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Die Energiewende in Deutschland soll durch eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes neuen Schwung erhalten. Dazu sollen die Ausbaukosten begrenzt und für alle Beteiligten und die Stromkunden verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Der Bundestag wird sich am Donnerstag, 8. Mai 2014,erstmals in einer 105-minütigen Debatte ab 9 Uhr mit diesem Großprojekt beschäftigen.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Die Große Koalition von CDU/CSU- und SPD-Fraktion will die Entwicklung zu einer Energieversorgung ohne Atomenergie und mit stetig wachsendem Anteil erneuerbarer Energien konsequent und planvoll fortführen. Dieses Ziel verfolgt der gemeinsam eingebrachte Entwurf zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts (18/1304).
Auch soll mit dem Gesetzentwurf das Ziel erreicht werden, den Anteil der erneuerbaren Energien an der deutschen Stromversorgung stetig zu erhöhen. Bis 2050 sollen mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Bis 2025 soll der Anteil der erneuerbaren Energien auf 40 bis 45 Prozent und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent steigen.
"Zugleich soll diese Novelle die Kostendynamik der vergangenen Jahre beim Ausbau der erneuerbaren Energien durchbrechen und so den Anstieg der Stromkosten für Stromverbraucher begrenzen", formulieren die Fraktionen. Zudem soll sich der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien auf kostengünstige Technologien konzentrieren.
Der Ausbaupfad für Energieerzeugungsanlagen soll begrenzt werden. So soll die installierte Leistung der Windenergieanlagen an um 2.500 Megawatt pro Jahr erhöht werden. Die installierte Leistung von Windenergieanlagen auf See soll auf insgesamt 6.500 Megawatt im Jahr 2020 und 15.000 Megawatt im Jahr 2030 steigen.
Die Steigerung der Erzeugung von Solarstrom (Photovoltaik) soll 2.500 Megawatt pro Jahr nicht überschreiten, und der Zuwachs an installierter Leistung der Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Biomasse auch zwecks Erhaltung der biologischen Vielfalt auf 100 Megawatt pro Jahr begrenzt werden.
Dies biete der Branche der erneuerbaren Energien einen verlässlichen Wachstumspfad, und gleichzeitig würden die Kosten für den Ausbau erneuerbarer Energien begrenzt, heißt es in der Begründung des Entwurfs. "Darüber hinaus schafft der Ausbaukorridor Planungssicherheit für die weiteren Akteure der Energiewirtschaft wie Netzbetreiber und Betreiber konventioneller Kraftwerke", schreiben die Fraktionen.
Weiter heißt es in dem Entwurf: "Darüber hinaus sollen spätestens 2017 die finanzielle Förderung und ihre Höhe für die erneuerbaren Energien wettbewerblich über technologiespezifische Ausschreibungen ermittelt werden. Um Erfahrungen mit Ausschreibungen zu sammeln, wird die Förderung von Fotovoltaik-Freiflächenanlagen als Pilotmodell auf ein Ausschreibungssystem umgestellt."
Auf Grundlage dieser Erfahrungen ist vorgesehen, spätestens 2017 die Förderhöhe für erneuerbare Energien generell im Rahmen von Ausschreibungen wettbewerblich zu ermitteln. Außerdem soll die Direktvermarktung von aus erneuerbaren Energien erzeugtem Strom verpflichtend werden. Die Direktvermarktung ist zunächst für Neuanlagen und ab einer Leistung von 500 Kilowatt ab 1. August 2014 vorgesehen. Ab 1. Januar 2016 sinkt die Grenze auf 250 Kilowatt und ab 1. Januar 2017 auf 100 Kilowatt.
An den Kosten des Ausbaus erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) sollen alle Stromverbraucher "in adäquater Weise" beteiligt werden, ohne dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der stromintensiven Industrie gefährdet wird. Daher sieht der Entwurf eine "ausgewogene" Regelung für eigenerzeugten und selbst verbrauchten Strom vor.
Außerdem soll die "besondere Ausgleichsregelung" überarbeitet werden. Die entsprechenden Bestimmungen für stromintensive Unternehmen sind aber noch nicht in dem Entwurf enthalten, sondern sollen "zeitnah im weiteren Verfahren" nachgetragen" werden. Für bestehende Anlagen soll es Vertrauensschutz und für kleine Anlagen eine Bagatellgrenze geben.
Als wesentliches Ziel des Entwurfs wird formuliert, die EEG-Umlage in den nächsten Jahren auf dem heutigen Niveau zu stabilisieren. Zugleich wird aber darauf hingewiesen, dass die Höhe der Umlage nicht nur von den Kosten des Ausbaus erneuerbarer Energien abhängt, sondern dass "eine Vielzahl von Einflussfaktoren auf die Höhe der EEG-Umlage wirkt", zum Beispiel Börsenstrompreis und Wetter. Daher seien konkrete Abschätzungen zur zukünftigen Entwicklung der EEG-Umlage "selbst auf kurze Zeit mit starken Unsicherheiten behaftet".
2013 wurden an die Betreiber von erneuerbaren Energieanlagen Vergütungen in Höhe von 22,8 Milliarden Euro gezahlt. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher EEG-Vergütungssatz von 17 Cent pro Kilowattstunde für den Bestand, während für Neuanlagen 14,6 Cent angegeben werden. Dieser Vergütungssatz soll für 2015 ans Netz gehende Neuanlagen auf zwölf Cent sinken.
Der Umbau der Energieversorgung biete "enorme Potenziale für Innovation, Wachstum und Beschäftigung", heißt es in dem Entwurf. So sei im Bereich der erneuerbaren Energien für das Jahr 2012 ein Investitionsvolumen von 19,5 Milliarden Euro zu verzeichnen, davon 16,5 Milliarden im Stromsektor.
Der Bruttobeschäftigungseffekt betrage 377.800 Personen. Zwei Drittel der Arbeitsplätze (268.000) seien auf die Wirkung des EEG zurückzuführen. Das EEG leiste zudem "einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Emissionen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen und somit zur Vermeidung von externen Schadenskosten". Der Gesetzentwurf soll im Anschluss zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen werden.
Die Linke hat einen Antrag für eine "gerechte und bürgernahe Ökostromförderung" (18/1331) vorgelegt, der ebenfalls beraten wird. Darin fordert sie unter anderem, "unberechtigte" Industrierabatte zulasten der Privathaushalte abzuschaffen, die Privilegierung des Eigenverbrauchs von selbst erzeugtem Strom einzuschränken.
Auf die vorgesehene, schrittweise beginnende Verpflichtung zur Direktvermarktung von EEG-Strom ab dem 1. August 2014 solle genauso verzichtet werden wie auf die geplanten Ausschreibungen zur Ermittlung der Förderhöhe ab 2017, fordert die Fraktion. Die Vergütung von Ökostrom an besonders ertragreichen Standorten will sie herunterfahren, um Überförderung abzubauen, gleichzeitig aber die Förderung von weniger ertragreichen Standorten verbessern. (hle/07.05.2014)