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Die Bundesrepublik soll Gewährleistungen bis zu gut 211 Milliarden Euro im Rahmen der bis Mitte 2013 befristeten Zweckgesellschaft „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität" (EFSF) zur Verfügung stellen. Damit wird der bisherige Gewährleistungsrahmen Deutschlands um gut 88 Milliarden Euro aufgestockt, wie es im Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (17/6916) heißt. Der Gesetzentwurf ist Gegenstand einer zweistündigen Debatte im Bundestag am Donnerstag, 8. September 2011, ab 9 Uhr. Im Anschluss an die erste Lesung soll er zusammen mit einem Antrag von CDU/CSU und FDP (17/6945), die Parlamentsrechte im Rahmen zukünftiger europäischer Stabilisiserungsmaßnahmen zu sichern und zu stärken, zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen werden.
Angesichts der fortdauernden angespannten Situation auf den Finanzmärkten seien die Staats- und Regierungschefs der Eurozone und die EU-Organe am 21. Juli übereingekommen, die Wirksamkeit der EFSF zu erhöhen und sie mit zusätzlichen, flexibleren Instrumenten auszustatten, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Vorgesehen ist, dass die EFSF künftig unter Auflagen zugunsten eines Mitglieds der Eurozone vorsorglich eine Kreditlinie bereitstellen, Darlehen zur Refinanzierung von Finanzinstituten gewähren und bei außergewöhnlichen Umständen auf dem Finanzmarkt und bei Gefahren für die Finanzstabilität Anleihen eines Euro-Mitgliedstaates kaufen kann, um „Ansteckungsgefahren" zu verhindern.
Jede Maßnahme zum Erhalt der Zahlungsfähigkeit eines Euro-Mitgliedstaates werde auch künftig nur dann gewährt, wenn dies erforderlich ist, um die Finanzstabilität der gesamten Eurozone zu wahren, schreiben die Fraktionen. Alle erforderlichen Finanzhilfen seien mit strengen Auflagen verbunden, die der „makroökonomischen Situation des betroffenen Landes" angemessen sind.
Die EFSF war am 7. Juni 2010 von den Euro-Staaten mit dem Ziel gegründet worden, mit Krediten von bis zu 440 Milliarden Euro eine drohende Zahlungsunfähigkeit von Euro-Mitgliedstaaten abzuwenden. Um die Refinanzierung am Kapitalmarkt abzusichern, erhält die EFSF Garantien von den Euro-Staaten.
Am 11. März 2011 hatten die Staats- und Regierungschefs der Eurozone beschlossen, bis zum Auslaufen der EFSF zum 30. Juni 2013 und der damit verbundenen Schaffung eines dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) die maximale Darlehenskapazität von 440 Milliarden Euro in vollem Umfang bereitzustellen.
Um die Refinanzierung dieses maximalen effektiven Ausleihvolumens am Kapitalmarkt abzusichern, ist es nach Angaben von Union und FDP erforderlich geworden, den maximalen Garantierahmen der Euro-Mitgliedstaaten anzuheben.
Ebenso habe man sich am 11. März darauf verständigt, dass die EFSF neben der Kreditvergabe auch Anleihen eines Euro-Staates auf dem Primärmarkt aufkaufen kann – allerdings nur in Ausnahmefällen unter strengen Auflagen, um die Finanzhilfe kosteneffizient zu gestalten. Über die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen sollen die Euro-Mitgliedstaaten einstimmig entscheiden.
Weiter heißt es in dem Gesetzentwurf, Aufkäufe von Staatsanleihen eines Euro-Staates würden nur getätigt, wenn die Europäische Zentralbank nach einer Analyse bestätigt, dass „außergewöhnliche Umstände auf den Finanzmärkten vorliegen". Die Euro-Staaten haften anteilig bis zu den zugesagten Obergrenzen für Garantien an die EFSF, nicht gesamtschuldnerisch.
Union und FDP formulieren in ihrem Antrag Leitlinien zu den Beteiligungsrechten des Parlaments. So soll die vorherige Zustimmung des Bundestages zu entscheidungen im Rahmen der EFSF, die zu einer Übernahme oder Veränderung von Gewährleistungen im Rahmen des Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes führen, erforderlich sein.
Ebenso sollen die operativen Richtlinien der EFSF vom Haushaltsausschuss gebilligt werden müssen, bevor der deutsche Vertreter im EFSF.Gremium den EFSF-Leitlinien für die Anwendung der neuen Instrumenteder zustimmen darf. Der Haushaltsausschuss soll auch Änderungen an den Bedingungen für laufende Programme zustimmen müssen.
Darüber hinaus verlangen die Fraktionen, dass der Haushaltsausschuss zeitnah und umfassend über alle operativen Entscheidungen der EFSF im Rahmen des jeweiligen Gewährleistungsrahmens informiert wird. Dem Plenum des Bundestages soll es unbenommen bleiben, die genannten Befugnisse des Haushaltsausschusses an sich zu ziehen und durch einfachen Beschluss auszuüben, solange der Haushaltsausschuss noch nicht entschieden hat. (vom)