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Wer in einem Ghetto der Nationalsozialisten gearbeitet hat, soll schnell und ohne Einschränkungen eine Rente bekommen. Das macht der Beschluss des Bundestages zu einem Gesetzentwurf (18/1308) der Bundesregierung zu den sogenannten Ghettorenten möglich. Er wurde am Donnerstag, 5. Juni 2014, einstimmig verabschiedet. Einem Entschließungsantrag der Linksfraktion (18/1661) verweigerten die Koalitionsfraktionen die Zustimmung. Das Plenum folgte damit einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (18/1649).
Die Parlamentarische Staatssekreärin im Arbeits- und Sozialministerium, Gabriele Lösekrug-Möller (SPD), sagte, das Gesetz mache „nichts gut“ von dem Schrecken, den die Nationalsozialisten in den Jahren 1933 bis 1945 verbreitet haben, und lindere nicht „das unermessliche Leid“ von Millionen von Menschen. Es sei aber ein „wichtiges Zeichen der Anerkennung“.
Ab dem 1. Juli 2014 könnten Ghettorenten rückwirkend ab Mitte 1997 ausgezahlt werden. Ehemalige Ghettorentner könnten dabei selbst entscheiden, ob sie eine Nachzahlung zu ihrer bisherigen Rente oder ob sie die Rente neu berechnen lassen wollen.
Für die Unionsfraktion sagte Peter Weiß (CDU/CSU) sagte, damit werde die „eigentliche Absicht des Gesetzgebers“, der 2002 die Zahlung von Ghettorenten beschlossen habe, umgesetzt. Auch diejenigen, die es versäumt hätten, einen Antrag zu stellen, könnten nun eine Rente ohne die vierjährige Rückwirkungsfrist beziehen. Es sei auch gut, dass nun auch Witwen und Witwer ehemaliger Ghettoarbeiter einen Anspruch hätten.
Weiß begrüßte es, dass Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bereits in Gesprächen mit Polen darüber sei, wie es gelingen könnte, dass auch ehemalige Ghettoarbeiter aus Polen eine Rente beziehen können. Momentan stehe dem das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen entgegen.
Für die SPD betonte Kerstin Griese, die Betroffenen hätten „jahrzehntelang eine Rente gefordert“ und keine Entschädigung gewollt. Damit werde nun „mehr Gerechtigkeit“ geschaffen.
Auch die Oppositionsfraktionen zeigten sich erfreut über den Entwurf. Er danke Ministerin Nahles und der Bundesregierung dafür, dass sie sich „im Gegensatz zu ihren Vorgängerregierungen“ dem Problem gestellt und eine schnelle Lösung gefunden hätten und dabei auch die Vorschläge seiner Fraktion übernommen hätten, sage Matthias W. Birkwald (Die Linke).
Damit werde die „unrühmliche zwölfjährige Vorgeschichte“ des Gesetzes beendet. Es bestehe nun nur noch eine gesetzgeberische Lücke: dass aufgrund des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommens aus dem Jahr 1975 polnische ehemalige Ghettoarbeiter bislang keine Ghettorente erhalten. Er bitte darum, so Birkwald, diesen „letzten schweren Stein aus dem Weg“ zu räumen.
Der sozialpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn nannte es „durchaus beschämend“, dass es seit dem Bundestagsbeschluss zu den Ghettorenten zwölf Jahre gedauert habe, bis dieser vollständig umgesetzt werde. Man könne sich dafür bei den Betroffenen, von denen in der Zwischenzeit viele verstorben seien, „nur entschuldigen“. Man habe im Bundestag lange um eine Lösung gerungen und sei vor einem Jahr schon kurz davor gewesen.
Eine Einigung sei aber an der Frage gescheitert, ob die Aufschläge auf die Renten die Verluste nicht ausgleichen würden, die entstanden seien, weil sie nur vier Jahre rückwirkend ab 2005 gezahlt worden seien. Das sei jedoch nicht der Fall gewesen, Betroffenen wären so Verluste in vierstelliger Höhe entstanden. Er wisse nicht, wer damals Widerstand gegen eine Lösung geleistet habe: „Diese Leute sollten sich schämen.“ (suk/05.06.2014)