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Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) spricht sich für ein stärkeres Engagement der Bundeswehr in Afrika aus. Während der Debatte am Mittwoch, 29. Januar 2014, plädierte sie für eine Aufstockung der Zahl der Einsatzkräfte in Mali sowie für die Prüfung eines Einsatzes in der Zentralafrikanischen Republik. Von der Opposition erntete die Ministerin Kritik für ihr Vorhaben. Ein Einsatz in Afrika habe nichts mit Landesverteidigung zu tun, wie sie das Grundgesetz vorsehe, sagte Dr. Alexander S. Neu (Die Linke). An der Debatte über die Afrika-Einsätze werde deutlich, dass es in der schwarz-roten Außen- und Sicherheitspolitik keine klare Linie gebe, befand Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen).
Unterstützung erhielt von der Leyen aus der Unionsfraktion. Deutschland müsse sich als verlässlicher Partner erweisen und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, sagte Henning Otte (CDU/CSU). Der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold mahnte an, intensiv über die Bundeswehrreform zu reden, die auf die Anforderungen von mehreren kleineren, parallel laufenden Einsätzen keine ausreichenden Antworten gebe.
Angesichts der Vielzahl von Krisenherden in Afrika sei Deutschland zum Handeln verpflichtet, sagte Ursula von der Leyen. "Keiner von uns hat die Bilder von Lampedusa vergessen", so die Ministerin. Was den Einsatz in Mali betrifft, so sprach sie sich für eine Aufstockung der Einsatzkräfte aus. In der Zentralafrikanischen Republik werde jedoch an dem Grundsatz, dass es dort keinen Kampfeinsatz der Bundeswehr geben werde, festgehalten.
"Beim Verwundetentransport aber haben wir Fähigkeiten, die andere nicht haben", fuhr die Ministerin fort. Sie stellte zugleich klar, dass der Militäreinsatz nur ein Teil der Gesamtinstrumente des Konzepts der vernetzten Sicherheit sein könne. Dauerhafte Stabilität, so von der Leyen, könne nur durch den Wiederaufbau staatlicher Strukturen erreicht werden.
Für die durch die Nato praktizierte offensive Selbstverteidigung müsse im Grunde das Völkerrecht neu interpretiert und weiterentwickelt werden, sagte der Linken-Abgeordnete Alexander S. Neu. Wenn es um Interessenverteidigung und Werteverteidigung auf dem Territorium von Drittstaaten gegen deren Willen geht, handle es sich um "blanke Aggression statt Selbstverteidigung".
Neu nahm die Worte der Verteidigungsministerin auf, wonach Deutschland seiner gewachsenen Verantwortung gerecht werden müsse. "Tun Sie das und tragen Sie zu einer fairen Weltwirtschaft bei", forderte er mit dem Verweis auf den Hunger in weiten Teilen Afrikas.
Die Große Koalition habe die Chance, Klarheit zu schaffen, welche Rolle Deutschland künftig in der internationalen Politik spielen wolle, sagte Rainer Arnold (SPD). "Mein Eindruck ist, die Deutschen sind längst bereit, über die strategischen Grundlagen der Sicherheitspolitik und über die Legitimation von Einsätzen gut und vernünftig zu reflektieren", sagte er. Diese gesellschaftliche Debatte voranzubringen sei im Übrigen auch Aufgabe des Parlaments, so Arnold weiter.
Mit Blick auf die Bundeswehrreform, sagte Arnold, diese sei "im Grundsatz richtig". Sie sei jedoch nicht mit den europäischen Nato-Partnern abgestimmt. Auch dank Außenminister Frank-Walter Steinmeier gebe es nun die Chance, bei der Außen- und Sicherheitspolitik gemeinsam mit dem wichtigsten Partner Frankreich voranzukommen. Im Übrigen bilde der Koalitionsvertrag eine gute Basis für die Zukunft der Bundeswehr, urteilte Arnold.
Aus Sicht von Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) gibt der Koalitionsvertag jedoch keine klare Richtung vor. Das einzig Gute sei: "Sie haben erkannt, dass die Reform der Nachbesserungen bedarf." Wohin der Weg der Regierung führen soll, bleibe jedoch unklar. Das werde insbesondere bei der Frage eines Einsatzes in Zentralafrika deutlich.
Während die Verteidigungsministerin voranpresche und Überschriften produziere, sei der Außenminister mit dem Zurückrudern beschäftigt, wofür er sich wiederum Kritik in seiner Fraktion anhören müsse. "Eine abgestimmte Politik sieht anders aus", befand Brugger. Kritik äußerte sie auch am Versuch von der Leyens, die Afrikaeinsätze mit den Vorfällen von Lampedusa zu begründen. Statt Militär nach Afrika zu schicken, benötige man eine solidarische europäische Flüchtlingspolitik, sagte die Grünen-Abgeordnete.
Deutschland stelle sich seiner globalen Verantwortung, sagte Henning Otte (CDU/CSU). "Wir wollen die globale Ordnung aktiv mitgestalten und lassen uns dabei von den Interessen und Werten unseres Landes leiten", betonte er. Otte warnte davor, der Bevölkerung den Eindruck zu vermitteln, man könne sich bei den Einsätzen vornehm zurückhalten.
Gleichzeitig müsse jedoch stärker als bisher herausgestellt werden, dass bei den Bemühungen die Diplomatie an erster Stelle stehe. Auf die Flüchtlingsproblematik eingehend sagte er: "Wir wollen den Menschen dort helfen, wo sie leben." Dann komme es auch nicht mehr zu Massenfluchten nach Europa. (hau/29.01.2014)