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Markus Grübel (CDU/CSU), Vorsitzender des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement © DBT/Melde
Der Vorsitzende des Unterausschusses "Bürgerliches Engagement", Markus Grübel (CDU/CSU), zieht ein positives Fazit der ablaufenden Legislaturperiode. "Der Unterausschuss hat mit seiner Arbeit ganz wesentlich dazu beigetragen, dass sich bürgerschaftliches Engagement als eigenes Politikfeld etabliert hat", sagt der Esslinger Abgeordnete im Interview. Im Mittelpunkt hätten das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes und das Gesetz zur Einführung des Bundesfreiwilligendienstes gestanden. Intensiv diskutiert worden sei auch über die nationale Engagementstrategie und den Ersten Engagementbericht der Bundesregierung. Als "vollen Erfolg" bezeichnet der Unionsabgeordnete den Bundesfreiwilligendienst. "Wir haben die Unkenrufe der Opposition, die ein Scheitern vorhergesagt haben, wiederlegt", betont er. Der Vorsitzende des Unterausschusses kann sich künftig auch die Einrichtung eines ständigen Ausschusses vorstellen. Schließlich sei die politische Relevanz des Themas "Bürgerschaftliches Engagement" nicht geringer als die der Themen "Sport" oder "Tourismus", für die es seit Langem eigene ständige Ausschüsse gibt. Das Interview im Wortlaut:
Herr Grübel, Sie haben in der zu Ende gehenden Legislaturperiode den Unterausschuss "Bürgerschaftliches Engagement" geleitet. Wie fällt das Fazit der Ausschussarbeit aus Sicht des Vorsitzenden aus?
Meine Bilanz fällt positiv aus. Der Unterausschuss hat mit seiner Arbeit ganz wesentlich dazu beigetragen, dass sich bürgerschaftliches Engagement als eigenes Politikfeld etabliert hat. In dieser Wahlperiode stand neben der inhaltlichen Befassung mit aktuellen Gesetzesvorhaben – wie dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes und dem Gesetz zur Einführung des Bundesfreiwilligendienstes – die Diskussion über die nationale Engagementstrategie und den Ersten Engagementbericht im Mittelpunkt. Darüber hinaus haben wir zahlreiche Expertengespräche zu unterschiedlichen Aspekten der Engagementpolitik durchgeführt. Dabei standen die Schwerpunktthemen "Demografischer Wandel", "Integration" und "Engagementfördernde Infrastruktureinrichtungen" im Fokus. Ferner ging es um das bürgerschaftliche Engagement von Jüngeren, von Älteren, von sozial Benachteiligten, aber auch von Unternehmen und Stiftungen. Auch mit bereichsübergreifenden Fragestellungen wie Monetarisierungstendenzen im bürgerschaftlichen Engagement, Sozialunternehmen und Wirkungsmessung von gesellschaftlichem Engagement haben wir uns beschäftigt.
Mit der Nationalen Engagementstrategie und dem "Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes" wurden in der 17. Wahlperiode wichtige politische Pfeiler gesetzt. Das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) hat daran allerdings einiges zu kritisieren. So seien die vom Nationalen Forum für Engagement und Partizipation erarbeiteten Ergebnisse nur bedingt in der Engagementstrategie abgebildet. Was entgegnen Sie der Kritik?
Ich teile diese Kritik nicht. Mit der nationalen Engagementstrategie hat die Bundesregierung erstmals Ziele und Grundsätze für eine nationale Engagementpolitik formuliert, die mit konkreten Maßnahmen zu fünf inhaltlichen Schwerpunkten durch die Ressorts unterlegt worden sind. So etwas hat es in dieser Form vorher nicht gegeben. Die Engagementstrategie hat zur besseren Koordinierung der Engagementförderung zwischen den Bundesministerien, aber auch zwischen Bund, Ländern und Kommunen beigetragen. Das Nationale Forum für Engagement und Partizipation war im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses vom Oktober 2010 eingerichtet worden, um inhaltliche Eckpunkte und Empfehlungen für eine nationale Engagementstrategie zu entwickeln. Dass bei einem solchen Beratungsprozess nicht alle Punkte übernommen werden, liegt aus meiner Sicht in der Natur der Sache. An diesem, aber auch an vielen anderen aktuellen Beispielen zeigt sich für mich, dass offensichtlich noch nicht hinreichend geklärt ist, wo die Potenziale, wo aber auch die Grenzen solcher Beteiligungsprozesse liegen. Sie können jedenfalls nach meiner festen Überzeugung nicht die Entscheidungen der repräsentativen Demokratie ersetzen.
