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Über das Vorhaben von Union und SPD, eingetragenen Lebenspartnerschaften mehr Adoptionsrechte einzuräumen, entscheidet der Bundestag am Donnerstag, 22. Mai 2014, nach der 45-minütigen zweiten und dritten Lesung ab etwa 17.10 Uhr. Der Debatte zugrunde liegen zwei identische Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen (18/841) und der Bundesregierung (18/1285), nach denen gleichgeschlechtlichen Paaren künftig die sogenannte „Sukzessivadoption“ erlaubt sein soll: Lesben und Schwule sollen ein Kind, das von ihrem Partner bereits adoptiert worden ist, nachträglich ebenfalls adoptieren können. Der Rechtsausschuss hat dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (18/1488).
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Die Grünen fordern in einer Gesetzesvorlage (18/577 neu), im Adoptionsrecht alle Regelungen, die Ehepaare betreffen, in vollem Umfang auf Lebenspartnerschaften zu übertragen und somit Homosexuellen auch die gemeinsame Adoption eines Kindes zu gestatten.
Zudem verlangt die Fraktion in einem Gesetzentwurf (18/842) die Ratifizierung des Europaratsvertrags über die Adoption von Kindern in der 2008 revidierten Fassung. Namentlich abgestimmt werden soll über einen Änderungsantrag der Grünen zum Gesetzentwurf der Koalition.timmt wird über einen Änderungsantrag der Grünen (18/1494) zum Gesetzentwurf.
Justizminister Heiko Maas (SPD) wertet die Initiative der Koalition zur Ausdehnung der Adoptionsrechte bei gleichgeschlechtlichen Paaren als „weiteren Schritt auf dem Weg zur völligen rechtlichen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften“.
Bisher können Lesben und Schwule das leibliche Kind des Partners adoptieren, was als „Stiefkindadoption“ bezeichnet wird. Untersagt ist solchen Partnerschaften indes die Sukzessivadoption, die Ehepaaren vorbehalten ist. Jedoch hat das Verfassungsgericht im Februar 2013 geurteilt, dass diese Bestimmungen dem Grundgesetz widersprechen, da der Anspruch auf Gleichbehandlung verletzt werde.
Die Karlsruher Entscheidung verpflichtete den Bundestag, bis Ende Juni dieses Jahres eine verfassungskonforme Neuregelung zu verabschieden. Seit der Verkündung des Urteils vom Februar 2013 können lesbische und schwule Paare die Sukzessivadoption bereits praktizieren. Mit dem Beschluss am Donnerstag soll das Recht an diese Praxis angepasst werden.
Nach dem Willen der Koalition bleibt homosexuellen Partnerschaften die gemeinsame Adoption eines Kindes weiterhin verwehrt. Im Februar 2014 wies Karlsruhe den Vorstoß eines Berliner Amtsgerichts zurück, das die Untersagung der gemeinschaftlichen Adoption durch schwule und lesbische Paare als verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Ehepaaren kritisiert hatte.
Für die volle rechtliche Gleichstellung von Ehepaaren und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften bei Adoptionen plädieren die Grünen. Nach den Plänen der Fraktion sollen Homosexuelle auch das Recht zur gemeinsamen Adoption eines Kindes erhalten.
Die Grünen zitieren die Karlsruher Richter mit den Worten, zwischen eingetragenen Partnerschaften und der Ehe existierten keine Unterschiede, „welche die ungleiche Ausgestaltung der Adoptionsmöglichkeiten rechtfertigen könnten“. Nach Auffassung der Fraktion ist es „absurd“, dass Ehegatten nur gemeinschaftlich, aber nicht einzeln, Lebenspartner hingegen lediglich einzeln, nicht aber zusammen ein Kind adoptieren dürften.
Die Grünen machen sich zudem stark für die Ratifizierung des revidierten Europaratsabkommens zum Adoptionsrecht, weil hierzulande noch die alte Version dieser Übereinkunft von 1967 gelte, die eine Sukzessivadoption nur Ehepaaren erlaubt.
Die neue Fassung des Vertrags von 2008 räumt indes den Mitgliedsnationen des Straßburger Staatenbunds das Recht ein, die Sukzessivadoption auch gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu gestatten – wobei die Europaratsländer zu einem solchen Schritt nicht verpflichtet sind.
Gleiches gilt für die gemeinsame Adoption von Kindern durch Schwule und Lesben: Die dem Staatenbund angehörenden 47 Nationen können laut der revidierten Version des Vertrags dieses Recht homosexuellen Paaren einräumen, sind dazu aber nicht gezwungen. Union und SPD wollen denn auch von dieser Möglichkeit „keinen Gebrauch machen“.
Bei einer Anhörung des Rechtsausschusses am 5. Mai 2014 stieß der Plan der Regierung, eingetragenen Partnerschaften das Recht zur Sukzessivadoption zuzugestehen, auf einhellige Zustimmung der Sachverständigen. Ein Teil der Experten plädierte darüberhinaus für den Vorschlag der Grünen, lesbischen und schwulen Paaren auch die gemeinsame Adoption eines Kindes zu erlauben. (kos/21.05.2014)