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Die geplante Fortschreibung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV II) zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG wird von den meisten Experten begrüßt. Nach einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur vor vier Wochen wurde dies auch am Mittwoch, 3. Dezember 2014, im Haushaltsausschuss unter Vorsitz von Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) deutlich.
Die bisherige LuFV I ist das zentrale Instrument zur Finanzierung von Investitionen zum Erhalt des Schienennetzes. Sie umfasst derzeit ein Volumen von drei Milliarden Euro pro Jahr, wozu der Bund etwa 2,5 Milliarden Euro und die Eisenbahninfrastrukturunternehmen eine halbe Milliarde Euro beisteuern. Die Laufzeit der ersten LuFV reichte ursprünglich von 2009 bis 2013 und wurde um zwei Jahre verlängert.
Die LuFV II soll ab dem 1. Januar 2015 eine Laufzeit von fünf Jahren haben. Der Bundeszuschuss soll in dieser Zeit vier Milliarden Euro jährlich betragen, also insgesamt 20 Milliarden Euro. Zudem will die Bahn AG selbst in dieser Zeit acht Milliarden Euro in das Netz investieren.
Für Alexander Kirchner von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ist die bisherige LuFV I „unstrittig unterdotiert“. Deshalb begrüßt die EVG in ihrer Stellungnahme die mit der LuFV II vorgesehene höhere Mittelausstattung als „längst überfälligen Schritt“. Zudem werde mit der LuFV II eine ausreichende Planungssicherheit für die Infrastrukturfinanzierung für zumindest fünf Jahre gesichert. Dies sei eine unverzichtbare Voraussetzung für eine demografiefeste Personalplanung seitens der Infrastrukturunternehmen einerseits und einen menschenwürdigen und wertschätzenden Personaleinsatz andererseits.
Kirchner geht davon aus, dass wegen der besseren Finanzausstattung mehr Personal gebraucht wird. Zugleich bedauert er, dass die angestrebte Überjährigkeit des Mittelabrufs in der LuFV II nicht umgesetzt worden sei. Dadurch hätte angesichts der mangelnden personellen Ausstattung Vorsorge getroffen werden können.
Dr. Volker Kefer von der Deutschen Bahn AG erwartet, dass mindestens 1.500 Personen zusätzlich eingestellt werden müssen. Er betonte, dass mit der LuFV II jeder Euro, den die Bahn AG in der Infrastruktur verdient, in Erhaltungsmaßnahmen investiert würde.
Für Dirk Flege (Allianz pro Schiene) ist die LuFV II geeignet, die Schienenwege des Bundes in qualitativ hochwertigem Zustand zu erhalten und zu verbessern. Damit die zur vollständigen Finanzierung der LuFV II erforderlichen Dividendenziele auch tatsächlich erreicht werden können, müsse die LuFV II durch eine Verkehrspolitik des Bundes flankiert werden, die die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs insgesamt stärkt, fordert er in seiner schriftlichen Stellungnahme.
Kritischer sieht Axel Zentner vom Bundesrechnungshof die Pläne. Die LuFV II enthalte in einzelnen Punkten Verbesserungen gegenüber der LuFV I. „Dies sind jedoch meist Detailänderungen“, heißt es in seiner Stellungnahme. Dagegen hält der Rechnungshof substanzielle Verbesserungen für erforderlich, damit das Finanzierungsverfahren auch den Interessen des Gesetzgebers, des Eigentümers und des Zuwendungsgebers Bund gerecht wird.
Der aktuelle Entwurf der LuFV II ist aus Sicht des Bundesrechnungshofes haushalts- und zuwendungsrechtlich bedenklich und zu einseitig auf die unternehmerischen Interessen der Deutsche Bahn AG ausgerichtet. Vor diesem Hintergrund empfehlen die Rechnungsprüfer, die notwendigen Verbesserungen so im Vertrag zu verankern, dass die Interessen des Bundes gewahrt sind.
Prof. Dr. Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin sieht ebenfalls keine fundamentalen Verbesserungen von der ersten zur zweiten LuFV. Aus ökonomischer Sicht sei ein „andauernder Substanzverzehr“ der Infrastruktur zu erkennen, der sich in steigenden Zugverspätungen und längeren Fahrtzeiten spiegle.
Vor diesem Hintergrund zeige die kritische Bilanz der LuFV I, dass ihr Sanktionssystem die eigentlichen Probleme nicht erfasse. Die LuFV II erhöhe jedoch die Steuerungsmöglichkeiten, um dem entgegenzutreten, nicht signifikant. „Dringend zu empfehlen“ seien beispielsweise zusätzliche, sanktionsbewehrte Kennzahlen, etwa für die Netzkapazität und die Gleisgeometrie.
Volker Kefer bestätigte die Bereitschaft der Bahn, nachträglich eine zehnte Qualitätskennzahl aufzunehmen, sobald die Ergebnisse der unabhängigen Messfahrten des Eisenbahnbundesamtes ausgewertet sind.
Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur stimmte am 3. Dezember dem Abschluss des Vertrags zu. Bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD dafür, die Linksfraktion votierte dagegen. (fri/03.12.2014)
Liste der geladenen Sachverständigen