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Für die Akzeptanz von E-Health und der Telematik im Gesundheitswesen sind Datenschutz und Datensicherheit unabdingbare Voraussetzungen. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses Digitale Agenda unter Vorsitz von Jens Koeppen (CDU/CSU) am Mittwoch, 12. November 2014, geladenen Experten einig. Weitgehende Übereinstimmung gab es auch in der Auffassung, dass Deutschland, statt eigene, neue technische Lösungen zu entwickeln, sich an die international erprobten Standards anpassen sollte.
In Deutschland werde viel über Probleme, die durch E-Health entstehen könnten gesprochen, statt über damit verbundene Potenziale, bemängelte Prof. Dr. Britta Böckmann, Medizininformatikerin an der Fachhochschule Dortmund.
Während etwa in Dänemark schon sämtliche Gesundheitsdaten elektronisch erfasst seien und in den USA mit Erkenntnissen aus elektronisch erfassten Daten Patienten behandelt würden, habe in Deutschland der Fehlstart der elektronischen Gesundheitskarte vieles blockiert, sagte Böckmann. „Dadurch wurde die Stimmung für E-Health in eine falsche Richtung gebracht“, sagte sie.
Prof. Dr. Arno Elmer, seit Januar 2012 Hauptgeschäftsführer der Gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH), kündigte für das dritte Quartal 2015 die Erprobungsphase für die Telematikinfrastruktur an. Sie solle ein hochsicheres, interoperables Netz für alle Beteiligten im Gesundheitswesen bieten. „Es wird keinen zentralen Server, sondern eine Vernetzungslösung geben“, sagte Elmer. „Die Daten bleiben da, wo sie jetzt schon sind.“
Aus Sicht des Datenschützers ist die Tatsache, dass die Telematikinfrastruktur ohne zentrale Speicherung in einem geschützten Netz stattfinden solle, sehr zu begrüßen, sagte Dr. Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein. „Eine Verbesserung der medizinischen Versorgung durch E-Health ist nur mit einer medizinischen und informationellen Selbstbestimmung möglich“, sagte Weichert.
Die Medizininformatikerin Böckmann sprach sich gleichwohl für ein Opt-Out-Modell aus. Dies bedeute, dass Patienten, die ihre Daten nicht auf elektronischem Wege übermittelt haben wollten, dies explizit ablehnen müssten. Auf diesem Wege, so zeigte sich Böckmann zuversichtlich, sei auch der Widerstand der niedergelassenen Ärzte, die einen zeit- und kostenintensiven Mehraufwand durch die Gesundheitskarte befürchteten, aufzulösen. „So würde eine Routine bei der Datennutzung geschaffen“, sagte sie.
Für eine detaillierte Selbstbestimmung sprach sich hingegen Prof. Dr. Björn Bergh, Direktor des Zentrums für Informations- und Medizintechnik am Universitätsklinikum Heidelberg aus. „Es geht nicht nur um Opt-in oder Opt-out“, sagte er. Der Patient selber müsse entscheiden dürfen, welche Daten übermittelt werden dürfen: „Er muss sagen dürfen, das will ich drin haben und das nicht.“
Datensicherheit ist auch aus Sicht der Krankenkassen sehr wichtig, sagte Christoph J. Rupprecht von der AOK Rheinland/Hamburg. Der Telematikinfrastruktur bescheinigte er, auf einem guten Weg zu sein. „Andere Verfahren sind nicht sicherer“, so Rupprecht, der sich zugleich ein deutlicheres Bekenntnis der Ärzte zur Telematikinfrastruktur wünschte.
Die Argumentation der Ärzteschaft gegen die elektronische Krankendatenerfassung, die sich auf das Patientengeheimnis und die informationelle Selbstbestimmung berufe, sei vorgeschoben, urteilte Datenschützer Weichert. Die Einwendungen hätten „nichts mit Datenschutz, sondern nur mit ökonomischen Interessen zu tun“, sagte er. (hau/12.11.2014)