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In der Fragestunde am Mittwoch, 12. November 2014, möchte Dr. Valerie Wilms (Bündnis 90/Die Grünen) von der Bundesregierung wissen, aus welchen Daten sich die geplanten Einnahmen durch die Pkw-Maut ergeben. Aus ihrer Sicht „ist es nicht nachvollziehbar, wie Minister Alexander Dobrindt (CSU) auf seine Zahlen kommt“. Außerdem hält es die Verkehrsexpertin für sehr wahrscheinlich, dass es mit Blick auf die „Ausländerdiskriminierung“ keine Kompensation der Mautkosten für deutsche Pkw-Halter durch die Kfz-Steuer geben wird. „Die Menschen werden nach Strich und Faden belogen. Es ist doch ganz klar, dass die Pkw-Maut für alle kommt“, sagt die Grünen-Abgeordnete. Das Interview im Wortlaut:
Frau Dr. Wilms, die Bundesregierung geht bei der geplanten Pkw-Maut von Einnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro allein durch ausländische Fahrzeughalter aus. Der ADAC hat aber nur knapp mehr als die Hälfte davon errechnet. Wie erklären Sie sich diese Unterschiede?
Für uns als Opposition ist es nicht nachvollziehbar, wie Minister Dobrindt auf seine Zahlen kommt. Es ist doch gar nicht bekannt, wie hoch die Verkehrsbelastung auf den Bundesfernstraßen ist. Wir lassen die Straßen des Bundes durch die Länder verwalten. Das machen manche Länder so und die anderen wieder anders. Am Ende sind wir davon abhängig, welche Daten uns die Länder melden. Da gibt man dann Gutachten in Auftrag, und je nachdem, wen man mit welcher Fragestellung beauftragt, so sieht dann das Ergebnis aus.
Da haben das Verkehrsministerium und der ADAC wohl unterschiedliche Gutachter gewählt…
Offensichtlich.
Unterschiedlich bewertet wird ja auch die Frage, ob die geplante Erstattung der Mautkosten für deutsche Pkw-Fahrer über die Kfz-Steuer eine Ausländerdiskriminierung darstellt.
Naja – es gibt einen Gutachter, der meint, dass das nicht der Fall ist. Der wurde von Dobrindts Ministerium beauftragt. Alle anderen behaupten das komplette Gegenteil.
Für wie wahrscheinlich halten Sie denn folgendes Szenario: Die Maut kommt. Es stellt sich heraus, dass sie ist in der jetzigen Form europarechtlich nicht haltbar ist, und die Bundesregierung sagt: Wir haben uns bemüht, aber Brüssel hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Maut muss von allen bezahlt werden, und zwar ohne Kompensation?
Dieses Szenario hat eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 99,99 Prozent.
Was macht Sie so sicher?
Da muss man nur in den Gesetzentwurf schauen, mit dem wir meiner Ansicht nach veralbert werden. Da fehlt nämlich das Erstattungssystem über die Kfz-Steuer völlig. Dafür gibt es noch nicht einmal einen Referentenentwurf. Wohl, weil man schon jetzt davon ausgeht, dass es sowieso keine Erstattung gibt. Die Menschen werden nach Strich und Faden belogen. Es ist doch ganz klar, dass die Pkw-Maut für alle kommt. Die Bundesregierung müsste nur den Mut haben, das den Leuten auch zu sagen.
Kommen wir noch einmal zu den geplanten Einnahmen. Wie hoch müssten diese denn sein, um zumindest die Kosten für die Maut zu decken?
Dafür müsste man erst einmal wissen, wie hoch diese Kosten sind. Dobrindt spricht von knapp 200 Millionen Euro. Dabei ist noch nicht mal klar, wer eigentlich die Maut erheben soll. Da wir keinen staatlichen Mautbetreiber haben, muss das Ganze ausgeschrieben werden und zwar europaweit. Mal abgesehen von allen anderen Problemen sind allein das Finden eines Betreibers und der durch ihn zu erfolgende Aufbau der Kontrollstationen wohl kaum in einem Jahr zu schaffen. Wenn davon ausgegangen wird, dass die Maut ab 1. Januar 2016 kassiert werden soll, ist das absolut unrealistisch.
Warum kann Toll Collect das Ganze nicht übernehmen?
Toll Collect in seiner jetzigen Form ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das sich wie jedes andere an einer Ausschreibung beteiligen müsste. Anders sähe es aus, wäre Toll Collect in staatlicher Hand. Was auch möglich wäre, wenn der Minister dem Rat aller Experten entsprechend die im Vertrag enthaltene Call-Option ziehen würde. Mit ihr würde das ganze System an den Bund gehen, der Toll-Collect auch mit der Pkw-Maut beauftragen könnte. Die Call-Option müsste aber bis Ende Februar 2015 gezogen werden, sonst ist sie für immer futsch.
Die Tendenz des Ministers geht aber offensichtlich nicht dahin…
Nein. Herr Dobrindt sagt immer, auch im Ausschuss, die Call-Option will er nicht ziehen, weil das ja eine Verstaatlichung wäre. Das ist es natürlich mitnichten, denn diese Option war ja extra vertraglich vereinbart mit dem Konsortium. Das wäre ein ganz normaler Vorgang in Abwicklung eines Vertrages.
(hau/11.11.2014)