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Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag am Donnerstag, 6. November 2014, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU (18/2581, 18/3004) verabschiedet. Enthalten sind darin befristete Wiedereinreiseverbote im Fall von Rechtsmissbrauch oder Betrug.
Auch wird die Beschaffung von Aufenthaltskarten oder anderen Aufenthaltsbescheinigungen gemäß Freizügigkeitsgesetz/EU durch unrichtige oder unvollständige Angaben unter Strafe gestellt und das Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche auf sechs Monate befristet. Zudem wird der Bund die Kommunen „wegen der besonderen Herausforderungen, die sich aus dem verstärkten Zuzug aus anderen EU-Mitgliedstaaten ergeben“, um 25 Millionen Euro entlasten.
Die Oppositionsfraktionen lehnten den Gesetzentwurf ab. Die Neuregelung sei überflüssig und reine Schikane, sagte Ulla Jelpke (Die Linke). Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Koalition vor, mit den Wiedereinreisesperren gegen EU-Recht zu verstoßen.
Dem widersprach Andrea Lindholz (CDU/CSU). Die EU-Freizügigkeitsrichtlinie erlaube sehr wohl derartige Regelungen. Man müsse gegen Missbrauch vorgehen, um die Akzeptanz des Freizügigkeitsrechts in der Bevölkerung zu sicher, betonte Prof. Dr. Günther Krings (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD) machte deutlich, dass Zuwanderung „gesteuert und gestaltet“ werden müsse.
Man dürfe das Problem der Armutszuwanderung nicht überschätzen, dürfe es aber auch nicht ignorieren, sagte Staatssekretär Krings. Gerade für Großstädte habe sich daraus eine große Belastung ergeben. „Mit dem Gesetz reagiert die Bundesregierung darauf“, sagte er.
Die Freizügigkeit nannte er eine der bedeutendsten Errungenschaften des europäischen Prozesses. Sie habe aber klare rechtliche Voraussetzungen, die bei jedem einzelnen Einwanderer vorliegen müssten. „Darauf bestehen wir“, sagte Krings. Mit dem Gesetz würden die Kommunen finanziell unterstützt. Zugleich unterbinde man die Doppelzahlungen beim Kindergeld und gehe entschieden gegen Scheinselbstständigkeit und Schwarzarbeit vor, betonte er.
Das Gesetz sei ein Ergebnis der von der CSU befeuerten Kampagne „Wer betrügt, der fliegt“, die darauf abgezielt habe, Menschen aus Bulgarien und Rumänien, insbesondere Roma, auszugrenzen, sagte Ulla Jelpke von der Linksfraktion. Tatsächlich gebe es bis heute keinen Beleg dafür, „dass es diesen Missbrauch ernsthaft gibt“. Vielmehr gebe es 400.000 Bulgaren und Rumänen, die in Deutschland arbeiteten und ihre Steuern zahlen zahlten.
Demgegenüber stünden 91 Verdachtsfälle auf Sozialbetrug. „Mit dem Gesetz schießen sie mit Kanonen auf Spatzen“, urteilte die Linke-Abgeordnete. Ihre Fraktion stehe dazu, dass EU-Bürger ihre sozialen Rechte auch in Deutschland wahrnehmen dürften, fügte sie hinzu. Die Bundesregierung stelle jedoch diese Rechte „unter Vorbehalt“.
Es sei gut, dass die Kommunen Unterstützung durch den Bund erhielten, sagte Lars Castellucci. Der SPD-Abgeordnete betonte, dass Deutschland Zuwanderung brauche und davon profitiere. Diese Zuwanderung müsse jedoch gesteuert und gestaltet werden. „Auch mit Befristungen und Einreisesperren.“
Castellucci verwies darauf, dass die Regelungen nach zwei Jahren überprüft würden. Dann könne auch nachgesteuert werden, sagte er. Zugleich forderte er, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen. Wolle man dies tun, müsse man an die Wurzeln dieser Ängste herangehen. „Wir dürfen aber nicht Angst zum Maßstab unserer Politik machen“, forderte der SPD-Abgeordnete.
„Wo Sozialbetrug stattfindet, müssen wir ihn bekämpfen“, sagte Volker Beck. Daher stimme er auch vollständig der Regelung zu, mit einer Steueridentifikationsnummer gegen das doppelte Beziehen von Kindergeld vorzugehen. „Mit der EU-Freizügigkeit hat das aber überhaupt nichts zu tun“, betonte der Grünen-Abgeordnete. Es seien 2.400 deutsche Beamte gewesen, die doppelt Kindergeld bezogen hätten.
Der dem Gesetz zugrundeliegende Staatssekretärsbericht weise hingegen keinen einzigen Fall von Kindergeldbetrug bei Bulgaren und Rumänen nach. „Schüren Sie nicht Ängste in der Bevölkerung“, sagte Beck. „Reden Sie den Leuten nicht ein, es gebe einen Sozialbetrug bei Bulgaren und Rumänen, den es in Wirklichkeit bei deutschen Beamten gegeben hat.
„Es existiere keine unbeschränkte Freizügigkeit in der EU“, machte Andrea Lindholz deutlich. Die EU-Freizügigkeitsrichtlinie, so die Unionsabgeordnete, erlaube die in dem Gesetz getroffen Regelungen. Auch wenn die Opposition da eine andere Rechtsaufassung habe, sei sie sich sicher: „Unsere Regelungen sind europarechtskonform.“
Wolle man die Akzeptanz für die Freizügigkeit erhöhen, müssten noch weitere Schritte erfolgen, forderte sie. Dazu gehöre für sie auch die Frage, „ob EU-Bürger in Deutschland für ihre im Ausland lebenden Kinder Kindergeld in voller Höhe wie in Deutschland bekommen sollten“.
Im Anschluss an die Debatte lehnte der Bundestag sowohl einen Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3079) als auch Entschließungsanträge der Linksfraktion (18/3080) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3081) ab. (hau/06.11.2014)