Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Die anhaltende Lohnlücke zwischen Männern und Frauen von durchschnittlich 22 Prozent ist ein Skandal. In dieser Einschätzung waren sich bei der Debatte am Freitag, 21. März 2014, die Rednerinnen aller Fraktionen einig. In der Frage, mit welchen Maßnahmen dagegen angegangen werden könnte, gab es jedoch unterschiedliche Auffassungen.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Antrag (18/847) vorgelegt, der ein Entgeltgleichheitsgesetz fordert. Mit Hilfe von Arbeitsbewertungssystemen soll danach festgestellt werden, ob eine mittelbare Diskriminierung vorliegt. Dies sei der Fall, wenn etwa soziale Berufe, die einen hohen Frauenanteil hätten, unterbewertet würden. Zudem fordern die Grünen ein Verbandsklagerecht und ein Ende der Möglichkeit, Arbeitsverträge ohne sachlichen Grund zu befristen.
Von der Bundesregierung habe es zu dem Thema bislang nur blumige Ankündigungen gegeben, sagte Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen). "Symbolpolitik hilft uns aber nicht weiter", machte sie deutlich. Der Equal Pay Day – also jener Tag, bis zu dem Frauen von Jahresbeginn gerechnet ohne Lohn arbeiten – müsse künftig auf den 1. Januar fallen, forderte Müller-Gemmeke. Dazu reiche es aber nicht aus, wenn die Regierung die Bewertung von Arbeit mit den Tarifpartnern voranbringen wolle.
"Wir brauchen allgemeingültige, geschlechtsneutrale Kriterien zur Bewertung von Arbeit", sagte die Abgeordnete. Ebenfalls nicht ausreichend seien die Appelle der Bundesregierung an die Unternehmen zu mehr Transparenz. "Transparenz, Freiwilligkeit und Selbstverpflichtung haben wir schon hundertmal gehört. Das ist einfach zu wenig", urteilte sie. "Dann treffen wir uns auch in den nächsten Jahren im März zum Equal Pay Day."
Es sei unfassbar, dass es auch im Jahr 2014 einen Lohnlücke von 22 Prozent gebe, sagte Sabine Weiss (CDU/CSU). Da dies auch zu gravierenden Folgen für die Rente führe, habe man der Lohndifferenz den Kampf angesagt, so Weiss. Statt mit blumigen Ankündigungen, wie von den Grünen kritisiert, tue man dies mit einem Maßnahmenbündel. Dazu zählten unter anderem der Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten, die Aufwertung sozialer Berufe, das Heranführen von Mädchen an typische Männerberufe und auch die verbesserte Mütterrente.
Außerdem werde laut Weiss noch "zeitnah" ein gesetzlicher Anspruch auf die Rückkehr von einem Teilzeit- zu einem Vollzeitarbeitsplatz geschaffen. "Ich befürworte es, wenn Familien zu dem Schluss kommen, dass ein Partner kurzfristig oder dauerhaft auf ein Erwerbseinkommen verzichtet. Ich akzeptiere aber nicht, dass sie keine andere Wahl haben, weil sie kein Betreuungsangebot für ihre Kinder haben", sagte Weiss. Sie machte zugleich deutlich, dass ihre Fraktion einem Verbandsklagerecht ebenso wie der Abschaffung der Befristungen nicht zustimmen werde.
"Ein Verbandsklagerecht wäre hilfreich", befand hingegen Cornelia Möhring (Die Linke). Individuell gegen Diskriminierung zu klagen, sei ein Hindernislauf. "Es ist aufwendig, es ist langwierig, es ist teuer und mühsam", sagte Möhring.
Anders wäre es, wenn etwa die Antidiskriminierungsstelle Klage führen könnte. Auch die im Antrag der Grünen aufgeführten Systeme, mit denen einen Gleichbewertung der Arbeit gelingen soll, nannte sie "sehr sinnvoll" und erinnerte daran, "dass auch die SPD hier mal weiter war".
Die SPD habe ein Entgeltgleichheitsdurchsetzungsgesetz im Koalitionsvertrag festgeschrieben, sagte Gabriele Hiller-Ohm (SPD). "Wir haben lange auf Freiwilligkeit gesetzt, doch die Unternehmen haben uns den Finger gezeigt", so Hiller-Ohm.
Familienministerin Manuele Schwesig (SPD) werde nun in Kürze Eckpunkte für ein solches Gesetz vorlegen, kündigte sie an. Damit Frauen nicht weiter in der Teilzeitfalle festhängen, werde Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zudem ein Rückkehrrecht von Teilzeit- in Vollzeitarbeit festschreiben. (hau/21.03.2014)