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Der Nationale Radverkehrsplan 2020 der Bundesregierung findet bei Experten weitgehend Zustimmung. Allerdings wird eine größere Beteiligung des Bundes bei der Finanzierung von Radwegen sowie mehr institutionelle Unterstützung gefordert. Dies wurde am Mittwoch, 24. April 2013, in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unter Vorsitz von Dr. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) deutlich.
Grundlage der Anhörung war der Bericht der Bundesregierung "Nationaler Radverkehrsplan 2020 – Den Radverkehr gemeinsam weiterentwickeln" (17/10681). Danach nimmt die Zahl der Radfahrer zu.
Für die Fahrradnutzung im Jahr 2020 prognostiziert die Regierung im ländlichen Raum eine Steigerung von derzeit acht auf 13 Prozent, in städtischen Kommunen von elf auf 16 Prozent.
Weiter ging es um einen Antrag der SPD-Fraktion (17/11000). Darin fordern die Abgeordneten, den Plan zu überarbeiten. Er sollte den unterschiedlichen Entwicklungsstufen des Radverkehrs in den Regionen gerecht werden und differenzierte Förderansätze beinhalten.
Die SPD empfiehlt, für den Bau von Radwegen an Bundesfernstraßen 100 Millionen Euro in der mittelfristigen Finanzplanung festzuschreiben. Dies fordert auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (17/11357), die den Radverkehrsplan zum "ambitionierten Aktionsplan der Radverkehrsförderung" weiterentwickeln wollen.
Timm Fuchs von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) betonte in der Anhörung, dass der Plan viele Ansätze zur Radverkehrsförderung enthalte. Er sei ein gutes Leitbild für den Ausbau der Radverkehrsnetze und eine gute übergeordnete Grundlage für die Radverkehrsförderung der kommenden Jahre.
Es sei besonders zu begrüßen, dass Wert auf gemeinsame Lösungsstrategien und Handlungsnotwendigkeiten von Bund, Ländern und Kommunen sowie dritter gesellschaftlicher Akteure gelegt werde – statt Kompetenzen und Zuständigkeiten gegeneinander abzugrenzen.
Weiter begrüßte er, dass der Radverkehrsplan weiterhin den Charakter eines orientierten politischen Zielpapiers habe und nicht anstrebe, eine verpflichtende Vorgabe für das politische Handeln in der Verkehrspolitik zu sein.
Deshalb seien auch die beiden Fraktionsanträge als Bekenntnis zur Weiterentwicklung des Radverkehrs in Deutschland und als Ausdruck des Willens, durch fachliche Diskussion die Rahmenbedingungen für verkehrspolitische Handeln auch der kommunalen Ebene zu unterstützen, positiv zu bewerten.
Tilman Bracher, Deutsches Institut für Urbanistik, forderte vom Bundestag konkrete Handlungs- und Finanzierungsschritte zu beschließen: Die Förderung des Radverkehrs könne nur gelingen, wenn es auch in erheblichem Umfang entsprechende zusätzliche Maßnahmen gebe.
Dazu zählte er vor allem die Finanzausstattung. Dabei hielt er die Forderung von SPD und Grünen nach Mittel von jährlich 100 Millionen Euro für den Neubau von Radwegen an Bundesstraßen für "plausibel". Die Bundesländer hätten gezeigt, dass sie Mittel dieser Größenordnung kurzfristig abrufen könnten.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Verkehrssicherheitsrates, Dr. Christian Kellner, befürchtete bei der prognostizierten Steigerung des Radverkehrs eine relative Zunahme der Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden.
Angesichts von 399 getöteten Fahrradfahrern, 14.426 schwerverletzten Radfahrern und insgesamt 76.351 bekannt gewordenen verletzten Fahrradfahrern im Jahr 2011 sei vor allem die Verkehrssicherheit für den Radverkehr insgesamt ein wichtiges Handlungsfeld. Um dieses zu erhöhen, seien große Anstrengungen aller Beteiligten notwendig.
Auch Wasilis von Rauch, Verkehrsclub Deutschland, kritisierte, dass das Bundesverkehrsministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung als Herausgeber des Radverkehrsplan den Ländern und Kommunen gute und wichtige Empfehlungen für die Fortentwicklung des Radverkehrs gebe, dabei aber seinen eigenen Gestaltungsspielraum bei weitem nicht ausschöpfe.
Zudem fehle es an bundesweit verbindlichen, ambitionierten Zielen und an den dafür notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen. Trotz erkennbaren politischen Willens zur Fahrradförderung sei die Umsetzung "unklar".
Auch Burkhard Stork vom Allgemein Deutschen Fahrrad-Club hielt es für notwendig, dass der Bund seine besondere Rolle in der Radverkehrsförderung ungleich stärker wahrnehmen solle und die Finanzausstattung "entscheidend" verbessert werden müsse.
So schlug er vor, Mittel der Radverkehrsförderung im Haushaltsansatz "offensiv" aufzuführen. Es sei ein falsches Signal gewesen, dass 2012 die Mittel für den Radwegebau an Bundesstraßen um 40 Prozent von 100 auf 60 Millionen Euro gekürzt worden seien.
Siegfried Neuberger, Zweirad-Industrie-Verband, forderte wie Tilman Heuser vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland klare, belastbare Aussagen zur Finanzierung der Radverkehrsförderung und die Festschreibung von 100 Millionen Euro für den Bau von Radwegen an Bundesstraßen in der mittelfristigen Finanzplanung.
Zudem müssten klare, messbare Ziele und Fristen festgelegt werden, um den Radverkehrsanteil in Deutschland nachhaltig zu erhöhen. Auch müsse der Anteil von E-Bikes im Straßenverkehr entsprechend berücksichtigt werden. Heuser sprach sich zudem für eine Regelgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern in geschlossenen Ortschaften aus, um die Radfahrsicherheit zu erhöhen. (mik/24.04.2013)