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Mit einem Haftungsfonds sollte dem Problem der ständig steigenden Beiträge für die Haftpflichtversicherung von Hebammen entgegengetreten werden. So lautete die Forderung der Petentin Sabine Schmuck, über deren Eingabe der Petitionsausschuss unter Vorsitz von Kersten Steinke (Die Linke) am Montag, 23. Juni 2014, in öffentlicher Sitzung beriet (Hinweis zum Video der Sitzung des Petitionsausschusses: Es handelt sich um die zu Beginn der Sitzung beratene Petition).
Die Petentin, seit 25 Jahren als „außerklinische, traditionelle Hebamme“ tätig, machte dabei deutlich, dass der Beitrag für die Haftpflichtversicherung, der ab 1. Juli 2014 bei 5.091 Euro liegen soll (2009: 2.370 Euro) viele freiberufliche Hebammen zur Aufgabe der Geburtshilfe zwingen würde. Mit Folgen für die werdenden Mütter, wie Schmuck sagte: „Die freie Wahl des Geburtsortes gibt es schon lange nur noch auf dem Papier“, urteilte die Petentin.
Schmuck sprach sich daher für einen Haftungsfonds aus, „der nicht über privatwirtschaftliche Versicherungskonzerne läuft“. Wenn man eine Haftpflichtversicherung vorschreibe, was aus Sicht Schmucks sinnvoll ist, dürfe man diese jedoch nicht dem freien Markt überlassen. Die Petentin forderte einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu dem Thema. „Das geht nicht nur die kleine Berufsgruppe der Hebammen an“, sagte sie.
Ingrid Fischbach (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, räumte ein, dass die Haftpflichtversicherung gerade bei Hebammen, die wenige Kinder zur Welt bringen, ein großes Problem sei. Die Bundesregierung, so Fischbach, habe darauf reagiert, indem sie einen Sicherstellungszuschlag beschlossen habe, der die Kosten abfedern solle.
Zudem habe man dazu beigetragen, dass sich die Versicherungswirtschaft – zumindest vorerst – nicht aus dem Geschäftsbereich zurückzieht. „Wir haben für eine Entwarnung bis 2016 gesorgt“, sagte die Staatssekretärin und kündigte gleichzeitig an, weiter an dem Problem zu arbeiten.
Skeptisch zeigte sich Fischbach in der Frage eines staatlichen Haftungsfonds. Es sei fraglich, ob man einen solchen Fonds für eine einzelne Gruppe aus den Heilberufen auflegen könne. Das Gesundheitsministerium, so die Staatssekretärin, denke stattdessen über eine Regressbegrenzung nach. Damit ließen sich die Schadensersatzsummen und damit auch die Haftpflichtbeiträge eingrenzen, sagte sie.
Aus Sicht der Petentin sind die jüngsten Aktivitäten des Gesundheitsministeriums lediglich Lippenbekenntnisse, die der Beruhigung der Bevölkerung und der Hebammen dienen sollen. „Das ist nicht zielführend“, sagte Schmuck. So greife etwa der Sicherungszuschlag nicht für die zweite Hebamme, die bei den meisten Geburten hinzugezogen werde und ebenfalls voll haftbar sei.
Die Petentin wandte sich auch gegen den Eindruck, dass weniger Geburten auf weniger Qualität der Hebammen hinweisen würden. Das Gegenteil sei der Fall. „Es hat eine hohe Qualität, wenn die Hebamme sehr individuell auf die schwangere Frau und ihr Kind eingehen kann.“
Den Einwand der Staatssekretärin aufgreifend, es sei nicht möglich nur einer Gruppe innerhalb der Heilberufe einen Haftungsfonds anzubieten, machte die Hebammen-Vertreterin deutlich, dass aus ihrer Sicht der Fonds für alle Gesundheitsberufe gelten soll.
So werde es in Österreich und auch den Niederlanden praktiziert, betonte Schmuck. „In Österreich zahlen die Hebammen einen jährlichen Beitrag von 100 Euro“, sagte sie und kam zu dem Fazit: „Ein gestaffelter Haftpflichtfonds ist die einzig mögliche Lösung.“ (hau/23.06.2014)