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Die europäische Finanzkrise ist für Dr. Gregor Gysi die größte Herausforderung im neuen Jahr. "Wir dürfen es der amtierenden Bundesregierung nicht durchgehen lassen, dass sie sich bis zu den Bundestagswahlen durchwurschtelt und wichtige Entscheidungen hinauszögert", betont der Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Interview. Die Linke werde auch Fragen der Steuergerechtigkeit, der Altersarmut und der prekären Beschäftigung thematisieren. Das Interview im Wortlaut:
Herr Gysi, was war aus Ihrer Sicht der wichtigste Erfolg der Linksfraktion im Jahr 2012?
Mit dem Göttinger Parteitag der Linken im Juni 2012 und der Wahl einer neuen Parteispitze wurde das Kapitel der Selbstbeschäftigung beendet und sich wieder auf das konzentriert, wozu Parteien eigentlich existieren sollten: Politik im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu machen, Alternativen zur schwarz-gelben Regierungspolitik anzubieten. Von der Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns, einer wirksamen Bekämpfung von Altersarmut bis zur Forderung nach der Erhebung einer Millionärsteuer als Vermögensteuer und der Einführung einer Finanztransaktionsteuer, um die Verursacher der Finanzkrise auch an deren Kosten zu beteiligen ist es der Linken gelungen, ihre wichtigen Anliegen, die vor Jahren noch von den anderen Parteien belächelt oder ignoriert wurden, in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu rücken.
Was halten Sie für die größte Herausforderung in diesem Jahr? Welche thematischen Schwerpunkte will Ihre Fraktion 2013 setzen?
Zweifellos die europäische Finanzkrise. Wir dürfen es der amtierenden Bundesregierung nicht durchgehen lassen, dass sie sich bis zu den Bundestagswahlen durchwurschtelt und wichtige Entscheidungen hinauszögert, um die Bürgerinnen und Bürger im Unklaren darüber zu lassen, in welcher Höhe sie als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler an den Kosten der Finanzkrise beteiligt werden sollen. Deshalb versucht die Bundeskanzlerin derzeit alles, eventuelle Kosten mit allerlei Umgehungstricksereien, etwa über die Europäische Zentralbank, für weitere Bankenrettungsaktionen in Griechenland zu verschleiern. Darüber hinaus wird Die Linke die Fragen der Steuergerechtigkeit, der zunehmenden Altersarmut und der zugenommenen prekären Beschäftigung thematisieren. Auch vor dem Hintergrund eines nachlassenden Wirtschaftswachstums brauchen wir ein Umsteuern auf eine Stärkung der Binnennachfrage: durch die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro die Stunde, durch die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes auf 500 Euro ohne Sanktionen, durch höhere Renten und den Verzicht auf die Rente erst ab 67 und – für Ostdeutschland – endlich eine Angleichung der Renten Ost an das Westniveau.
Welche Ziele werden Sie als Fraktionsvorsitzender verstärkt verfolgen? Gibt es ein Thema, für das Sie sich persönlich besonders einsetzen wollen?
Ich werde meine ganze Kraft dafür einsetzen, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, die Linke zu wählen, denn der Bundestag hat eine starke Linke im Parlament nicht nur verdient, sondern auch bitter nötig. Denn nur auf diese Weise können Veränderungen wie die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns erreicht werden. Und ganz persönlich hoffe ich, dass es endlich einen Durchbruch für einen Frieden im Nahen Osten, für eine Zweistaatenlösung, einen jüdischen Staat Israel und einen lebensfähigen Staat Palästina, geben wird. Ich gebe zu, dass Die Linke dazu einen nur äußerst begrenzten Beitrag leisten kann. Der Schlüssel für eine Lösung liegt auch beim alten und neuen amerikanischen Präsidenten.
(hau/02.01.2013)