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Die soziale Absicherung der Landwirte in Deutschland steht im Zentrum des Agraretats der Bundesregierung. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU)unterstrich am Dienstag, 8. April 2014, bei der Einbringung des Einzelplans 10 (18/700): "Der Entwurf ist in erster Linie ein sozialer Agrarhaushalt." Dadurch wolle die Koalition die Lebensgrundlage der Landwirte absichern, "damit Landwirtschaft möglich bleibt".
Insgesamt stehen dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für das Jahr 2014 rund 5,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Kernbestandteil des Haushaltspostens ist die Sozialpolitik, die 70 Prozent der Mittel beansprucht. "Das sind 3,7 Milliarden Euro", so Schmidt, die in die Alters-, Kranken- und Unfallversicherung für die Land- und Forstwirtschaft fließen.
Mit einem Zuschlag von 62 Millionen Euro auf diesen Posten soll zudem die zu erwartende Sonderbelastung durch den eingesparten Bundeszuschuss in den Gesundheitsfonds ausgeglichen werden. "Für mich ist das eine Gerechtigkeitsfrage, denn die Landwirte wären als einzige Bevölkerungsgruppe dadurch belastet worden", sagte Schmidt.
Wenig Verständnis zeigte Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) dafür, dass die Bundesregierung weiterhin den "Export in kaufkräftige Märkte voranbringen will". Diese Strategie helfe weder den Empfängerländern, noch den heimischen Landwirten. Die landwirtschaftlichen Einkommen würden trotz Subventionen im Vergleich zu den Industrieeinkommen rund 40 Prozent niedriger ausfallen. "Internationale Dumpingpreise können nicht der Wertschöpfung dienen", sagte Tackmann.
Weiter forderte sie, dass der Bodenerwerb von nichtlandwirtschaftlichen Investoren verhindert werden muss. Die Bodenpreise seien zu hoch, doch der Staat nehme dieses Problem nicht ernst genug. Zudem sollen durch Steuerbegünstigungen Risikorücklagen ermöglicht werden, die Betriebe über Notzeiten helfen. Ebenso forderte Tackmann einen Notfallfonds für tierhaltende Betriebe, um auf eventuelle Tierseuchen und die daraus entstehenden Schäden vorbereitet zu sein.
Ulrich Freese, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion für die Landwirtschaft, stellte fest, dass der Agraretat ein "kleiner, feiner Haushalt ist, der 1,7 Prozent des gesamten Haushaltes der Bundesrepublik ausmacht". Einsparpotenzial sah Freese bei den Verwaltungskosten der Versicherungen: "Gemessen an anderen Sozialversicherungsträgern sind die Kosten mit etwa 340 Millionen Euro zu hoch."
Einen weiteren Schwerpunkt setzte Freese, indem er ankündigte, dass die Bauern nicht mehr benachteiligt werden sollen, wenn sie ihren Hof weiter bewirtschaften, obwohl sie das Rentenalter erreicht haben. Musste bisher im Rahmen der sogenannten Hofabgabeklausel ein Landwirt die Bewirtschaftung aufgeben, könnte die Rente in Zukunft mit zehn Prozent Abschlag gewährt werden, wenn der Hof nicht abgegeben wird. Bis zum Sommer wolle die Koalition von CDU/CSU und SPD dazu einen Vorschlag vorlegen.
Mit der Feststellung "Versprochen gebrochen" fasste Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/Die Grünen) seine Bewertung des Haushaltsentwurfs zusammen. Ostendorff kreidete an, dass "Schmidt nicht einhält", was der Ministerpräsident Bayerns, Horst Seehofer (CSU), angekündigt habe. Die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) hätte demnach um 200 Millionen Euro aufgestockt werden sollen, um geringere Zuweisungen aus der EU auszugleichen. "Das ist verlogen", sagte Ostendorff.
Der Etat sei "konzeptlos" und verwalte den Status quo, ohne den ländlichen Raum attraktiver zu machen. Ostendorff schlug als Gegenmaßnahme vor, die rund 360 Millionen Euro Agrardieselsubventionen einzusparen. Das Geld soll stattdessen für den Umbau der Landwirtschaft verwendet werden.
Dr. Franz Josef Jung (CDU/CSU)verteidigte den Haushaltsentwurf, weil der Etat das "finanzielle Fundament für eine positive Entwicklung in der Ernährung und Landwirtschaft ist". Das vielfältige, hochwertige und erschwingliche Angebot an Lebensmitteln in Deutschland sei nicht selbstverständlich. Um das zu leisten, würden die Bauernfamilien Sicherheit und Perspektiven brauchen. "Diesen Kriterien entspricht der vorgelegte Haushalt", sagte Jung.
Jung betonte, dass der Entwurf auch den Tierschutz im Blick habe. "Wir wollen die Agrarforschung besser verzahnen und haben für Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation 510 Millionen Euro veranschlagt", sagte er. "Dies dient auch dazu, neue Tierschutzmaßnahmen in die betriebliche Praxis umzusetzen." Doch das Tierwohl gebe es nicht zum Nulltarif, denn es dürfe nicht durch Preisdumping untergraben werden. (eis/08.04.2014)