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Die Oppositionsfraktionen haben ihre Forderung nach einem Rücktritt von Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) wegen des gestoppten Rüstungsprojektes "Euro Hawk" erneuert. Der Minister habe entgegen seiner Darstellung bereits vor dem 13. Mai dieses Jahres gewusst, dass die Aufklärungsdrohne keine Zulassung für die Teilnahme am Luftverkehr erhalten werde. "Dieser Minister wollte die Öffentlichkeit hinter die Fichte führen", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, am Montag, 2. September 2013, in der Debatte über den Bericht des Untersuchungsausschusses zum "Euro Hawk" (17/14650). In diesem Sinne äußerten sich auch die Verteidigungspolitiker Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) und Jan van Aken (Die Linke).
Parlamentarier der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP hingegen wiesen die Anschuldigungen und die Rücktrittsforderung zurück. Der Untersuchungsausschuss habe "keinen einzigen Beweis" dafür finden können, dass de Maizière bereits vor dem 13. Mai über "unlösbare Probleme" beim "Euro Hawk" informiert gewesen sei, sagte der CDU-Verteidigungspolitiker Markus Grübel. Wer etwas anderes behaupte, "hat entweder keine Ahnung oder ist bösartig".
Auch sein Kollege von der FDP, Joachim Spatz, betonte, dass de Maizière durch sein Ministerium vorher immer nur über Probleme unterrichtet worden sei, an deren Lösung gearbeitet werde.
Nach Ansicht von Grübel und Spatz kann das Projekt "Euro Hawk" nicht gänzlich als gescheitert angesehen werden. Immerhin sei das deutsche Aufklärungssystem "Isis", das in die Drohne integriert werden sollte, funktionstüchtig und könne in ein anderes Trägersystem eingebaut werden, argumentierte Grübel. Im Gegensatz zu gescheiterten Rüstungsprojekten in der Vergangenheit habe de Maizière mit seiner Entscheidung weitere Kosten verhindert.
Grübel und Spatz wiesen darauf hin, dass das Projekt "Euro Hawk" bereits in der rot-grünen Regierungszeit auf den Weg gebracht worden sei. Viele der Probleme des "Euro Hawk" seien in dieser Zeit zu finden. So seien die Zulassungsprobleme bereits damals bekannt gewesen, aber es sei nichts unternommen worden, um sie frühzeitig zu lösen, sagte Spatz.
SPD, Grüne und Linke hingegen attestierten de Maizière Führungsversagen. Er habe sich nicht ausreichend um das Projekt gekümmert. Im Gegensatz zu seiner Ankündigung bei Amtsantritt habe de Maizière die Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr eben nicht alle auf den Prüfstand gestellt, bemängelte Nouripour. Arnold bezweifelte zudem, dass das Aufklärungssystem "Isis" in ein anderes Flugsystem integriert werden könne. Somit seien mehr als 600 Millionen Euro "in den Sand gesetzt" worden.
Für die Linke kritisierte van Aken das Projekt aber auch prinzipiell. Der "Euro Hawk" sei für Auslandseinsätze der Bundeswehr und somit für die weitere Militarisierung der deutschen Außenpolitik konzipiert worden. Zudem sei geplant gewesen, die Aufklärungsdrohne auch im Inland, zum Beispiel zur Überwachung des Mobilfunks, einzusetzen. Die Drohne sei ein "großer Datenstaubsauger", sagte van Aken.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Dr. Susanne Kastner (SPD), hatte den rund 650 Seiten umfassenden Bericht am 2. September an Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert übergeben. Der Verteidigungsausschuss hatte sich Ende Juni als Untersuchungsausschuss konstituiert Er sollte aufklären, aus welchen Gründen das Rüstungsprojekt "Euro Hawk" eingestellt wurde und zu welchem Zeitpunkt Minister de Maizière über die Probleme des Vorhabens informiert war.
In acht öffentlichen Sitzungen hatte der Ausschuss insgesamt 18 Zeugen vernommen, darunter neben de Maizière auch seine Amtsvorgänger Rudolf Scharping (SPD) und Dr. Franz Josef Jung (CDU). Zudem vernahm der Ausschuss verschiedene Vertreter des Ministeriums und der für die Luftfahrtzulassung zuständigen Behörden sowie Vertreter der am Rüstungsprojekt beteiligten Firmen Northrop Grumman und EADS-Cassidian.
Das Projekt "Euro Hawk" war im Mai 2013 durch das Verteidigungsministerium gestoppt worden, nachdem sich herausgestellt hatte, dass eine Zulassung der Aufklärungsdrohne voraussichtlich weitere 600 Millionen Euro kosten würde und dass selbst dann eine Musterzulassung nicht garantiert sei.
Zu diesem Zeitpunkt waren bereits rund 668 Millionen Euro in das Projekt geflossen. In der Konsequenz verzichtete das Ministerium auf die ursprünglich geplante Beschaffung von fünf weiteren Drohnen für die Bundeswehr. (aw/02.09.2013)
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