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Die Bundesregierung erwägt neue Schritte gegen Aktivitäten der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) in Deutschland. Man prüfe, welche neuen Maßnahmen man hierzulande kurzfristig gegen IS-Aktivitäten in der Bundesrepublik ergreifen könne, sagte Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag, 9. September 2014, in der Haushaltsdebatte zum Etat 2015 des Bundesinnenministeriums (18/2000, Einzelplan 06). „Sehr schnell werden dazu Entscheidungen fallen“, kündigte der Ressortchef an. Er zeigte sich besorgt über die Reisebewegungen radikalisierter Islamisten aus Deutschland. Seit 2012 wisse man von mehr als 400 Ausreisen aus Deutschland in syrische Kampfgebiete, „vermehrt auch in den Irak“.
Mehr als 100 Islamisten seien bisher zurückgekehrt, darunter auch solche mit Kampferfahrung. „Wir wollen verhindern, dass diese radikalisierten Kämpfer ihren Dschihad in unsere deutschen Städte tragen“, fügte de Maizière hinzu.
Wenn man nicht wolle, dass deutsche Soldaten an der Seite von Kurden gegen IS kämpfen, „dann müssen wir wenigstens dafür sorgen, dass nicht Männer und Frauen aus Deutschland auf der Seite von IS gegen Kurden, gegen Jesiden und gegen Christen kämpfen“. Dabei setze man auf die gute Arbeit der Sicherheitsbehörden.
Auch der Grünen-Abgeordnete Volker Beck mahnte, „den Fluss von Kämpfern aus unseren Ländern in diese Region“ zu stoppen. Dabei komme aber bestehendes Recht nicht zur Anwendung.
Das Personalausweis- und das Passgesetz erlaubten es, Reisepässe zu entziehen und den Geltungsbereich der Personalausweise auf Deutschland zu beschränken. Auch Ausländern könne man die Ausreise verbieten. Er habe aber nicht gehört, dass man dies wirklich durchsetzt.
Der CSU-Parlamentarier Stephan Mayer kritisierte die „Umtriebe“ von IS-Anhängern in Deutschland als nicht hinnehmbar. Man müsse dagegen vorgehen, dass auf deutschen Straßen und Plätzen Fahnen mit dem IS-Logo geschwenkt werden.
Mayer plädierte in diesem Zusammenhang dafür, die Sympathiewerbung für terroristische Organisationen wieder unter Strafe zu stellen, wie es bis 2003 der Fall gewesen sei. Es spreche nichts dagegen, diesen Straftatbestand wieder einzuführen.
De Maizière warb in der Debatte auch für eine Zustimmung des Bundesrates zu dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Einstufung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als asylrechtlich sichere Herkunftsstaaten. Er rechne in diesem Jahr mit 200.000 „oder vielleicht etwas mehr“ Asylanträgen in Deutschland.
Es müsse alles getan werden, um die Aufnahmebereitschaft in Europa für die wirklich Schutzbedürftigen zu erhalten. Ein notwendiger Schritt sei dabei der Gesetzentwurf über die sichereren Herkunftsstaaten, mit dem man die „faktische Armutsmigration“ aus den drei Westbalkan-Staaten reduzieren wolle.
Der Minister mahnte zudem eine „gemeinsame europäische Antwort auf die steigenden Flüchtlingszahlen und die verheerende Situation im Mittelmeer“ an. Dazu gehe an diesem Dienstag ein gemeinsamer Brief von ihm und seinen französischen, polnischen und britischen Kollegen an die EU-Kommission, der sieben Punkte vorsehe.
Dazu zählen nach den Worten de Maizières unter anderem eine bessere Kontrolle der externen EU-Grenzen und eine verstärkte Bekämpfung des Menschenhandels . Auch müssten alle Flüchtlinge „in den Ländern, in denen sie ankommen, menschenwürdig und anständig aufgenommen werden“. In dieser Frage gebe es Mängel.
Ferner sei man bereit zu Gesprächen, „ob wir auf freiwilliger Basis zeitlich befristet die Länder entlasten, die überproportional Flüchtlinge aufnehmen, wenn sie sich (...) an ihre Verpflichtungen halten“. Dies müsse unter Anrechnung der Lasten geschehen, „die die Länder bereits schultern, die besonders viele Flüchtlinge aufgenommen haben“.
Beck wandte sich dagegen, Flüchtlingsgruppen vom Balkan gegen solche aus Syrien und dem Irak auszuspielen. Die Hypothese, man könne ein ganzes Land pauschal als sicher für alle Gruppen bezeichnen, stimme einfach nicht. In den drei Balkan-Staaten würden die Gruppe der Roma und die der Homosexuellen diskriminiert und verfolgt. Daher könne man nicht sagen, dies nicht mehr „im Sinne des individuellen Grundrechts auf Asyl“ zu prüfen.
Der SPD-Abgeordnete Martin Gerster sagte, die „kriegsähnlichen Konflikte“ rund um Europa stellten eine besondere Herausforderung dar. Dabei habe man beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bereits im Haushalt des laufenden Jahres 300 zusätzliche Stellen festgeschrieben. Jetzt sattele man nochmals mindestens 50 Stellen drauf. Dies sei „absolut notwendig“.
Wer mehr fordere, müsse sich überlegen, ob es möglich wäre, in so kurzer Zeit mehr qualifiziertes Fachpersonal zu gewinnen, damit diese Stellen auch besetzt werden könnten. Daher müsse „mit Augenmaß“ vorangegangen und im Blick behalten werden, dass alle Asylanträge „gut, qualifiziert und individuell entschieden werden“. Trotz der steigenden Zahl der Anträge dürfe man nicht das Ziel aus den Augen verlieren, ihre Bearbeitungszeit zu verringern.
Für Die Linke warf ihr Abgeordneter Jan Korte dem Innenminister vor, nichts zu der NSA-Überwachungsaffäre gesagt zu haben. Dabei sei das massenhafte, anlasslose Überwachen ein „schleichendes Gift für jede Demokratie“. Die freie Gesellschaft sei auf den geschützten privaten Raum angewiesen.
Korte verwies zugleich darauf, dass der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, in einer Anhörung des Parlaments sinngemäß „die Auslandsaufklärung des Telekommunikationsverhaltens im Ausland“ durch den Bundesnachrichtendienst als verfassungswidrig kritisiert habe. Über diesen „massiven Vorwurf“ könne man nicht einfach darüber hinweggehen, wie die Bundesregierung dies mache.
Auf eine Kleine Anfrage seiner Fraktion zu Papiers Äußerung habe die Bundesregierung mit nur 13 Zeilen geantwortet. Das sei „nicht in Ordnung gegenüber dem Bundestag“. Die Parlamentarier seien gewählt, um die Regierung zu kontrollieren, betonte Korte und forderte die Regierung auf, den Abgeordneten „ordentliche Auskunft zu geben“.
Nach dem Regierungsentwurf umfasst der Haushalt 2015 des Bundesinnenministeriums ein Ausgabenvolumen von gut 5,73 Milliarden Euro und damit fast 167 Millionen Euro weniger als im laufenden Jahr, in dem Ausgaben in Höhe von knapp 5,9 Milliarden Euro vorgesehen sind. Rund zwei Drittel der Ausgaben des Innenetats 2015 sollen für den Bereich der Sicherheitsbehörden aufgewandt werden. (sto/09.09.2014)