Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Die Bundesregierung zieht im Fortschrittsbericht 2013 zu ihrem vor drei Jahren verabschiedeten Fachkräftekonzept eine positive Bilanz: "Es gibt Erfolge zu vermelden", sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die den Bericht in der etwa 45-minütigen Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 12. März 2014, ab 13 Uhr vorstellte.
Bevor die Ministerin die wichtigsten Ergebnisse präsentierte, stellte sie klar: "In Deutschland gibt es keinen flächendeckenden Fachkräftemangel – jedoch sehr wohl Engpässe in einzelnen Branchen und Wirtschaftszweigen." Laut der Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit vom Dezember 2013 fehlten in zwanzig Berufsgruppen Fachkräfte, so Nahles. Damit habe sich die Anzahl der Berufsgruppen um fünf erhöht.
"Es fehlen Ärzte, Ingenieure und Informatiker wie Lokführer, Energietechniker oder Pflegekräfte", betonte die SPD-Politikerin. Das Spektrum zeige, dass sowohl Ausbildungsberufe betroffen seien als auch Berufe, für die ein Hochschulabschluss vorausgesetzt werde. Um den Engpässen entgegenzuwirken, konzentriere sich die Bundesregierung in ihrem Fachkräftekonzept bewusst auf drei Gruppen: ältere Arbeitnehmer, Frauen und junge Menschen. Der Bericht belege, dass die ergriffenen Maßnahmen griffen. "Es gibt tatsächlich Fortschritte", lobte Nahles.
So sei die Quote von Älteren und erwerbstätigen Frauen ist zwischen 2006 und 2012 überdurchschnittlich stark gestiegen. 2012 waren 61,5 Prozent der älteren Menschen erwerbstätig. Bei den 20- bis 64-jährigen Frauen waren 71,5 Prozent erwerbstätig. "Das ist ein sehr gutes Ergebnis. Wir hatten uns das Ziel gesetzt, bis 2020 eine Quote von 73 Prozent zu erreichen. Die ist fast erreicht", sagte die Ministerin.
Allerdings: Sowohl bei der Arbeitszeit als auch bei der Quote der Frauen, die arbeitet, gebe es noch großes Entwicklungspotenzial. "Wir wissen, dass die meisten Frauen mehr arbeiten wollen, als sie können. Hier müssen wir helfen – und tun das auch vor allem mit dem Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen", so Nahles.
Positiv konnte Nahles auch vermelden, dass die Zahl der Schüler, die ohne Abschluss die Schule verlassen haben, 2012 auf 5,9 Prozent gesunken ist. 2006 seien es noch 7,9 Prozent gewesen. Bis 2015 strebt die Bundesregierung eine Verringerung auf vier Prozent an. Die Ministerin sprach sich deshalb dafür aus, die Hilfsangebote für junge Menschen enger zu verzahnen. "Wir brauchen Hilfe aus einer Hand", so die Ministerin.
Bevor sie sich den Fragen der Abgeordneten stellte, betonte sie, dass zu den Fortschritten auch die Zuwanderung beigetragen habe: "Das hat uns geholfen, sonst hätte ich heute noch für mehr Berufsgruppen Engpässen ausweisen müssen." Gleichwohl lasse sich das Problem fehlender Fachkräfte nicht durch Zuwanderung allein lösen.
Als erste Fragestellerin wollte Jana Schimke (CDU/CSU) wissen, wie die Ministerin die Aktivitäten der Unternehmen im Hinblick auf den drohenden Fachkräftemangel einschätzt. Die Ministerin versicherte, dass die Kooperation sehr gut sei: "Wir sind mit unserer Initiativen überall offene Türen eingerannt."
Bei den Unternehmen "passiere sehr viel" – insbesondere im Mittelstand. "Diese Unternehmen klagen schon jetzt über Umsatzeinbußen, deshalb arbeiten sie auch intensiv daran, die Aus- und Weiterbildung zu verbessern", sagte die Ministerin. Damit täten sie mehr als andere. Noch "Potenzial" für Verbesserungen sah sie hingegen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Nur ein Drittel der Unternehmen machten ihren Mitarbeitern Angebote, so Nahles.
Brigitte Pothmer (Bündnis 90/Die Grünen) fragte, ob nicht die Rentenpläne der Regierung dem Ziel, das Beschäftigungspotenzial Älterer zu nutzen, entgegenwirkten.Sind Sie nicht der Meinung, dass Ihre Rentenpolitik diesem Ziel zuwider läuft?"
Nein", antwortete Nahles knapp. Sollte aber die Gefahr des Missbrauchs bestehen, werde sie "geeignete Gegenmaßnahmen" ergreifen.
Jutta Krellmann (Die Linke) erkundigte sich, was die Bundesregierung tun wolle, um die Attraktivität von Pflegeberufen zu steigern. Jobs in der Altenpflege und in der Gastronomie fehlten – gleichzeitig seien es aber auch die mit den niedrigsten Löhnen. "Was machen Sie, damit es interessanter wird, in diesen Berufen zu arbeiten?"
Die Arbeitsministerin zeigte sich hoffnungsvoll, dass insbesondere der flächendeckende, gesetzliche Mindestlohn dazu beitragen werde, dass solche Jobs interessanter werden. Zudem kündigte sie an, sich dafür stark zu machen, dass Menschen, die einen Pflegeberuf ergreifen wollten, ihre Ausbildung nicht selbst zahlen müssten. "Das muss dringend reformiert werden. Wir brauchen einen Zugang ohne solche Hürden", erklärte Nahles.
Katja Mast (SPD) fragte, warum sich die Bundesregierung auch auf Geringqualifizierte und Mütter mit Migrationshintergrund als Zielgruppen der Förderung konzentriert. Nahles erläuterte, dass diese Gruppe von Frauen eine "extrem niedrige Erwerbstätigkeitsquote" aufweise.
Gleichzeitig hätten sich erste Projekte, die die Mütter beim Übergang in Ausbildung und Arbeit unterstützen, als sehr erfolgreich erwiesen: "Die Ergebnisse waren sehr ermutigend." Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds sollten nun genutzt werden, um das Angebot zu verbreitern. Die Förderung von Geringqualifizierte hingegen sei besonders wichtig, weil diese Gruppe extrem stark von Arbeitslosigkeit bedroht sei, sagte Nahles. (sas/12.03.2014)