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Deutschland will weiterhin somalische Sicherheitskräfte ausbilden. Bis zu 20 Soldaten sollen noch in diesem Monat in die Hauptstadt Mogadischu entsandt werden, um dort einheimische Truppen zu trainieren. In namentlicher Abstimmung votierten am Donnerstag, 3. April 2014, 471 Abgeordnete für einen entsprechenden Antrag der Bundesregierung (18/857), 118 dagegen. Zwei enthielten sich. Das Mandat für die EU-geführte Ausbildungsmission EUTM Somalia ist bis zum 31. März 2015 befristet.
Im Rahmen der Mission wurden bereits zwischen 2010 und 2013 rund 3.600 somalische Soldaten ausgebildet. Wegen der fragilen Sicherheitslage in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land war die Mission aber zunächst im Nachbarland Uganda stationiert.
Als sie im Dezember 2013 nach Somalia verlegt wurde, zog die Bundeswehr ihre Soldaten aufgrund von Sicherheitsbedenken ab.
In den vergangenen Monaten habe sich die Sicherheitslage aber stabilisiert, betonte Klaus Brähmig (CDU/CSU). Die Bundesregierung sei zu einer Neubewertung der Lage vor Ort gekommen.
Die Bedenken gegen den Einsatz könne er nachvollziehen. Jedoch zwinge die Situation in Somalia die internationale Gemeinschaft zum Handeln, sagte Brähmig. Sie bedrohe die Stabilität am gesamten Horn von Afrika.
Dagmar Freitag (SPD) bezeichnete die Mission in der Debatte als wichtigen Beitrag zur Stärkung der Eigenverantwortung vor Ort. Sie sei ein "Baustein im Kontext unterschiedlicher Maßnahmen und Hilfen für die somalische Bevölkerung".
Um einen belastbaren Stabilisierungsprozess voranzutreiben, benötige das Land Hilfe beim Aufbau von Sicherheits- und Verwaltungsstrukturen auf zentraler und regionaler Ebene. Wenn die Entwicklung Somalias gelingen und das Land nicht als so genannter failed state enden soll, müsse die internationale Gemeinschaft das Land unterstützen, forderte Freitag.
Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Antrag der Bundesregierung ab. Ihrer Ansicht nach verfolgt sie die falsche Strategie in Somalia, außerdem bewerten sie den Erfolg der bisherigen Mission in Uganda kritisch.
In den Augen von Sevim Dağdelen (Die Linke) ist die Bilanz der Mission "furchterregend". Es seien Kindersoldaten mit ausgebildet worden und viele der von der EU ausgebildeten Soldaten seien anschließend "mitsamt ihrer Ausrüstung" zu den Aufständischen übergelaufen.
Der Bundesregierung warf sie vor, die "autoritär-islamistische Regierung" in Somalia zu unterstützen, der "schlimmste Menschenrechtsverbrechen" angelastet würden. In der Verfassung werde der Islam reaktionär ausgelegt, die Scharia stehe über allen anderen Gesetzen.
Außerdem kritisierte Dağdelen den Einsatz von Drohnen in Somalia durch die US-Armee. Wenn Deutschland sich dort militärisch engagiere, sei es "Partei in diesem dreckigen und schlimmen somalischen Bürgerkrieg".
Auch Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung vor, sich in einem Umfeld militärisch zu engagieren, in dem die USA gezielte Drohnenattentate gegen Aufständische verübe. Opfer dieser Angriffe seien immer wieder auch Zivilisten und Kinder.
Die Drohnenangriffe würden vom deutschen US-Stützpunkt Ramstein, also von deutschem Staatsgebiet aus, durchgeführt, betonte die Grünen-Abgeordnete. Vor diesem Völkerrechtsbruch dürfe die Bundesregierung nicht die Augen verschließen.
Wie schon zuvor Sevim Dağdelen kritisierte Brugger die "Schönrednerei" der Bundesregierung in Bezug auf die Ausbildung der 3.600 somalischen Soldaten in Uganda. Sie verwies ebenfalls auf Berichte, denen zufolge große Teile der Soldaten auf dem Weg von Uganda nach Somalia zu den Milizen übergewandert seien.
"Wie wollen Sie damit umgehen?", fragte die Grünen-Abgeordnete. Es sei "verantwortungslos", dies nicht zur Kenntnis zu nehmen. Die Bundesregierung forderte sie auf, eine "überzeugende Gesamtstrategie" für Somalia vorzulegen. Bisher seien alle Versuche, zentrale Strukturen in Somalia aufzubauen, "wenig erfolgreich" gewesen.
Philipp Mißfelder (CDU/CSU) nannte Dağdelens Vorwürfe "Verschwörungstheorien". Die Mission in Uganda sei erfolgreich gewesen, dies müsse fortgesetzt werden.
Die somalischen Autoritäten müssten im Sinne einer "Ertüchtigungsstrategie" in die Lage versetzt werden, selbst für ihre Sicherheit zu sorgen, betonte Mißfelder. Politische Initiativen in Somalia brächten nur etwas, wenn es dort auch funktionierende Sicherheitsstrukturen gäbe. (joh/03.04.2014)