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Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hält trotz Kritik aus der EU-Kommission an der Pkw-Maut fest. Während einer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragten Aktuellen Stunde am Donnerstag, 18. Dezember 2014, sagte der Minister, die Infrastrukturabgabe sei „fair, sinnvoll und gerecht“.
Aus Sicht der Opposition gehört der Gesetzentwurf hingegen „in den Papierkorb“, wie sowohl Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) als auch Herbert Behrens (Die Linke) urteilten. Das Gesetz sei untauglich, eine verkehrspolitische Wirkung zu erzielen, sagte Behrens.
Die Pkw-Maut sei „die Fortsetzung des Betreuungsgeldes in der Verkehrspolitik“, befand Krischer. Die Ausländermaut diskriminiere Besucher aus dem Ausland, sei europarechtswidrig, verfassungsrechtlich fragwürdig, habe keine ökologische Lenkungswirkung, sei ein Bürokratiemonster und werfe riesige Datenschutzprobleme auf, sagte Krischer.
Zugleich kritisierte er die SPD, die versuchen würde, den Eindruck zu erwecken, sie hätte mit der Maut nichts zu tun. Es sei zutreffend, dass in einer Koalition Kompromisse eingegangen werden müssten. „Das heißt aber nicht, dass man Schwachsinn beschließen muss“, sagte der Grünen-Abgeordnete. Kritik übte er auch daran, dass im Gesetz nicht festgeschrieben sei, dass deutsche Autofahrer nicht belastet werden. „Am Ende“, so seine Prognose, „werden auch die deutschen Autofahrer zahlen.“
Mit der Infrastrukturabgabe werde ein Systemwechsel bei der Finanzierung der Infrastruktur vorgenommen, sagte Minister Dobrindt. „Wir gehen von einer überwiegend steuerfinanzierten Infrastruktur zu einer nutzerfinanzierten Infrastruktur über“, sagte er. Dies schaffe Gerechtigkeit und zusätzliche Investitionsmöglichkeiten. Die EU sieht der Minister dabei „auf unserer Seite“. Schließlich plädiere die Kommission ebenfalls für den Übergang zu einer Nutzerfinanzierung.
Die Abgabe sei zudem von allen Nutzern zu entrichten, deutschen wie auch ausländischen, machte er deutlich. Durch die geplante Änderung bei der Kfz-Steuer würden Doppelbelastungen vermieden. „Es wird keine Mehrbelastung für deutsche Autofahrer geben“, betonte der Verkehrsminister.
Bei Minister Dobrindt werde die Ausländermaut zur Infrastrukturabgabe, kritisierte Herbert Behrens (Die Linke). Mit Marketingsprüchen werde man der Lage aber nicht gerecht, fügte er hinzu. Weder im Verkehrsausschuss noch vor dem Plenum des Bundestages sei es Dobrindt gelungen, nachzuweisen, warum die Abgabe fair, sinnvoll und gerecht sei und weshalb die Argumente der Opposition gegen die Planungen falsch seien. Seiner Ansicht nach sei die Maut „peinlich, unvertretbar und unbeherrschbar“.
Auch stehe der vom Minister erwartete Gewinn von 500 Millionen Euro zu den im Zusammenhang mit der Maut umzusetzenden 3,7 Milliarden Euro „in keinem Verhältnis“. Hätte das der Geschäftsführer eines Unternehmens als Idee vorgetragen, wäre er wohl rausgeschmissen worden, sagte Behrens. Der Linke-Abgeordnete machte ebenso wie sein Oppositionskollege Krischer die SPD-Fraktion mitverantwortlich für die Maut. Schließlich hätten die Sozialdemokraten zugelassen, dass die Maut Eingang in den Koalitionsvertrag finden konnte.
Wer wie die Grünen noch im Wahlkampf eine satellitengestützte Pkw-Maut für alle gefordert habe, könne sich jetzt nicht zum Retter der deutschen Autofahrer aufschwingen, sagte Sebastian Hartmann (SPD). Seiner Ansicht nach ist die Aufregung um den Gesetzentwurf völlig unangebracht. „Wir stehen gerade erst am Anfang des parlamentarischen Verfahrens“, sagte er und riet der Opposition abzurüsten und sich an den konkreten Vorschlägen abzuarbeiten.
Seine Fraktion habe klare Bedingungen für das Gesetz formuliert, betonte er. „Wir werden verhindern, dass überhaupt ein deutscher Autofahrer belastet wird“, sagte Hartmann. So stehe es im Übrigen auch im Koalitionsvertrag. Dort finde sich auch die Forderung, dass die Maut einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur leisten müsse. „Das sind die Kriterien, an denen sich die SPD im weiteren Verfahren orientieren wird“, kündigte er an.
Es gehe um die Finanzierung der Infrastruktur in Deutschland, machte Steffen Bilger (CDU/CSU) deutlich. 500 Millionen Euro, die ausschließlich von ausländischen Autofahrern getragen würden, seien dabei ein wesentlicher Beitrag. Mit Blick auf die Mautpflicht in anderen europäischen Ländern sagte Bilger, mit der Pkw-Maut mache man mit der Benachteiligung der deutschen Autofahrer Schluss.
Dass die zuständige EU-Kommissarin Kritik an den deutschen Plänen geübt habe, wundere ihn, sagte der Unionsabgeordnete. Die Kommissarin habe sich offenbar „nicht so intensiv“ mit den Gesetzentwürfen beschäftigt, vermutete Bilger. Schließlich stütze das Maut-Gesetz sogar die Maßnahmen der EU zur verstärkten Nutzerfinanzierung. „Wir sind überzeugt: Das Vorhaben ist vereinbar mit dem EU-Recht“, sagte Bilger. (hau/18.12.2014)