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Dass es bei der Debatte über den Etat des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz nicht nur ums Geldausgeben, sondern auch um das Verfassen guter Regeln und Gesetze geht, darüber waren sich Opposition und Regierungskoalition am Dienstag, 9. September 2014, ziemlich einig. Trotzdem fanden sich unterschiedliche Sichtweisen auf den Etat für 2015 des Justizministeriums (Einzelplan 07, 18/2000), als dieser in erster Lesung im Bundestag debattiert wurde.
Und das, obwohl der Haushalt von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) traditionell der kleinste der Bundesministerien ist. Das hat sich auch nicht geändert, seit die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz zu Beginn der laufenden Wahlperiode vom Landwirtschaftsministerium an das Justizministerium überging.
Maas kann sich auf ein Ausgabevolumen von 663,02 Millionen Euro einstellen, das sind 14,88 Millionen Euro mehr als 2014. Auch im Justizministerium schlucken die Ausgaben für das Personal den Löwenanteil des Budgets. 442,75 Millionen Euro sind dafür eingestellt, 21,73 Millionen Euro mehr als 2014. Die Personalausgaben werden aber mehr als gedeckt durch die Einnahmen des Ministeriums, die mit 480,33 Millionen Euro taxiert sind. Die meisten davon werden vom Deutschen Patent- und Markenamt und dem Bundesamt für Justiz erwirtschaftet.
Für Bundesminister Heiko Maas stellt der Etat seines Ministeriums denn auch einen doppelten Rekord auf. Zum sei es der Etat mit den geringsten Ausgaben, und zum anderen der mit den prozentual höchsten Einnahmen. „72 Prozent der Ausgaben sind durch Einnahmen gedeckt“, sagte er.
Maas stellte drei Gesetzesinitiativen vor, die er in der aktuellen Wahlperiode umsetzen will: Im Bereich des Sexualstrafrechts und des Cybermobbing wolle man mehrere Strafrechtslücken schließen. So werde man die Verjährung bei sexuellem Missbrauch bis zum 30 Lebensjahr erhöhen und die Strafbarkeit der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie verschärfen.
Die Einführung der Mietpreisbremse nannte Maas „überfällig“, ebenso wie die Einführung einer Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten von Unternehmen. In allen großen deutschen Unternehmen sei die Vertretung von Frauen in den Vorständen und Aufsichtsräten rückläufig. „Es ist Zeit, dass wir das Gesetz auf den Weg bringen.“
Zum Thema Verbraucherschutz sagte Maas, noch würde zu vielen Menschen der Zugang zu einem Konto verweigert. Zwar trete kommende Woche eine EU-Richtlinie in Kraft, die jedem Menschen innerhalb der EU das Recht auf einen Kontozugang ermögliche, doch Zugang zum Finanzleben trage auch das Risiko, sich durch zu hohe Dispozinsen zu verschulden. Hier wolle er die Banken stärker in die Pflicht nehmen, beispielsweise durch eine Beratungspflicht bei mehrmaliger Inanspruchnahmen des Dispokredits.
Für Dr. Tobias Lindner von den Grünen ist der Etat des Justizministeriums ebenfalls ein besonderer Etat. Denn dabei gehe es nicht nur ums Geld, sondern um ein funktionierendes Justizsystem, sagte er. Das beinhalte auch einen guten Verbraucherschutz, doch der bleibe „chronisch unterfinanziert“. Lindner kritisierte deshalb, dass beim Neuzuschnitt des Ministeriums, nur ein Drittel der Mittel für Verbraucherschutz beim Ministerium geblieben seien. „Sie haben da ein Ministerium geschaffen, auf das Ihr eigener Koalitionsvertrag nicht anwendbar ist.“
Die Macht der Verbraucher müsse gestärkt werden, deshalb sei der geplante Wächter für den Finanzmarkt und das Internet bitter notwendig. Doch es reiche nicht aus, die Mittel um 800 000 Euro zu erhöhen, mittel- bis langfristig kämen da "Kosten von 14 bis 15 Millionen Euro auf uns zu", sagte er. Ebenso kritisierte er, dass die Zuwendungen für die Stiftung Warentest gekürzt worden seien.
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) hielt den Haushalt 2015 insgesamt für einen guten Haushalt. Bezüglich des Etats des Justizministeriums kritisierte sie Maas allerdings dafür, beim Bundesverwaltungsgericht eine Richterstelle gestrichen und dafür neue Ministerialbeamte in seinem Haus eingestellt zu haben. „Das geht nicht“, sagte sie, „dazu ist das Bundesverwaltungsgericht zu wichtig.“
Bei zukünftigen Gesetzesvorhaben wolle man den Mittelstand weiterhin stärken, sagte Winkelmeier-Becker. Dazu gehöre unter anderem, neue Kriterien für das Insolvenzrecht zu erarbeiten sowie das Gewährleistungsrecht zu überarbeiten. Die Einführung einer Frauenquote für Unternehmen befürwortete Winkelmeier-Becker, wies aber darauf hin, für Umsetzungsschwierigkeiten ein offenes Ohr zu behalten. Davon hinge auch die Akzeptanz der Frauenquote ab.
Für Die Linke sprach Roland Claus. Mit dem Hinweis auf die Vorgänge im Zusammenhang mit dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) und dem amerikanischen Geheimdienst NSA warnte der Abgeordnete vor einer schleichenden Unterwanderung des Rechtsstaats. „Wir müssen die Idee des Rechtsstaats neu denken, um die Idee des Rechtsstaates zu bewahren.“ Er kritisiert das Fehlen von Mitteln für die Aufarbeitung von Justizversagen oder für die Fortbildung für Juristen auf diesem Gebiet. Auch die Einrichtung eines Justizopferfonds wäre ein wichtiger Schritt, sagte Claus.
Im Verbraucherschutz gebe es das Kuriosum, dass dafür zum einen das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz und zum anderen das Bundesamt für Verbraucherschutz zuständig seien, das dem Landwirtschaftsministerium nachgeordnet sei, monierte der Abgeordnete. „Hier haben Sie sich über den Tisch ziehen lassen, Herr Minister Maas“, sagte Claus. Wo Verbraucherschutz drauf stehe müsse auch Verbraucherschutz drin sein.
Dennis Rohde (SPD) beschränkte sich auf die Arbeit des Deutschen Patent- und Markenamtes in München. Dessen Arbeit trage auch zur Stärke der deutschen Wirtschaft bei, sagte er. Die hohe jährliche Anzahl an Patentanträgen auch aus dem Ausland zeige deutlich, dass das deutsche Patent eine hohe Wertschätzung genießt. Allein 2013 habe es über 63.000 Patentanmeldungen und 15.500 Gebrauchsmusteranträge gegeben.
Ein gewisser Rückstau liege in der Natur der Sache, doch müsse auch die Personalstruktur des Amtes kritisch betrachtet werden. „Das vorhandene Personal und Antragsaufkommen müssen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen“, sagte er. Nur dann könne der Schutz des intellektuellen Eigentums auch weiterhin gesichert werden.
Gleichzeitig wies Rohde daraufhin, dass zu dem Schutz der Wirtschaftskraft auch eine funktionierender Verbraucherschutz gehöre. Dieser schütze und stärke nämlich nicht nur die Konsumenten, sondern auch die Unternehmer, und zwar diejenigen, die redlich gearbeitet hätten. Als Beispiel nannte er das Bestellerprinzip bei Immobilienmaklern, was für Wettbewerbsgleichheit sorge. (jbb/09.09.2014)