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Im Blick auf die internationale Finanzkrise sieht Norbert Barthle die Gefahr, dass der Druck nachlässt, die Haushalte zu konsolidieren. "Wenn wir jetzt mit unseren Anstrengungen nachlassen, könnte die Krise schnell wieder aufflammen", warnt der CDU-Abgeordnete im Interview. Besonders in der Eurozone sei "noch einiges an Reformarbeit zu leisten". Barthle war bislang Vorsitzender der deutschen Parlamentarier bei der nach Artikel 13 des EU-Fiskalvertrags eingerichteten Interparlamentarischen Konferenz zur wirtschaftlichen Steuerung der EU. Der Abgeordnete ist Leiter der Bundestagsdelegation, die vom 20. bis 22. Januar 2014 zur Tagung in Brüssel reist. An der Konferenz nimmt auch Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert teil. Das Interview im Wortlaut:
Herr Barthle, mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, Herman Van Rompuy als EU-Ratsvorsitzendem und Martin Schulz, Präsident des EU-Parlaments, machen Brüsseler Spitzenpolitiker den Abgeordneten ihre Aufwartung. Auch Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds, will zu den Delegierten sprechen. Das ist viel der Ehre für die noch junge Konferenz.
Die Präsenz der Prominenz zeigt, dass unsere Konferenz schon kurz nach ihrem Start ernst genommen wird. Mit diesen Gästen gibt es sicherlich viele brisante politische Fragen zu diskutieren. Im Mittelpunkt der Brüsseler Tagung steht für mich allerdings der Austausch zwischen den nationalen Parlamentariern, die sich vertieft mit Haushalts- und Finanzthemen beschäftigen. Schließlich befinden letztlich die Volksvertretungen der Mitgliedstaaten über die Finanz- und Wirtschaftspolitik in der EU. Nicht so glücklich finde ich es, dass unsere Sitzung dieses Mal in die "Europäische Parlamentarische Woche" des EU-Abgeordnetenhauses eingebettet ist, das gefährdet die Wahrnehmung unserer Konferenz als eigenständige Einrichtung. Über das künftige Format der Konferenz müssen wir noch einmal in Ruhe sprechen.
Die Eurokrise dümpelt vor sich hin. Es setzt sich der Eindruck fest, es drohten keine ernsthaften Gefahren mehr. Lässt in den Krisenstaaten der Druck nach, die Haushalte zu konsolidieren?
Diese Gefahr besteht gerade zum jetzigen Zeitpunkt definitiv. Natürlich müssen die bisher erreichten Erfolge in der Konsolidierungspolitik gewürdigt werden. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in vielen Ländern insbesondere der Eurozone trotz einer Verbesserung der Rahmenbedingungen noch einiges an Reformarbeit zu leisten ist. Wenn wir jetzt mit unseren Anstrengungen nachlassen, könnte die Krise schnell wieder aufflammen.
Hat Ihre Konferenz überhaupt die Macht, in den nationalen Parlamenten die Etatpolitik an den EU-Stabilitätserfordernissen auszurichten?
Unsere Konferenz wurde ganz bewusst nicht als Entscheidungsgremium konzipiert. Es geht vielmehr um den Austausch über Politikansätze auf nationaler Ebene und über die auf diese Weise gesammelten Erfahrungen. Die Entscheidungen fällen die Parlamentarier bei sich zu Hause. Ich hoffe daher, dass alle Delegierten von unseren Tagungen viele Denkanstöße mitnehmen. Damit wäre schon einiges erreicht.
In Brüssel soll diskutiert werden, wie die demokratische Legitimität der EU-Krisenpolitik erhöht werden kann. Es herrscht in der Tat weithin der Eindruck vor, die Entscheidungen würden über die Köpfe der Bürger und gegen deren Interessen gefällt.
Europa wurde in der Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren weitgehend mit "Krise" gleichgesetzt. Das ist ein Riesenproblem. Wir müssen viel aktiver die Erfolge und die guten Seiten der europäischen Einigungspolitik darstellen. Zudem müssen wir die demokratische Legitimität der auf EU-Ebene getroffenen Entscheidungen weiter ausbauen, da sind Defizite in der Tat nicht zu leugnen.
Was lässt sich tun, um die EU-Krisenpolitik demokratisch stärker zu fundieren? Welche Möglichkeiten bieten sich dabei Ihrer Konferenz?
Auch bei diesem zentralen Thema dreht es sich bei unseren Treffen vor allem um den Erfahrungsaustausch. Ich habe zum Beispiel bei der zurückliegenden Tagung im Oktober in Litauen im Detail unsere neuen Regelungen zur Beteiligung des Bundestages bei den Euro-Rettungspaketen geschildert. Ich hatte den Eindruck, dass dies auf großes Interesse gestoßen ist. Die nationalen Parlamente dürfen die Europapolitik nicht allein der Exekutive überlassen. Das ist mir ein sehr wichtiges Anliegen.
Die Delegierten wollen in Brüssel erörtern, wie das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen mit Hilfe einer besseren Finanzierung der Realwirtschaft gefördert werden kann. Ist dies aber durch die Niedrigzinspolitik nicht bereits ausgereizt?
Es lohnt sich auszuloten, welche zusätzlichen Beiträge zum Beispiel die Europäische Investitionsbank EIB oder auch die nationalen Förderbanken leisten können. In der Geldpolitik vertraue ich der Europäischen Zentralbank, für die eine ausreichende Liquiditätsversorgung der Wirtschaft ganz oben auf der Agenda steht.
(kos/13.01.2014)