Bemängelt wird außerdem, dass beim Engagementstärkungsgesetz die vom BBE empfohlene Stärkung des gemeinnützigen Zweckes der Engagementförderung und die damit verbundene steuerrechtliche Stärkung einer nachhaltigen, das Engagement fördernden Infrastruktur unterblieben seien. Zu Recht?
Was die Kritik am Ehrenamtsstärkungsgesetz angeht, möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke bereits durch das Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements im Jahr 2007 in den Zweckkatalog der Abgabenordnung aufgenommen worden ist. Der Streit dreht sich darum, ob bürgerschaftliches Engagement nur in Verbindung mit einem anderen der in Paragraf 52 der Abgabenordnung genannten Zwecke zur Erlangung des Gemeinnützigkeitsstatus führt, wie es das Bundesfinanzministerium sieht, oder ob es ein eigenständiger Zweck sein sollte, wie es das BBE und andere fordern. Einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage einer nachhaltigen engagementfördernden Infrastruktur sehe ich hier nicht. Denn deren Finanzierung scheitert nicht an der fehlenden Anerkennung des eigenständigen gemeinnützigen Zwecks "Bürgerschaftliches Engagement" in der Abgabenordnung, sondern an der angespannten Haushaltslage vieler Kommunen. Und an der Tatsache, dass der Bund – aus rechtlichen Gründen – nicht dauerhaft engagementfördernde Einrichtungen auf kommunaler Ebene fördern kann, wie das vielfach auch gefordert wird, sondern nur Modellprojekte für einen beschränkten Zeitraum.
Eine Neuerung in der Legislaturperiode ist auch der Bundesfreiwilligendienst (BFD), den Familienstaatssekretär Hermann Kues vor dem Unterrauschuss als "Nebenprodukt des Wegfalls der Wehrpflicht" bezeichnete. Zugleich sprach er von einer Erfolgsgeschichte. Wie lautet Ihre Bewertung?
Ganz klar: Der Bundesfreiwilligendienst ist ein voller Erfolg. Jetzt feiern wir zwei Jahre BFD. Ich kann mich noch gut an die Unkenrufe der Opposition erinnern, die ein Scheitern vorhergesagt haben. Wir haben das wiederlegt und die Zahlen sprechen für sich: 35.000 BFDler im ersten und zweiten Freiwilligenjahr sind ein großartiger Erfolg. Alle Plätze sind besetzt. Die Nachfrage ist weiterhin groß. Und mehr als 90.000 Freiwillige insgesamt in Deutschland sind ein historischer Rekord. Alle BFDler – ob Jung oder Alt – leisten einen großen Beitrag für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Seit dem Start des Bundesfreiwilligendienstes vor zwei Jahren wurden insgesamt mehr als 90.000 BFD-Vereinbarungen abgeschlossen. Dabei stellt die neue Zielgruppe der über 27-Jährigen mittlerweile einen Anteil von über 40 Prozent. Das Geschlechterverhältnis ist ausgewogen. Und auch die Jugendfreiwilligendienste gehen deutlich gestärkt aus dieser Entwicklung hervor: Mehr als 50.000 Jugendliche nutzen derzeit die Möglichkeit eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ), Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) oder Internationalen Jugendfreiwilligendienstes (IJFD). Wir haben auch kontinuierlich die Rahmenbedingungen verbessert, von der Einführung des Kindergeldanspruchs, dem Bundesfreiwilligendienstausweis bis zur steuerlichen Freistellung des Taschengeldes. Im Herbst werden die ersten Ergebnisse der gemeinsamen Evaluation von BFD, FSJ und FÖJ vorliegen. Wir werden diese als Basis für eine zielgerichtete Weiterentwicklung und Optimierung der Freiwilligendienste nutzen.
