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Pläne für einen Komplettabzug der Bundeswehr aus Afghanistan, Folgen eines möglichen zweiten Schuldenschnitts für Griechenland, zusätzliche Kosten für das Berliner Stadtschloss – insgesamt 83 Fragen zu ganz unterschiedlichen Themen haben die Abgeordneten für die Fragestunde des Bundestages (18/728) am Mittwoch, 12. März 2014, vorgelegt. Susanna Karawanskij, Mitglied der Fraktion Die Linke im Finanzausschuss, will dann insbesondere erfahren, welche Haltung die Bundesregierung gegenüber Investor-Staats-Klagen einnimmt, welche durch das geplante transatlantische Freihandelsabkommen zwischen Europäischer Union und den Vereinigten Staaten (TTIP) künftig möglich werden könnten. Warum sie dies für eine Fehlentwicklung hält, erklärt die Abgeordnete aus Sachsen im Interview:
Frau Karawanskij, Sie wollen von der Bundesregierung wissen, wie diese zur Investor-Staats-Klage steht, die im Zuge des Freihandelsabkommens möglich werden könnte. Was ist dabei das Problem?
Das Problem ist, dass Unternehmen oder Finanzdienstleister künftig die Möglichkeit hätten, den deutschen Staat zu verklagen, wenn dieser Finanzprodukte, wie etwa Genussrechte, als zu risikoreich einstufen und vom Markt nehmen würde. Der Fall des Windkraftkonzerns Prokon hat ja gezeigt, wie ein Unternehmen mit dem Verkauf von Genussrechten die Gewinnerwartungen der Menschen schürt. Meines Erachtens muss der Staat das Recht haben, die Rahmenbedingungen zu ändern, ohne dass er wegen Schmälerung von Gewinnerwartungen verklagt wird.
Jetzt könnte man auf die Justiz vertrauen, aber solche Streitfälle sollen möglicherweise gar nicht vor deutschen Gerichten verhandelt werden, sondern vor internationalen Schiedsgerichten…
…genau, wo Wirtschaftsanwälte privater Kanzleien über Klagen entscheiden und nicht demokratisch legitimierte Gerichte.
Zum Glück scheint auch die EU das Modell der internationalen Schiedsgerichte und der Investor-Staats-Klage nicht zu wollen. Besteht denn überhaupt Anlass zur Sorge?
Man hört Verschiedenes, aber wie der aktuelle Stand ist, wissen wir nicht. Die Verhandlungen sind völlig intransparent und finden ohne Beteiligung des Europäischen Parlaments statt. Es steht zu befürchten, dass am Ende ein Vertragswerk präsentiert wird, das nicht ausreichend demokratisch legitimiert ist und Verbraucher benachteiligt.
Sie erkundigen sich in einer zweiten Frage bei der Bundesregierung, inwieweit sie sich für die Sparkassen und ihre Schutzrechte stark machen wird. Warum?
Die Sparkassen spielen in der regionalen Wirtschaftsförderung eine zentrale Rolle. Sie sind vor Ort in den Regionen verankert und in der Regel für kleinere und mittlere Unternehmen der erste Ansprechpartner, wenn es um einen Kredit geht. Deshalb wollen wir wissen, ob die Schutzrechte bei der Kreditvergabe oder in der Wirtschaftsförderung erhalten bleiben.
Was würde sich für die Sparkassen und ihre Kunden ändern?
Wir befürchten, dass das Abkommen auch hier zu einem Verdrängungswettbewerb führen könnte. Welche Auswirkungen es auf die Konditionen bei der Kreditvergabe an kleinere und mittlere Unternehmer hat, wenn Global Player auf den Markt drängen, lässt sich noch gar nicht abschätzen.
Die Linke möchte das Abkommen gern stoppen. Was stört Sie daran vor allem?
Mich stört, dass der ganze Verhandlungsprozess intransparent und undemokratisch ist. Das "Grünen-Leak", die geheimen Ratsdokumente, die die Parteispitze der europäischen Grünen gerade im Internet veröffentlicht hat, zeigen doch, dass es etliche Detailfragen gibt, die der Öffentlichkeit und auch den Parlamenten nicht bekannt sind. Problematisch ist auch, dass das Abkommen in Teilen Entscheidungen nationaler Parlamente, also Gesetzgebung demokratischer Instanzen, aushebelt und Konzerninteressen unterordnet.
Die Verhandlungen scheinen ins Stocken geraten zu sein, der Widerstand auf beiden Seiten des Atlantiks ist offenbar groß. Freut Sie das?
Freuen ist zu viel gesagt. Ich finde es aber gut, dass der öffentliche Druck und die Kritik am Verhandlungsprozess nun offensichtlich Wirkung zeigen.
Was erwarten Sie jetzt von der Bundesregierung?
Das Abkommen darf nicht länger an den Parlamenten vorbei verhandelt werden. Deshalb erwarte ich von Angela Merkel, dass sie ihren Einfluss geltend macht, damit die Hoheitsrechte der Parlamente gewahrt bleiben.
(sas/11.03.2014)