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Die Oppositionspolitiker Gregor Gysi (Die Linke) und Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) © picture alliance
Nachdem sich CDU, SPD und CSU eine Koalitionsregierung gebildet haben, stehen Kräfteverhältnisse im Bundestag fest: Auf der einen Seite stehen die Fraktionen von CDU/CSU (311 Abgeordnete) und SPD (193 Abgeordnete), auf der anderen Seite Die Linke (64 Abgeordnete) und Bündnis 90/Die Grünen (63 Abgeordnete). Dem Koalitionsblock mit 504 Abgeordneten stehen 127 Oppositionsabgeordnete gegenüber. Lediglich die erste Große Koalition von 1966 bis 1969 verfügte über eine noch komfortablere Mehrheit.
Die zahlenmäßige Schwäche der Opposition schärft den Blick für deren Minderheitenrechte. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Rechten des einzelnen Abgeordneten, den Rechten von Fraktionen, den Rechten, die an eine bestimmte Stimmenanzahl (Quorum) gekoppelt sind und den Rechten vor dem Bundesverfassungsgericht.
Grundlage für die Rechte des einzelnen Abgeordneten ist Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes, wonach die Abgeordneten "Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen" sind. Damit werden die Ausübung des freien Mandats und verschiedene parlamentarische Rechte garantiert, die erforderlich sind, um das Mandat effektiv wahrzunehmen.
Zu diesen Rechten, die jedem Abgeordneten nach der Geschäftsordnung zustehen, gehören das Frage- und Rederecht, das Stimmrecht, das Recht, in Ausschüssen mitzuwirken, das Recht, in den Ausschüssen und in der zweiten Beratung im Plenum Änderungsanträge zu stellen und das Recht, eine Änderung der Tagesordnung des Bundestagsplenums zu beantragen.
Weitere Rechte ergeben sich für die Fraktionen oder für Gruppen von Abgeordneten, die eine Stärke von fünf Prozent des Bundestages erreichen. Zurzeit müsste eine solche Gruppe mindestens 32 Abgeordnete umfassen. Sie können unter anderem Debatten, namentliche Abstimmungen und Aktuelle Stunden verlangen sowie Kleine und Große Anfragen an die Bundesregierung richten.
Fraktionen können auch verlangen, dass sich der Bundestag mit Einsätzen der Bundeswehr befasst, die nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz von "geringer Intensität und Tragweite" sind und daher in einem "vereinfachten Zustimmungsverfahren" genehmigt werden könnten.
In diesem vereinfachten Verfahren würde das Parlament über den Einsatz informiert, müsste aber nicht darüber beraten und abstimmen, wenn es nicht ausdrücklich verlangt wird. Der Einsatz wäre nach Ablauf von sieben Tagen genehmigt.
Einzelne Rechte hängen davon ab, wie viele Abgeordnete ein Anliegen unterstützen (sogenanntes Quorum). Jede Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten können einen Untersuchungsausschuss beantragen. Wenn ein Viertel aller Bundestagsabgeordneten den Antrag unterstützt, muss der Bundestag diesen Ausschuss mit dem vorgesehenen Untersuchungsgegenstand einsetzen. Das gleiche Quorum gilt auch für die Einsetzung von Enquete-Kommissionen, die zur Hälfte aus Abgeordneten und zur anderen Hälfte aus von den Fraktionen benannten Sachverständigen bestehen.
Wenn ein Viertel seiner Mitglieder es will, muss sich der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss konstituieren und eine Angelegenheit zum Gegenstand einer Untersuchung machen.
Für Vorlagen, die die Europäische Union betreffen, gilt: Wenn der Bundestag eine Stellungnahme zu einem Rechtsetzungsvorhaben der EU abgibt, muss die Bundesregierung – wenn 25 Prozent der Abgeordneten dies verlangen – in einer Plenardebatte die Gründe erläutern, warum nicht alle Punkte dieser Stellungnahme berücksichtigt worden sind.
Für eine Subsidiaritätsrüge des Bundestages reicht die einfache Mehrheit im Parlament. Mit dieser Rüge beanstanden die Abgeordneten, dass die EU bei ihrem Vorhaben ihre Kompetenzen überschreitet und in nationale Zuständigkeiten eingreift. Wenn 25 Prozent der Abgeordneten es wollen, muss der Bundestag sogar Subsidiaritätsklage erheben.
Abgeordnete können ein Gesetz vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen ("abstrakte Normenkontrolle"), wenn mindestens 25 Prozent aller Mitglieder des Bundestages einen entsprechenden Antrag unterstützen. Beschwerde gegen einen Bundestagsbeschluss über die Gültigkeit einer Wahl, die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl sowie den Verlust der Mitgliedschaft eines Abgeordneten im Bundestag können eine Fraktion oder zehn Prozent der Mitglieder des Bundestages erheben.
Darüber hinaus kann jeder Abgeordnete Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht erheben, wenn seine Statusrechte aus Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes durch ein oberstes Bundesorgan verletzt werden. Der Passus lautet: "Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." (vom/gie/08.01.2013)