Sowohl die Opposition aber auch verschiedene Sachverständige warnen, dass Bund, Länder und Kommunen angesichts leerer Kassen das freiwillige Engagement ausnutzen könnten, um eigene Aufgaben kostengünstig auszulagern. Sehen Sie diese Gefahr auch?
Aus meiner Sicht darf bürgerschaftliches Engagement nicht zum "Ausfallbürgen" für leere Staatskassen werden, wobei ich eine solche Gefahr im Moment auch nicht sehe. Die Diskussion wird ja bereits seit Längerem geführt und nicht nur mit Blick auf Bund, Länder und Kommunen. Ich nenne beispielsweise das Stichwort "Arbeitsmarktneutralität" beim Bundesfreiwilligendienst oder missbräuchliche Fallgestaltungen bei Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale in Kombination mit Minijobs. Die Bundesregierung hat mehrfach – auch im Unterausschuss – betont, dass sie konkreten Hinweisen nachgeht, wenn sie ihr bekannt werden.
Wie geht es politisch gesehen in Sachen Engagementpolitik weiter? Das Bündnis für Gemeinnützigkeit sprach sich – ebenso wie das BBE – zuletzt dafür aus, den Unterausschuss zu einem regulären Ausschuss zu machen. Was halten Sie davon?
Ich habe in meiner Plenarrede zum Ehrenamtsstärkungsgesetz darauf hingewiesen, dass ich mir aufgrund der gewachsenen Bedeutung von bürgerschaftlichem Engagement und der Herausbildung als eigenständigem Politikfeld persönlich auch die Einrichtung eines ständigen Ausschusses vorstellen könnte. Denn die politische Relevanz des Themas "Bürgerschaftliches Engagement" ist gewiss nicht geringer als die der Themen "Sport" oder "Tourismus", für die es seit Langem eigene ständige Ausschüsse gibt, ohne dass sie ein direktes Pendant in Form eines eigenen Ministeriums haben. Auch auf der EU-Ebene gewinnt das Thema "Bürgerschaftliches Engagement" seit dem Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011 an Bedeutung. Von daher wäre die Einrichtung eines ständigen Ausschusses durchaus inhaltlich zu begründen. Die Diskussion in den letzten Unterausschusssitzungen hat im Übrigen gezeigt, dass diese Einschätzung auch von anderen Fraktionen geteilt wird.
Sollte es künftig außerdem – analog zu einem Kulturstaatsminister – auch einen Engagementstaatsminister geben?
In Bezug auf eine bessere Koordinierung der Engagementpolitik hat es auf Regierungsseite in dieser Legislaturperiode deutliche Fortschritte gegeben. Es gibt die bereits erwähnte nationale Engagementstrategie zur Abstimmung engagementpolitischer Vorhaben innerhalb der Bundesregierung. Nach deren Verabschiedung wurde zudem ein regelmäßig tagender Ressortkreis Engagementpolitik unter Federführung des Familienministeriums eingerichtet. Seit Juni 2011 werden darüber hinaus die internationalen Freiwilligendienste der Bundesregierung in einer interministeriellen Arbeitsgruppe der beteiligten Bundesministerien koordiniert und abgestimmt. Ob darüber hinaus die Etablierung eines Engagementstaatsministers sinnvoll ist und wo dieser angesiedelt werden sollte, muss man noch sorgfältig abwägen. Unabhängig davon wird die Förderung von bürgerschaftlichem Engagement im jeweiligen politischen Zuständigkeitsbereich der einzelnen Ressorts weiterhin von Bedeutung bleiben.
Ob Unterausschuss oder regulärer Ausschuss – können Sie sich vorstellen, das Gremium auch in den kommenden vier Jahren zu leiten?
Dazu muss ich erst wiedergewählt werden. Prinzipiell kann ich es mir aber vorstellen!
(hau/08.07.2013)