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Bundestagspräsident Norbert Lammert im Forum Plenarsaal des Bundestages beim Bürgerfest am 2. Oktober in Hannover © DBT/Stella von Saldern
„Der Deutsche Bundestag in Hannover – zu Gast beim Parlament“. Unter diesem Motto präsentierte sich das deutsche Parlament beim Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit am Donnerstag, 2. Oktober, und Freitag, 3. Oktober 2014, in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Zusammen mit den anderen Verfassungsorganen Bundesrat und Verfassungsgericht sowie den 16 Bundesländern und zahlreichen anderen Institutionen und Gruppen informierte der Bundestag auf dem Festgelände über seine Arbeit und Geschichte. Und dabei ist der zweite Teil des Mottos durchaus wörtlich zu nehmen, denn die Besucher des Standes des Bundestages konnten hier als fiktive Abgeordnete am Planspiel einer Plenardebatte teilnehmen und im originalgetreu nachgebauten Plenarsaal sprechen.
„Eine super Sache“, findet Birgitt Krause. „Ich war letztes Jahr auf dem Festakt in Stuttgart schon da, und mir hat das damals schon so gefallen, dass ich dieses Jahr wieder hin wollte und zu meinen Freunden gemeint habe: Da müsst ihr mitkommen.“ Ihr Mann Artur stimmt ihr zu, genauso wie ihre Begleiter, Manfred und Angelika Krüger, die wie Krauses aus Peine kommen. „Wir sind einfach mal aus Jux und Tollerei mitgegangen, und es hat sich sehr gelohnt“, findet Manfred Krüger. Die vier waren auch schon mal in Berlin auf der Besuchertribüne im richtigen Plenarsaal, aber eine Debatte verfolgt geschweige denn mitgemacht haben sie noch nicht.
Im nachgebauten Plenarsaal mit Bundesadler aus Pappe und der deutschen sowie europäischen Flagge hinter dem Podium haben sie jedenfalls viel „echtes Parlament“ erlebt. Die Mitarbeiter des Besucherdienstes des Bundestages achteten auf originalgetreue und gemäß der Geschäftsordnung des Bundestages ablaufende Sitzungen.
So leitete ein „Bundestagspräsident“ die Debatte, ein „Bundeskanzler“ sprach für die Regierung und ein fiktiver Bundesratspräsident vertrat die Länder. Genau wie im richtigen Parlament auch erhoben sich die „Abgeordneten“ zum Gong, als der Bundestagspräsident erschirn, und stimmten in der namentlichen Abstimmung mit ihren blauen, roten oder weißen Kärtchen ab.
Die Themen der Sondersitzungen waren dabei unterschiedlich. So konnten die Teilnehmer wahlweise über den Führerschein mit 16, den hannoveranischen Dialekt als Standardsprache in ganz Deutschland oder nochmalige Fahrsicherheitsüberprüfungen für Rentner abstimmen.
Ein besonderes Schmankerl für Angelika Krause und ihre Begleiter war der Besuch des echten Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Nobert Lammert in ihrer Sitzung. Dieser zeigte sich erfreut, dass der Plenarsaal so voll sei. „Das ist nicht immer der Fall“, sagte er, „hat aber auch seine durchaus guten Gründe.“ Er erklärte den Besuchern, warum im Plenum oft nur wenige Abgeordneten sitzen: abgesehen von den großen, wichtigen Regierungserklärungen nämlich oft nur die entsprechenden Fachpolitiker und Experten zu dem jeweiligen Thema.
In den Fachausschüssen würden die wichtigen Diskussionen geführt, die dann im Plenum noch abschließend beschieden werden. „Voll sind die Parlamente nur da, wo sie nichts zu sagen haben“, sagte Lammert. Anschließend stellte er sich den Fragen der Besucher, beispielsweise zum derzeitigen Zustand der Bundeswehr oder der Rolle von Volksbeteiligungen und -befragungen in der Politik.
Im Planspiel trafen die Protagonisten anscheinend genau die richtige Mischung aus Informationsvermittlung, Unterhaltung und Würde des Hauses. „Sehr interessant und amüsant“, findet Artur Krause. Die Mitarbeiter des Bundestages gaben zu Beginn erst einmal eine Einführung in den Arbeitsablauf im Parlament und den Aufbau einer Sitzungswoche.
In ihre Redebeiträge streuten sie immer wieder Informationen über die Arbeit des Bundestages oder kleine historische Anekdoten. So erklärte der „Bundestagspräsident“ den „Abgeordneten“, wie diese bei der namentlichen Abstimmung mit ihren farbigen Kärtchen abstimmen können.
Für Lukas (15) und Katherina (15) aus der zehnten Klasse der Goethe-Schule aus Hannover war diese fiktive Debatte ein großes Erlebnis. Sie waren mit ihrem Politikkurs auf dem Festgelände und hatten zum ersten Mal eine solche Debatte miterlebt. „Das war ein toller Einblick in die Arbeit des Bundestages“, sagt Katherina. Bisher kannte sie das nur aus den Nachrichten.
Ihre Klassenkameradin Sofia (16) war überrascht, dass die Opposition eine größere Rolle im Bundestag spielt als erwartet. Hubert und Rosemarie Glowalla aus Hannover wollen sich das Planspiel zum Anlass nehmen, nach Berlin zu fahren und sich den Bundestag und das Reichstagsgebäude einmal direkt vor Ort anzusehen.
Neben dem Planspiel zur Plenardebatte gab es noch weitere Planspiele, und zwar zu den Fraktionssitzungen. Alle derzeit im Bundestag vertretenen Fraktionen veranstalteten diese beim Bürgerfest und waren auch mit tatsächlichen Abgeordneten vor Ort.
Ansonsten standen den Besuchern am Stand des Bundestages noch weitere Informationsmöglichkeiten zur Verfügung: Computer erlaubten den Zugang zu den Internetauftritten des Parlaments, eine Kinderecke mit www.kuppelkucker.de bot auch den Kleinen einen Einblick in den Politikbetrieb und bei einem Quiz konnte man seinen Wissensstand unter Beweis stellen und Preise gewinnen. Den Besuchern schien es zu gefallen. (jbb/04.10.2014)