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Der Bundestag hat am Donnerstag, 4. Dezember 2014, eine Reihe steuerrechtlicher Änderungen beschlossen. Sie betreffen Regelungen zur Berufsausbildung, zur steuerlichen Behandlung von Betriebsfeiern und zur privaten Altersvorsorge. Das Parlament stimmte dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (18/3017, 18/3158, 18/3441, 18/3442) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD zu. Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.
Neben Regelungen für den EU-Zollkodex ist in dem Gesetz auch die Einführung einer Steuerbefreiungsvorschrift für den Invest-Zuschuss für Wagniskapital vorgesehen. Diese Maßnahme wurde von Fritz Güntzler (CDU/CSU) ausdrücklich begrüßt. Die bisherige Regelung, einen Zuschuss zu zahlen, der dann vom Empfänger versteuert werden müsse, mache keinen Sinn.
Die Änderungen im Einkommensteuerrecht bezeichnete Güntzler als richtig und sinnvoll und erklärte, dass nicht genug Zeit gewesen sei, alle Vorschläge des Bundesrates eingehend zu prüfen. Im Steuerrecht müsse aber der Grundsatz der Gründlichkeit vor Schnelligkeit gelten: „Steuerpolitik macht man nicht im Schweinsgalopp.“ Die Koalition werde sich im nächsten Jahr mit den Vorschlägen des Bundesrates befassen.
Der Bundestagsbeschluss sieht im Bereich des Einkommensteuerrechts steuerliche Erleichterungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor. Für zusätzliche, außergewöhnliche Betreuungsleistungen soll ein Freibetrag von 600 Euro im Jahr eingeführt werden. Neu definiert wurde der Begriff der ersten Berufsausbildung. Bisher sind Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen bis zum Abschluss der Erstausbildung bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben abziehbar.
Mit der Neuregelung wird vorgeschrieben, dass die Erstausbildung für eine gewisse Dauer angelegt sein muss und die zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln hat. Die Mindestdauer der ersten Berufsausbildung war vom Finanzausschuss per Änderungsantrag von 18 auf zwölf Monate reduziert worden.
Das Abzugsvolumen für Beiträge zugunsten einer Basisversorgung im Alter (gesetzliche Rentenversicherung, Versorgungswerk oder private Basisrente) sollte ursprünglich von 20.000 auf 24.000 Euro angehoben werden. Der Finanzausschuss hatte dies abgeändert und die Förderhöchstgrenze an den Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung (22.172 Euro) gekoppelt.
Bei Betriebsveranstaltungen sollen Zuwendungen des Arbeitgebers keinen Arbeitslohn darstellen, wenn ihr Wert 110 Euro nicht übersteigt. Aus der ursprünglichen Freigrenze war jedoch per Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen im Finanzausschuss ein Freibetrag geworden, was für die Betroffenen eine Verbesserung bedeutet.
Richard Pitterle (Die Linke) warf der Koalition vor, wichtige Dinge nicht geregelt zu haben. Er nannte als Beispiel die Bekämpfung der Steuervermeidung durch hybride Steuergestaltungen durch grenzüberschreitend tätige Konzerne. Außerdem sei der Kinderfreibetrag nicht erhöht worden, obwohl dies verfassungsrechtlich vorgeschrieben sei.
Pitterle sagte, es dürfe nicht sein, dass Geld für Schulhefte und Mittagessen fehle. Die Anhebung des Abzugsvolumens für die Basisversorgung komme allein Besserverdienern zugute. Die Mehrheit habe davon nichts.
Dies kritisierte auch Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen). Die Erhöhung des Abzugsvolumens komme nur denen zugute, die 1.800 Euro monatlich für die Altersvorsorge zurücklegen könnten. Das seien nur 10.000 Fälle bundesweit.
Paus kritisierte die nicht vorgenommene Erhöhung des Kinderfreibetrages und des Kindergeldes. Der Kinderfreibetrag sei um 72 Euro zu niedrig, und das sei ein „echter Skandal“. Auch der steuerliche Freibetrag für Alleinerziehende sei seit 2004 nicht mehr angehoben worden, obwohl die Lebenshaltungskosten stark gestiegen seien.
Dagegen lobte Dr. Jens Zimmermann (SPD) das Gesetz: „Wir bauen Bürokratie ab, wir entlasten die Beschäftigten. Und das ist kurz vor Weihnachten eine gute Nachricht.“
Ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3452), in dem unter anderem eine Anhebung des Kinderfreibetrages gefordert wird, um das sächliche Existenzminimum an die verfassungsrechtlichen Anforderungen anzupassen, wurde von der Koalitionsmehrheit abgelehnt. Die Fraktion hatte auch gefordert, den Betrag für die Basisvorsorge bei 20.000 zu belassen.