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Die Gefahr von gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch elektromagnetische Felder wird von Experten unterschiedlich bewertet. Bei einer Anhörung zur Verordnung der Bundesregierung zur Änderung der Vorschriften über elektromagnetische Felder und das telekommunikationsrechtliche Nachweisverfahren (17/12372) am Mittwoch, 27. Februar 2013, sahen die eingeladenen Sachverständigen daher auch unterschiedlichen Handlungsbedarf für mögliche Änderungen des Regelungswerks durch den Gesetzgeber.
Kontrovers erörtert wurde in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unter Vorsitz von Eva Bulling-Schröter (Die Linke)auch die Frage, inwieweit es einen Zusammenhang zwischen niederfrequenter Strahlung und dem Auftreten von Leukämie bei Kindern gebe.
Die Verordnung sieht vor, dass im Gegensatz zur bisherigen Regelung nicht nur gewerblich betriebene Funkanlagen, sondern auch private und hoheitlich betriebene Anlagen erfasst werden. Außerdem wurde in der Verordnung die 2010 von der Internationalen Strahlenschutzkommission überarbeitete Grenzwertempfehlung für elektromagnetische Felder berücksichtigt.
Dr. Christoph Dörnemann von der Deutschen Kommission für Elektrotechnik begrüßte, dass sich die Verordnung bei der Festsetzung von Grenzwerten "am aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse" orientiert habe. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass sich Vorsorgeüberlegungen nicht allein darauf beschränken könnten, das Risiko von elektromagnetischen Feldern abzuschätzen, sondern im Zusammenhang mit dem Netzausbau auch andere Kriterien berücksichtigen müssten.
Als Vertreter des Bundesamtes für Strahlenschutz, das wissenschaftliche Erkenntnisse über elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder bewertet, erklärte Rüdiger Matthes, es sei positiv, dass die Novelle jetzt auch Regelungen für Gleichstromanlagen vorsehe. Sie seien für den geplanten Netzausbau essenziell. Niederfrequente elektrische und magnetische Felder entstünden dabei im Bereich der Stromnetze durch Übertragungs- und Verteilungsleitungen sowie auch bei Transformatoren oder elektrifizierter Bahntrassen. "Wir sollten aber nicht vergessen, dass vergleichbare Felder auch in Haushalten stattfinden", sagte er.
Auf die Frage über die gesundheitlichen Wirkungen von elektromagnetischer Felde führte Matthes aus, dass akute biologische Wirkungen niederfrequenter elektrischer und magnetischer Felder wissenschaftlich belegt seien. Was ihre chronischen Wirkungen anbelangt, wies er darauf hin, dass es Befunde aus medizinstatistischen Untersuchungen gebe, die "einen möglichen Zusammenhang zwischen einer dauernden Exposition mit schwachen, im Alltag auftretenden niederfrequenten Magnetfeldern, und einem erhöhten Auftreten kindlicher Leukämie" zeigten.
Einschränkend sagte er, dass es bei den Studien Schwächen gebe. Daher sei bei einer Abwägung verschiedener Studien die wissenschaftliche Befundlage nicht ausreichend, um einen Kausalzusammenhang herzustellen. Die Befunde seien aber ausreichend, "um eine Besorgnis zu begründen", erklärte er.
Bei neuen Stromtrassen sollten nach Auffassung von Matthes Wohngebiete gemieden werden. Auch hierzu gab es bei der anschließenden Diskussion unterschiedliche Einschätzungen. Während Dr. Hans-Peter Neitzke vom Ecolog-Institut bei Freileitungen einen Abstand von 400 Metern vorschlug, sprach sich Prof. Dr. Wilfried Kühling vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) für eine Begrenzung von 600 Metern aus.
Prof. Dr. Norbert Leitgeb von der Universität Graz machte darauf aufmerksam, dass in dem Entwurf neue Feldquellen wie zum Beispiel Anlagen zur Diebstahlsicherung oder zur induktiven Energieübertragung etwa für Ladestationen für Elektroautos noch nicht erfasst worden sein.
Auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch elektromagnetische Felder ging auch Prof. Dr. Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien ein. Er sagte, eine zentrale Frage sei, "inwieweit Grenzwerte ausreichend schützen", und beklagte, dass "viel Desinformation vorherrsche". Seiner Meinung nach schützen Grenzwerte vor akuten Wirkungen, bieten aber keinen Schutz vor langfristigen Auswirkungen. Er sprach sich daher für eine Absenkung der Grenzwerte nach Schweizer Vorbild aus.
Auch Professor Wilfried Kühling bemängelte, dass es in der Novelle keine neue Anpassung an wissenschaftliche Erkenntnisse gebe und wies darauf hin, dass der Vorsorgegrundsatz umgesetzt werden müsse. Er forderte zudem, eine Sanierungsklausel für Altanlagen in die Verordnung aufzunehmen. Hans-Peter Neitzke machte deutlich, dass man bei Freileitungen zum Teil Werte erreiche, "die in Wohnungen ohnehin erreicht würden". An einem Wert von 0,1 Microtesla "kommt man nicht vorbei", sagte er. Man sei daher, in dem, was man machen könne, "begrenzt". (as/27.02.2013)