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Die Bundeswehr wird sich ein weiteres Jahr an der EU-Mission Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias beteiligen. In namentlicher Abstimmung votierten am Donnerstag, 22. Mai 2014, 461 Abgeordnete für den Antrag der Bundesregierung (18/1282), 70 stimmten dagegen und 51 enthielten sich. Bereits am 9. Mai hatten Union und SPD im Auswärtigen Ausschuss für die Mandatsverlängerung gestimmt, während Die Linke den Antrag ablehnte und die Grünen sich enthielten (18/1486).
Niels Annen (SPD) hob zuvor zwei Funktionen des Mandats hervor: Zum einen sichere der Einsatz die Lieferungen des Welternährungsprogramms nach Somalia, wo auch heute noch 2,5 Millionen Menschen auf akute Nothilfen der internationalen Gemeinschaft angewiesen seien.
Zum anderen schütze Atalanta die zivile Schifffahrt „an einer der wichtigsten internationalen Handelsrouten, einer Route, die auch für uns von zentraler Bedeutung ist“, sagte Annen. „Der Golf von Aden ist dank Atalanta sicherer geworden.“
Jan van Aken (Die Linke) kritisierte, dass dies nicht an Atalanta, sondern an den privaten Sicherheitskräften auf den Schiffen liegen würde: „Der Krieg gegen Piraten wird längst privat geführt.“ Das Schlimme daran sei, dass diese Sicherheitskräfte im rechtsfreien Raum agieren würden, auch weil die vorangegangene Bundesregierung solchen Sicherheitsfirmen einen „Freibrief“ ausgestellt hätte.
Van Aken warf der Bundesregierung zudem vor, mit der Ausbildungsmission EUTM-Somalia und einer Lockerung des Waffenembargos die „sogenannte Regierung“ Somalias und damit eine Bürgerkriegspartei zu unterstützen. Konflikte ließen sich aber nicht militärisch, sondern nur durch Verhandlungen der Bürgerkriegsparteien lösen.
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) erinnerte daran, dass 2008 vor Beginn von Atalanta mehr als 250.000 Menschen in Somalia verhungert seien. Deutschland habe seither neben seinem Engagement bei Atalanta und auch bei anderen Ausbildungsmissionen wie EUCAP Nestor 100 Millionen Euro an Not- und Übergangshilfen bereitgestellt. „Das alles sind hervorragende Beispiele für die Notwendigkeit eines vernetzten Handelns und dessen militärischer Absicherung.“
Auch die Ausweitung von Atalanta im Jahre 2012 auf einen zwei Kilometer breiten Küstenstreifen, habe die Situation nicht eskalieren lassen - sondern habe im Gegenteil eine abschreckende Wirkung auf Piraten. „Die Ausweitung war richtig und notwendig“, sagte Kiesewetter.
Doris Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) zog den umgekehrten Schluss: Die Tatsache, dass es 2013 keinen einzigen Einsatz am Küstenstreifen gegeben habe, zeige, dass diese riskante Ausweitung nicht gebraucht werde. Wagner monierte zudem die „mangelnde Klarheit“ im Antrag der Bundesregierung, der den Einsatz nicht klar umreiße, sondern die Abgeordneten mit dem Verweis darauf abspeisen wolle, das Mandat „laufe wie bisher“.
Die SPD wolle offenbar verschleiern, dass sie das Mandat im vergangenen Jahr selbst noch abgelehnt habe, und die Union strebe offenbar eine „schleichende Einführung von Dauermandaten“ an, die „wir einfach durchwinken sollen“. Es sei auch bei der Einrichtung der Kommission zur Überprüfung von Auslandseinsätzen sichtbar geworden, dass der „Bundestag eben nicht mehr so genau hinschauen soll“.
Die deutsche Beteiligung an Atalanta soll laut Antrag der Bundesregierung inhaltlich gleich gestaltet sein wie beim vorangehenden Mandat, die personelle Obergrenze jedoch von bisher 1.400 Soldaten auf 1.200 reduziert werden.
Die Bundesregierung begründet diesen Schritt damit, dass die bisherige Obergrenze in der Vergangenheit nicht ausgeschöpft worden sei. Zudem sei vor dem Hintergrund der eingedämmten Piraterie eine schrittweise Absenkung der Mandatsobergrenze möglich und aus militärischer Sicht folgerichtig.
Darüber hinaus stellt die Bundesregierung klar, dass durch das Seegebiet vor Somalia die wichtigste Handelsroute zwischen Europa, der arabischen Halbinsel und Asien führe. Diese sicher und offen zu halten, sei eine wichtige Aufgabe internationaler Sicherheitspolitik und liege auch im unmittelbaren deutschen Interesse.
Seit Beginn der Operation, schreibt die Bundesregierung weiter, habe sich Deutschland durchgehend unter anderem mit mindestens einer Überwassereinheit sowie mit in Dschibuti stationiertem Unterstützungspersonal und Soldaten in den Hauptquartieren beteiligt. Die Kosten beziffert die Bundesregierung für die Verlängerung vom 1. Juni 2014 bis zum 31. Mai 2015 auf insgesamt rund 64,9 Millionen Euro. (ahe/22.05.2014)