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Die Situation von Praktikanten mit Hochschulabschluss ist schwierig, auch wenn davon keine ganze Generation betroffen ist. Darin war sich die Mehrheit der Sachverständigen bei einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung unter Vorsitz von Ulla Burchardt (SPD) am Mittwoch, 29. Juni 2011, einig. Uneinigkeit herrschte jedoch, ob weitergehende gesetzliche Regelungen die Situation verbessern könnten. Während sich etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) klar dafür aussprach, widersprach vor allem der Vertreter der Deutschen Arbeitgeberverbände.
Bettina König von fairwork e.V., einem Verein, der sich für einen fairen Berufseinstieg einsetzt, begann mit dem Beispiel eines Unternehmens aus Leipzig, das ein zwölfmonatiges Praktikum für Hochschulabsolventen angeboten hat. In den ersten drei Monaten sei keine Vergütung vorgesehen gewesen, danach habe sie bei 250 Euro im Monat gelegen.
Angebote wie diese beträfen zwar keine ganze Generation, stellte König klar. Dennoch: "Für viele Absolventen sind sie Realität.“ König sprach sich dafür aus, Lern- und Arbeitsverhältnisse klar zu trennen. Praktika müssten gesetzlich definiert werden und Ziele ebenso verpflichtend festgelegt werden wie eine zeitliche Begrenzung.
Die Vergütung von Absolventen müsste zudem bei 8,50 Euro pro Stunde liegen. Zudem sei es wichtig, Absolventen mehr Berufseinstiegsprogramme wie Volontariate und Trainees anzubieten.
Skeptisch gegenüber gesetzlichen Regelungen gab sich Karl-Heinz Minks von der HIS Hochschul-Informations-System GmbH. Das Bewusstsein für gute Praktika lasse sich nicht gesetzlich verordnen, betonte er. Würden die vorhandenen Gesetze angewendet, reiche das aus.
Minks wies vor allem auf die schwierige Situation von Bachelor-Absolventen hin. Gegenüber dem Jahr 2005 sei der Anteil der Praktikanten von Absolventen traditioneller Abschlüsse zurückgegangen, der Anteil von nach dem Bachelorstudium begonnenen Praktika liege jedoch deutlich höher. Die Bezahlung sei in der Regel "einigermaßen ordentlich“, sagte Minks.
Allerdings würden 30 Prozent der Praktika gar nicht vergütet - vor allem im öffentlichen Dienst, bei sozialen Dienstleistungen und Schulen. Gleichzeitig warnte Minks vor zu hoch vergüteten Praktika, die unter Umständen Scheinpraktika zur Verdeckung deregulierter Erwerbsarbeit sein könnten.
Nach Angaben von Martina Rebien, Vertreterin des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, werden in Deutschland jährlich 600.000 Praktika in 300.000 Betrieben absolviert. In den Jahren 2006 bis 2010 seien durchschnittlich zwei Prozent aller Neueinstellungen aus Praktika hervorgegangen.
Gleichwohl gebe es Anzeichen, dass Praktika von den Arbeitgebern nicht als Chance für den Berufseinstieg angeboten, sondern als Ersatz für regulär Beschäftigte genutzt würden. In diesem Fall sei eine weitergehende Regulierung gerade für Absolventen sinnvoll.
Bei Praktika während des Studiums oder der Ausbildung sei eine zu restriktive Regulierung jedoch hinderlich, warnte Rebien. Diese würden unter anderem das Risiko bergen, dass die Betriebe sich mit den Angeboten von Praktika fortan zurückhielten.
Vor allem Akademiker hätten zunehmend Schwierigkeiten mit einem reibungslosen Berufseinstieg, betonte René Rudolf vom DGB-Bundesvorstand. Laut einer DGB-Studie in Zusammenarbeit mit der Hans-Böckler-Stiftung hätten 38 Prozent der Befragten nach Ende des Studiums mindestens ein Praktikum oder eine praktikumsähnliche Beschäftigung absolviert. Die meisten erhofften eine anschließende Anstellung, jedoch erfülle sich diese Hoffnung nur für knapp jeden Fünften.
Der Missbrauch von Praktika habe sich seit 2007 zudem als "prekäres Element beim Berufseinstieg etabliert“, sagte Rudolf. Jedes fünfte Praktikum werde durch Sozialleistungen mitfinanziert. Grundsätzlich wertete er Praktika zur beruflichen Qualifizierung und Orientierung als positiv. Jedoch müssten sie klar als Lernverhältnis definiert, zeitlich begrenzt und mit einer Aufwandsentschädigung von 300 Euro vergütet werden.
Deutlich gegen eine gesetzliche Regelung sprach sich Jürgen Wuttke von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände aus. Bei einer stärkeren Regulierung und den damit verbundenen höheren Kosten würden vor allem Praktika für praxisferne Absolventen wegfallen.
Jedoch seien gerade diese Praktika wichtig, um den Sprung auf den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Es sei eine falsche Annahme, dass alle Absolventen sofort in einem Unternehmen einsetzbar sind, betonte Wuttke.
Grundlage des Fachgesprächs waren Anträge der SPD "Mehr Fairness beim Berufseinstieg - Rechte der Praktikanten und Praktikantinnen stärken" (17/3482), von Bündnis 90/Die Grünen, faire Bedingungen in allen Praktika zu garantieren (17/4044), und der Linksfraktion, den Missbrauch von Praktika gesetzlich zu stoppen (17/4186). (tyh)