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Beim ersten Mal hat es noch nicht geklappt. Als Nummer 98 stand Ivan Bukovsky im vergangenen Jahr bei der Wahl zum Slowakischen Parlament auf der Kandidatenliste der Slowakischen Demokratischen und Christlichen Union. Gereicht hat es am Ende nur für die ersten elf auf der Liste. Doch der 27-Jährige nimmt es gelassen. "Ich stehe erst am Anfang meines politischen Engagements", sagt er. Und dass er noch viel zu lernen habe. Dazu hat er auch in den kommenden Monaten Gelegenheit. Der Slowake ist einer der 115 Teilnehmer am Programm des Internationalen Parlament-Stipendiums (IPS) des Bundestages. Bis Ende Juli arbeitet er im Büro des FDP-Abgeordneten Frank Schäffler.
Dass Ivan Bukovsky auf der Wahlliste der slowakischen Mitte-Rechts-Partei Aufnahme gefunden hat, ist in seinem kommunalpolitischen Engagement begründet. Seit 2010 ist er Abgeordneter der Gemeindeversammlung seiner Heimatgemeinde Gajary, rund 40 Kilometer von der Hauptstadt Bratislava an der österreichischen Grenze gelegen. Dort ist er Mitglied der Finanz- und Rechtskommission und Vorsitzender der Kommission für Bauangelegenheiten.
"Wir haben da einiges zum Guten bewegt", sagt er. Daher habe man ihn wohl auch auf die Kandidatenliste gesetzt, vermutet er. Allerdings musste seine Partei, die noch bis zur Wahl die Ministerpräsidentin gestellt hatte, Verluste hinnehmen. "Jetzt sind wir in der Opposition", sagt er und fügt ein "leider" hinzu.
Und dennoch: Ivan Bukovsky will künftig "in der Politik tätig sein". Der Schritt nach Berlin soll ihm dabei helfen. "Das war auch das Motiv, mich für das IPS zu bewerben. Ich wollte etwas anderes kennenlernen als das slowakische politische System", sagt er. Deutschland habe sich dabei angeboten, denn: "Die Slowakei ist mit Deutschland auch wirtschaftlich sehr eng verbunden. Auch was die Rechtsordnung angeht, so haben wir viele Sachen von Deutschland übernommen", macht er deutlich.
Ivan Bukovsky weiß, wovon er spricht. 2009 hat er sein Jurastudium erfolgreich abgeschlossen. Im Sommer 2012 folgte der Magisterabschluss im Bereich Politikwissenschaft und internationale Beziehungen. Den hat er erreicht, obwohl er seit 2010 eine Vollzeitstelle im Umweltministerium hatte. "Für das Studium musste ich da auch öfter mal Urlaub nehmen", erzählt er.
Verzichten musste er aber aufgrund dessen auf das "studentische internationale Umfeld". Nicht zuletzt deshalb ist er froh, am IPS teilnehmen und von dem großen Netzwerk profitieren zu können, auch wenn er dafür kündigen musste. "Mein beruflicher Weg sollte auch im internationalen Umfeld liegen", sagt der Slowake. Was nicht heißen soll, dass er in die weite Welt zu ziehen gedenkt: "Ich möchte in der Slowakei arbeiten." Am liebsten im Außenministerium, fügt er hinzu. Zuvor will er aber noch das Masterstudium für Europäisches Wirtschaftsrecht an der Universität Wien abschließen.
Im Bundestag wird er nun durch "seinen" Abgeordneten Frank Schäffler mit Themen wie Finanztransaktionssteuer und Bankenunion konfrontiert. "Damit habe ich mich zuvor noch nicht beschäftigt", räumt er ein. Doch genau das macht es für ihn interessant. "Ich habe ein sehr großes Interesse daran, etwas Neues zu lernen", sagt er. Mit Schäffler und seinen Mitarbeitern kommt er gut zurecht. "Sie sind sehr freundlich und geduldig mit mir", freut er sich.
Sprachliche Probleme gibt es nicht. Ivan Bukovsky spricht – wie alle IPSler – sehr gut Deutsch. Was wiederum mit der früher eher bescheidenen Qualität des slowakischen Fernsehangebots zu tun hat, wie er schmunzelnd erzählt. "Als Fünfjähriger habe ich angefangen Deutsch zu lernen, weil ich die Sendungen im österreichischen und deutschen Fernsehen verstehen wollte." Die Grundlagen für die deutsche Sprache – und damit auch den IPS-Aufenthalt in Berlin – waren gelegt.
Auf seinen ersten Eindruck vom deutschen Parlament angesprochen weist der 27-jährige Slowake zu allererst auf die vielen imposanten Bauten hin. "Unser Parlament besteht aus zwei Gebäuden", vergleicht er. Dazu kämen noch die guten Arbeitsbedingungen für die Parlamentarier. Das alles fasst er unter dem Begriff der "politischen Kultur" zusammen. Da gebe es in seiner Heimat noch Nachholbedarf.
Aber auch das Selbstverständnis der Politiker ist aus seiner Sicht ein anderes. Die Politiker, so seine Ansicht, sollten die Interessen der Wähler vertreten. Tatsächlich aber, so macht er am Beispiel des Verhältnisses von Slowaken und Ungarn deutlich, verfolgten sie eigene Interessen. "Das Verhältnis ist lange nicht so kritisch, wie es manchmal dargestellt wird", sagt er. Erst recht gelte das für die Bürger.
Einzelne Politiker hingegen würden "Streite anheizen, weil sie sich davon einen Vorteil versprechen". Ivan Bukovsky will hingegen die Gemeinsamkeiten betonen und nicht die Unterschiede. Daran will er festhalten, sollte er tatsächlich selbst einmal als Politiker Verantwortung übernehmen. Denn: "Man sollte seine Meinung nicht ändern, nur weil man auf einmal Politik macht." (hau/02.04.2013)