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„Stoppen wir die Pkw-Maut jetzt“, forderte Herbert Behrens (Die Linke) am Donnerstag, 6. November 2014, im Bundestag. Es ging bei der Debatte freilich noch nicht um einen Gesetzentwurf. Anlass war ein Antrag (18/806), mit dem die Linksfraktion auf ein generelles Nein des Bundestages zur Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland drängt. Bereits am 17. März hatte sie einen Zwischenbericht des zuständigen Verkehrsausschusses angefordert, der über den Stand der Beratungen Auskunft gibt (18/2989). Dieser Antrag war bislang nicht aufgerufen worden – ein Fall für die Geschäftsordnung: Auf Wunsch der antragstellenden Fraktion musste der Ausschussbericht auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt werden, da er zehn Wochen nach der Überweisung noch immer nicht beraten wurde.
Behrens rügte denn auch, dass sich der Ausschuss bisher geweigert habe, sich inhaltlich mit dem Projekt auseinanderzusetzen. Was nun an Plänen seit der vergangenen Woche bekannt sei, bedeute auf jeden Fall erheblichen bürokratischen Aufwand. Zudem habe er bei den 700 Millionen Euro, die nun auf der Habenseite genannt würden, den „Eindruck, dass die Einnahmen hochgerechnet und die Ausgaben heruntergerechnet werden“.
Er stellte die Frage, wer denn eher eine schwarze Null erreichen werde: Der Verkehrsminister mit seiner Maut oder der Finanzminister mit seinem Haushalt? Das Vorhaben sei auch „rechtlich nicht zu halten“ – etwa beim Umgang mit der Einordnung von Bundesstraßen im innerstädtischen Bereich.
Karl Holmeier (CDU/CSU) warf den Blick zurück auf die friedliche Revolution vor 25 Jahren: „Heute stellen die SED-Nachfolger einen Antrag, der sinnlos ist und so überflüssig wie ein Kropf.“ Die Einführung der Pkw-Maut sei im Unionswahlprogramm enthalten gewesen: „Auch dafür haben uns die Menschen gewählt.“ Das Vorhaben sei dann in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden. Nun – „versprochen und Wort gehalten“ – lege Verkehrsminister Alexander Dobrindt seinen Gesetzentwurf vor.
Die „Ausweitung der Nutzerfinanzierung“ bei der Infrastruktur bedeute „eine größere Unabhängigkeit vom Etat“, hob Holmeier hervor. Er lobte, dass sich die Berechnung der Maut an „Hubraum und Umweltfreundlichkeit“ orientieren wolle. Er freue sich auf die Beratung des Gesetzentwurfs. Die Befassung vorab mit dem Antrag der Linksfraktion sei dagegen „nichts als heiße Luft“.
Dr. Valerie Wilms (Bündnis 90/Die Grünen) ging den Verkehrsminister an: „Wort gehalten hat er nicht.“ Stattdessen habe Dobrindt „monatelang das Parlament hingehalten“. Es gebe bis jetzt keinen Gesetzentwurf, sondern lediglich „ein Entwurfspapier im Internet“. Mit dem sie ins Gericht ging: Im Einklang mit europäischem Recht? Die Koalition warte auf mit einem „Gutachten, das man sich bestellt hat“.
Alle anderen Expertisen bewerteten die Sachlage anders. Überdies passe die Maut nicht ins europäische Zeitalter: „Es ist und bleibt ein mittelalterlicher Wegzoll.“ Wilms beanstandete, dass die bei der Erhebung vorsehen Erfassung der Kfz-Zeichen mit bis zu 13 Monaten Speicherzeit zu einem „Bewegungsprofil aller Autofahrer“ werde. Das sei „Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür“.
Sebastian Hartmann (SPD) ging auf den Verweis der Opposition auf den noch nicht vorliegenden Gesetzentwurf ein: „Wieso reden Sie über etwas, was es nicht gibt?“ Tatsächlich habe man bereits „im Internet so manches nachlesen“ können. Er versprach, dass die parlamentarische Befassung mit der Pkw-Maut in einem „geordneten Verfahren“ geschehen werde – natürlich mit Gutachteranhörung im Ausschuss.
Dass die SPD-Fraktion hinter der Pkw-Maut stehe, stufte er als „Kompromiss in der Sache“ ein: Rente mit 63 und Mindestlohn, aber andererseits eben auch die Infrastrukturabgabe. Hartmann unterstrich, dass die Koalition damit „nicht die Grenzregionen abhängen“ wolle. Deshalb konzentriere sie sich nach der Verschärfung des ursprünglichen Konzepts auf die Bundesfernstraßen.
Die Linke verlangt in ihrem Antrag, dass die Bundesregierung alle Planungen für eine Pkw-Abgabe bei Nutzung von Bundesfernstraßen als Maut oder Vignette sofort einstellt. Die Abgabe sei weder erforderlich noch sinnvoll.
Die Fraktion verweist darauf, dass die Bundesregierung die Notwendigkeit der Maut-Einführung mit einer angeblichen Unterfinanzierung des Straßenbaus begründe. Dies überzeuge jedoch nicht, da der Staat aus dem Straßenverkehr durch die Mineralölsteuer, die Mehrwertsteuer darauf und die Kraftfahrzeugsteuer fast 50 Milliarden Euro jährlich erziele – mehr als ausreichend. (fla/06.11.2014)