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Angesichts steigender Flüchtlingszahlen hat die Bundesregierung angekündigt, kurzfristig das Baurecht für Flüchtlingsheime zu lockern. Das Bundeskabinett unterstützt damit eine Gesetzesinitiative des Bundesrats (18/2752) und billigte die positive Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Länderkammer. Ziel sei es, den Flüchtlingen, „so schnell wie möglich ein Dach über dem Kopf und eine menschenwürdige Unterkunft zu geben“, sagte Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD), die in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 8. Oktober 2014, kleinere Änderungen im Detail vorstellte.
Im Kern sieht der Gesetzentwurf des Bundesrates „Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen“ vor, dass Kommunen künftig dringend benötigte Flüchtlingsunterkünfte – anders als sonst im Baurecht vorgesehen – auch in Gewerbegebieten und auf siedlungsnahen unbebauten Grundstücken errichten dürfen. Die Umwidmung bereits bestehender Gewerbeimmobilien und Bürohäuser in Asylbewerberheime soll erleichtert werden
Die Ministerin stellte klar, dass die Neuregelung des Bauplanungsrechts bundesweite Geltung haben solle. Sie hoffe, das Gesetzgebungsverfahren sei bis „Ende des Jahres“ abgeschlossen. „Wir brauchen vor dem Winter dringend feste Unterkünfte“, betonte Hendricks, bevor sie sich den Fragen der Parlamentarier stellte.
So wollte Kerstin Kassner, kommunalpolitische Sprecherin der Linksfraktion, wissen, ob es nicht „besser“ sei, Flüchtlinge dezentral in leerstehenden Wohnungen unterzubringen als in Gewerbegebieten oder „auf freiem Feld“, wo es an notwendiger Infrastruktur fehle. In vielen Kommunen stünden schließlich zahlreiche Wohnungen leer.
Ministerin Hendricks antwortete, sie teile grundsätzlich Kassners Auffassung. Jedoch verfüge nicht jede Stadt oder Gemeinde in Deutschland über leerstehenden Wohnraum. Gerade in Ballungsgebieten sei dieser rar, und auch hier müssten Flüchtlinge angemessen untergebracht werden. „Aber keinesfalls auf freiem Feld, sondern am Rande der Siedlung, wo die nötige Infrastruktur vorhanden ist“, stellte die SPD-Politikerin klar. „Die Ver- und Entsorgung muss natürlich gewährleistet sein.“
Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, wollte von Hendricks wissen, ob die Bundesregierung auf die Forderungen des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) eingehen werde, einen nationalen Asylgipfel einzuberufen und zudem das Personal des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aufzustocken.
Hendricks erwiderte, die Bundesregierung habe längst reagiert und das Budget des Bundesamtes für mehr Personal bereits für das kommende Jahr aufgestockt. Zur Einberufung eines Gipfels äußerste sich Hendricks allerdings skeptisch: „Ich erinnere mich, dass die Grünen früher selbst die ,Gipfelitis' kritisiert haben.“
Mit dieser Antwort wollte sich Amtsberg nicht zufrieden geben und hakte nach: „Wir haben vielleicht unsinnige Gipfel in der Vergangenheit kritisiert, doch nun halten ja nicht nur wir Grünen einen Flüchtlingsgipfel für notwendig.“ Auch der Deutsche Städtetag sei dafür, so die Abgeordnete, die fragte: „Gibt es Pläne, dass der Bund die Städte bei der Unterbringung der Flüchtlinge finanziell beteiligt?“
Hendricks verwies auf das am 17. Oktober stattfindende Treffen der Innenminister: „Die Innenministerkonferenz wird sich mit dieser Frage befassen.“
Nach einer finanziellen Unterstützung des Bundes für die Kommunen fragte auch Jörn Wunderlich, familienpolitischer Sprecher der Linksfraktion und Stadtrat in Limbach-Oberfrohna: „Gibt es Überlegungen innerhalb der Regierung, wie die Kommunen von steigenden Kosten für psychosoziale Betreuung oder für Sicherheitsdienste entlastet werden können? Besteht hier ein Anspruch auf Unterstützung durch Bund und Länder?“, wollte der Abgeordnete wissen.
Hendricks verwies auf die Zuständigkeit der Länder. „Die Verantwortung tragen die Länder in Zusammenarbeit mit den Kommunen.“
Chris Kühn, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen für Bau- und Wohnungspolitik, erkundigte sich, ob es Pläne gebe, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) in der gegenwärtigen Situation Wohnungen, Liegenschaften und Grundstücke verbilligt an Kommunen verkaufen könne. „Gilt weiterhin das Höchstpreisgebot oder gibt es auch die Möglichkeit von verbilligten Pachten?“
Hendricks betonte, dass es nicht das Ziel der Immobilienverwaltung sei, jetzt Wohnraum zu veräußern. Es gehe lediglich um die Vermietung von Objekten, stellte die Bauministerin klar. „Nicht jede Kommune kann zum Beispiel eine Kaserne dauerhaft gebrauchen.“ (sas/08.10.2014)