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20 Prozent weniger Energieverbrauch zwischen 2008 und 2020: Dieses Einsparziel werde „von niemandem infrage gestellt“, versicherte Dr. Nina Scheer (SPD) heute im Bundestag. Die nötigen Maßnahmen würden von der Bundesregierung bereits „in vollem Umfang“ in Gang gesetzt. Damit wies sie eine gegenteilige Einschätzung zurück, wie sie von Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/1619, 18/2716) zum Ausdruck kommt. Am Grünen-Vorstoß könne man „einen Haken machen“, meinte Scheer.
„Nicht erledigt“ sei freilich „das gemeinsame Vorhaben, die Dinge voranzubringen“ und sich dabei auch mit früher eingeleiteten Maßnahmen zu befassen. So greife der Emissionshandel nicht, dessen treibende Kraft doch die Grünen gewesen seien.
Jetzt komme es darauf an, dafür zu sorgen, „dass er funktioniert“. Scheer beklagte, dass es „immer noch sehr attraktiv ist, Energie zu verschwenden“. Es sei für viele offenbar einfacher, „auf erneuerbare Energien zu setzen als Energie einzusparen“.
Eva Bulling-Schröter (Die Linke) verwies auf den „miesen Ruf“ der Gebäudesanierung und griff das Schlagwort von der „Volksverdämmung“ auf. Sie nannte es einen „schweren Fehler“, dass im Rahmen von Sanierungen „große Teile von Sowiesokosten“ auf die Mieter umgelegt werden könnten: „Das lehnen wir ab“.
Bulling-Schröter kritisierte, dass der soeben von der Bundesregierung beschlossene nationale Aktionsplan Energieeffizienz „rein auf Freiwilligkeit und Förderung“ setze. Und befürchtete, alle darin enthaltenen Maßnahmen könnten deshalb zu „Luftschlössern“ werden. Auf Freiwilligkeit zu setzen, sei schon häufig gescheitert. Sie stellte fest: „Vollständige Freiwilligkeit ist der falsche Weg.“ Sie lenkte den Blick auf Dänemark, das etwa beim Verbot von Öl- und Gasheizungen bei Neubauten auf das Ordnungsrecht setze. Sie verlangte in der Debatte um die Energieeffizienz „klare Vorgaben aus der Politik, die sozial abgefedert werden müssen“.
Dr. Herwig Gundelach (CDU/CSU) bezeichnete die Energieeffizienz als „ganz zentralen Bestandteil“ in den Bemühungen, den „schlafenden Riesen Energiewende“ zu wecken. Die Bundesregierung habe „mit Hochdruck daran gearbeitet“. Ihr Befund: „Deutschland ist in Sachen Effizienz in Europa Vorreiter.“ Jetzt gelte es, die Beteiligung der Bevölkerung daran zu steigern. Dies könne aber nur gelingen, „wenn es als Ansporn verstanden wird“. Denn: „Zwang führt in der Regel zu Stillstand.“ Sie setze auf „Eigenverantwortung, verbunden mit mehr Information und Beratung“.
Zugleich appellierte sie an die Länder, für Innovationen im Energiesektor Hochschulen und Forschungseinrichtungen stärker zu fördern. Private Unternehmen müssten die Gelegenheit bekommen, Forschungskosten besser steuerlich geltend machen zu können.
Dr. Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) hielt den Koalitionspolitikern vor, deren Liebe zur Energieeffizienz blühe bisher eher im Verborgenen. Sie dagegen habe es „satt abzuwarten“. Schließlich: „Die Klimakrise wartet auch nicht.“ Der Antrag der Grünen habe sich „überhaupt nicht überholt“, er packe vielmehr Themen „jetzt und konkret an“. Im Bundestag wolle sie „keine Sonntagsreden“. Es müssten „konkret gesetzliche Rahmenbedingungen“ geschaffen werden.
Im nationalen Aktionsplan stünden „bisher alles nur Ankündigungen“. So sei die Regierung nicht bereit gewesen, viele geplante Maßnahmen im Haushalt für 2015 zu hinterlegen. In Richtung CDU/CSU und SPD fragte sie: „Wollen Sie wirklich noch ein Jahr warten?“ Verlinden erinnerte daran, dass im 2008-2020-Vergleich bisher erst vier Prozent des Energieverbrauchs eingespart worden sei, obwohl doch bereits die Hälfte der Zeit verflossen sei. Dies müsse man „der Union zuschreiben“, die ja in dem Zeitraum regiert habe.
Bündnis 90/Die Grünen forderten in ihrem Antrag (18/1619) die Bundesregierung auf, unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie vorzulegen. Darin sollte als Zielsetzung eben die Verdoppelung der Energieproduktivität zwischen 1990 und 2020 vorgesehen werden. In dem Antrag wurde unter anderem die Einrichtung eines Energiesparfonds mit einem Finanzvolumen von drei Milliarden Euro vorgeschlagen. Die Mittel könnten etwa zur Verbesserung der Energieberatung und zur Förderung von Energiebedarfsausweisen für jedes Wohngebäude beitragen.
Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD abgelehnt – entsprechend einer Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (18/2716). (fla/04.12.2014)