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Der neue Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller (CSU), hat sich für eine werteorientierte und nachhaltige Entwicklungspolitik ausgesprochen. Angesichts von Hunger und Unterernährung von einer Milliarde Menschen weltweit müsse die Globalisierung so gestaltet werden, "dass sie den Menschen dient und nicht ausschließlich den Märkten und der Wirtschaft" sagte Müller, während der Debatte zur Entwicklungspolitk am Mittwoch, 29. Januar 2014, die er auch dafür nutzte, die Pläne für sein Ressorts zu skizzieren.
Nicht der freie Markt ohne jegliche Kontrolle sei das Leitbild, sondern eine "ökologisch-soziale Marktwirtschaft", sagte der Minister. Es sei notwendig, dass ökologische und soziale Standards Eingang in internationale Handelsabkommen und globale Handelsströme finden.
Als eine Plattform nannte Müller dafür den Post-2015-Prozess, mit dem die Millenniumsziele neu definiert werden: "Deutschland kann und muss hier eine starke inhaltliche Vorgabe machen." Müller kündigte an, das Engagement bei der Bekämpfung des Hungers zu verstärken und mit einer Milliarde Euro pro Jahr und dem Aufbau von "zehn grünen Wertschöpfungszentren" in Afrika "gezielt die ländliche Entwicklung voranzubringen".
Leitbild seien dabei "nicht Agrofabriken, sondern leistungsfähige bäuerliche Betriebe, die die lokale Ernährung sichern und die Wertschöpfung im Lande belassen". Als weiteres Kernanliegen nannte Müller die Stärkung der Bildung und den Aufbau beruflicher Ausbildungszentren. Entsprechende Haushaltsmittel sollten auf 400 Millionen Euro pro Jahr erhöht, der Schwerpunkt solle auch hier in Afrika liegen. "Trotz aller Probleme ist Afrika der Chancenkontinent", sagte Müller.
Heike Hänsel (Die Linke) sprach von "neuen Tönen" und Ansätzen in der Entwicklungspolitik, die ihre Fraktion unterstütze. Gleichwohl hätte die Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) einen anderen Klang gehabt.
Darin sei es um "knallharten Wettbewerb der Volkswirtschaften weltweit, im Grunde um den Kampf um Ressourcen, den Schutz von Handelswegen, um billige Arbeitskräfte und neue Absatzmärkte" gegangen. Hänsel kritisierte zudem, dass die Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) gefordert habe, dass die Entwicklungspolitik Militäreinsätze flankieren solle. "Wir brauchen die Stärkung des Zivilen", sagte Hänsel.
Auch Uwe Kekeritz (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßte die Ansätze des Ministers: "Wir sind hier zu Hundert Prozent an Ihrer Seite. Wir werden Sie aber an Ihren Taten messen". Müller, zuvor Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, müsse sich glaubhaft von seinem "Dasein als Exportförderer" der Agrarwirtschaft verabschieden, sagte Kekeritz.
Es müsse Schluss sein, "mit Handelsverträgen, die die Gewerkschaftsrechte unterminieren und eine wirkliche Klimapolitik in den Partnerländern unmöglich machen, die die Ernährungssouveränität der Länder untergraben, die den Investitionsschutz über Menschenrechte, über soziale und ökologische Gerechtigkeit stellen".
Dr. Bärbel Kofler (SPD) forderte zu verbindlichen Regeln zu kommen, "wenn es um die Verpflichtung geht, Sozialstandards und ökologische Standards einzuhalten; auch für unsere Unternehmen, die weltweit tätig sind". Die Abgeordnete erinnerte zudem daran, dass eine nachhaltige Entwicklungspolitik nicht nur "Rahmenbedingungen" brauche, sondern auch "einen Aufwuchs bei den finanziellen Mitteln".
Als "unglaubliches Entwicklungshemmnis" und "riesige Herausforderung" bezeichnete sie neben Niedriglöhnen und dem Fehlen sozialer Sicherungssysteme die Tatsache, dass "eineinhalb Milliarden Menschen auf dieser Erde keinen Zugang zu elektrischer Energie" haben. "Wir müssen den Entwicklungsländern ein nachholendes Entwickeln ermöglichen, ohne dass sie hinsichtlich der Umweltverschmutzung dieselben Fehler machen, die wir schon gemacht haben", sagte Kofler.
Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) kündigte an, die Klimapolitik zum "Hauptthema" zu machen: "Die Kosten für die Anpassung an veränderte Lebensumstände können viele Entwicklungsländer nicht alleine schultern." Als Diskussionsplattform nannte Pfeiffer etwa den G-8-Gipfel 2015 in Deutschland. Sie erinnerte zudem an die Zusagen der Industrieländer bei der Klimakonferenz von Kopenhagen (2009), ab 2020 100 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung zu stellen - von öffentlichen und privaten Gebern. Das seien "definitiv keine Peanuts".
Pfeiffer betonte darüberhinaus, dass viele Entwicklungsländer "mittlerweile selbst zu vielem in der Lage" seien: "zum Aufbau eines Basisgesundheitssystems, zur Sicherung des Zugangs zu Nahrungsmitteln und Bildung oder einfach zum Aufbau stabiler staatlicher Strukturen". Ein Entwicklungsprozess sei stets dann erfolgreich "wenn er aus den Ländern selbst kommt und zumindest zu einem gewissen Teil von ihnen selbst finanziert ist", sagte Pfeiffer. (ahe/10.01.2014)