpolitische Sprecher der Fraktion Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn den anderen Fraktionen Untätigkeit vor: Während Die Linke sich fünf Jahre Zeit nehmen wolle, um ihre Forderungen umzusetzen, wolle die SPD noch schwammiger auf eine Angleichung der Löhne in Ost und West warten, während er bei der Koalition gar nicht erkennen könne, auf welchen Weg sie sich gemacht habe. Der Antrag der Grünen sei schon erfolgreich, wenn er diese Prozesse beschleunigen könne.
Strengmann-Kuhn betonte, man setze sich für eine Garantierente ein, um der "Altersarmutswelle“, die sich bereits in Bewegung gesetzt habe, Einhalt zu gebieten. Man könne anders als von der Linken gefordert auf eine Höherbewertung der Ostlöhne bei der Rentenberechnung verzichten, wenn die Rentenwerte angeglichen werden. (suk)